Prädikat wertvoll: Für Liebhaber süßer Weinverlockungen herrschen paradiesische Zeiten, war doch das Spektrum an Prädikatsweinen noch nie so groß wie heute. Je nach Vorliebe wird man in allen Kategorien von der Spätlese bis zur TBA fündig – Vinaria testete aktuelle Prädikatsweine aus Österreich.

Hierzulande oft als flüssiges Gold bezeichnet, unterliegen die Edelsüßen ähnlichen Schwankungen wie das besagte Edelmetall. Doch während der Goldpreis jüngst von einem Höchstwert zum nächsten stürmt, sieht es bei den Prädikatsweinkursen weniger glänzend aus. Wenig verwunderlich, unterliegt doch gerade der durch seine markanten Eigenschaften – Reichhaltigkeit und Restzucker – geprägte Sektor aufgrund wechselnder Trends relativ starken Schwankungen.

Weinstil: Klassik statt Barock

Dabei hat es in diesem Süßweinbereich große Veränderungen stilistischer Art gegeben: War früher Barock das Maß aller süßen Dinge, so scheint heutzutage eher Klassik angesagt. Prädikate moderner Prägung haben besonders viel zu bieten, ist doch die Anzahl an trinkvergnüglichen weil merklich besser ausgewogenen Vertretern größer denn je. Zum Teil wurde das durch Änderungen in Sachen Vinifikation und Lagerung erreicht – vor allem durch reduktiveren Ausbau –, doch spielen hier wohl auch Reife und Zustand der Trauben eine wichtige Rolle. Wesentlich ist in dieser Hinsicht auch die heute vielerorts übliche Praxis, Trauben aus dezidierten Weingärten zu verwenden, statt Süßweine nach dem Zufallsprinzip herzustellen.

Auch wenn Prädikatsweine also derzeit etwas weniger im Rampenlicht stehen, zeigt sich diese Kategorie heute so interessant und ansprechend wie noch nie. Die gelungenen Vertreter sind nämlich durch Reintönigkeit, Frische und glockenklare Frucht ebenso geprägt wie durch Eleganz und Balance. Dabei reicht es von unmittelbar ansprechenden Vertretern, die vom Charme des teils nur moderaten Restzuckers leben bis hin zu hochkomplexen Kreszenzen, die strukturell wie texturell höchstes Niveau aufweisen. Dementsprechend können Süßweine als Erstkontakt für Weineinsteiger ebenso dienen wie als krönender Abschluss einer hochwertigen Weinprobe unter Kennern.

Hatte früher das Burgenland fast ein Monopol ausf Prädikatsweine, kommen heute tolle Süßweine aus allen generischen Weinbaugebieten Österreichs.

Eleganz & Süße

In der mit Spätlesen, Auslesen und Beerenauslesen bestückten Kategorie „Süß“ war der jüngste Jahrgang 2023 am prominentesten vertreten, gefolgt von 2022 und 2021. Die Mehrheit der Proben wurde aus dem Burgenland eingereicht, auch wenn das Bundesland Niederösterreich ebenfalls sehr gut vertreten war. Einige Proben kamen auch aus der Steiermark.

Die strukturierte Furmint Auslese von Heidi Schröck & Söhne erlangte bei den Spät und Auslesen trotz ihrer noch eingekapselten Art den Sieg, da ist mit Lagerung noch einiges zu erwarten. Dahinter reihten sich zahlreiche fruchtbetonte, trinkvergnügliche Weine ein, allen voran Finks Muskat-Ottonel Spätlese 2023 gefolgt von einem Trio aus Weißburgunder-Auslese von Posch aus der Steiermark und den beiden Traminern der Nordburgenländer Schneider und Steiner wie auch etlichen weiteren Vertretern.

Die Königsklasse in der Kategorie „Süß“ stellt allerdings die Beerenauslese dar, wo die besten Vertreter einerseits glockenklare wir präzise Frucht,andererseits Tiefgang und Vielschichtigkeit demonstrieren. Unschlagbar mit knapp 18 Punkten und fünf Sternen war die hervorragende Welschriesling Beerenauslese 2023 von Günter+Regina Triebaumer, die insgesamt nur von der allerbesten TBA noch knapp übertrumpft wurde – ein gemeißeltes Prädikat von großer Schönheit. 

Mit 17 Punkten ausgezeichnet wurden zwei weitere 2023er; die tolle, pikante wie fruchterfüllte Riesling Beerenauslese von Gerhard Deim aus Schönberg sowie Hans Tschidas Sauvignon Blanc Beerenauslese Seewinkel; von diesem Betrieb kam auch eine vollmundige Sämling BA aus 2021. Auch bei den Beerenauslesen konnte sich das steirische Weingut Posch toll in Szene setzen – mit 2023 Tells Harmonie Welschriesling. Weitere Vier-Sterne-Beerenauslesen gab es noch in Gestalt Höllmüllers 2021 Jochinger Berg, Dankbarkeit 2021 Welschriesling sowie Welschreilsing 2023 von Heidi Schröck & Söhne.

Edelsüße Opulenz

Bei den Hochprädikaten – Eiswein sowie TBA und Ruster Ausbruch – hielten sich diesmal die Einreichungen aus den zwei großen Weinbundesländern Niederösterreich und Burgenland in etwa die Waage. Bereichert wurde das Süßwein-Tasting noch mit zwei TBA aus der Steiermark.

Diese Edelprädikate bilden eine besondere Nische im umfangreichen Weinangebot und sind für die Winzerschaft Jahr für Jahr auch eine besondere Herausforderung und ein Risiko, das man eingeht – Trauben hängen zu lassen, in der Hoffnung, dass sich der Wunsch einen hochkonzentrierten Süßwein produzieren zu können. Bei den Trockenbeerenauslesen und Ausbrüchen gilt es auf die Edelfäule zu warten. Dieser Botrytis-Pilz perforiert die Beerenhäute, wodurch Verdunstung bzw. das Eintrocknen der Beeren deutlich verstärkt wird. Seit vielen Jahren ist Edelfäule nicht mehr so häufig, weswegen die Verwendung rosinenartig eingetrockneter Beeren an Bedeutung zunimmt.

Noch mehr „pokern“ muss man bei Eiswein, denn für die Eisweinernte braucht es besonders kalte Temperaturen und durchfrorene Nächte. Die Eisweinlese spielt sich meist in der Nacht, da hierfür nur gefrorene Trauben geerntet und verarbeitet werden dürfen – es müssen mindestens minus acht Grad Celsius sein. Nach vielen hinsichtlich Eisweinpotenzial mageren Jahren war es zuletzt endlich wieder soweit: 2023 in der ersten Dezember-Woche und 2022 in der zweiten Dezember-Woche. Fürd en Jahrgang 2021 war es im Jänner 2022 eisig-kalt. 

Den punktemäßig besten Eiswein machte das Stift Klosterneuburg – ein sortentypischer, fein konzentrierter Grüner Veltliner aus dem Jahr 2022, vor dem 2023er vom Weingut Kerner in Niederrußbach – ebenso ein Grüner Veltliner namens „Samuel“. Dahinter folgten zwei weitere Niederösterreicher – der Langenloiser Rudolf Rabl mit ebenfalls Veltliner aus 2022 sowie die Familie Auer aus Tattendorf mit Eiswein-Cuvée vom Rotgipfler und Chardonnay.

Die Topplätze wurden jedoch von Botrytisweinen beansprucht – und hier konnte sich besonders das Burgenland auszeichnen. Bester Wein der süßen Vinaria-Show war überraschend die Sämling-TBA 2021 von Hans und Hildegard Gangl aus Illmitz, die ein kleines Vier-Hektar Weingut führen. Die zweitbeste TBA kam aus dem Kremstal, von Martin Moser aus Rohrendorf, der mit einem Welschriesling 2023 mit hoher Restsüße und lässiger Säure sowie einem fantastischen Zug am Gaumen beindruckte.

Dahinter folgen drei weitere Prädikatswein-Großmeister: Den dritten Platz nimmt Günter Triebaumer aus Rust mit seinem betörenden Ruster Ausbruch 2023 aus Gelber Muskateller ein, danach kommt die Sämling-TBA 2021 aus der Illmitzer Ried Domkapitel vom Angerhof Tschida knapp vor Alexander Egermanns TBA Mosaik 2021 aus Illmitz.

In der Süßweinspitze konnten sich vor allem aromatische Sorten wie Sämling, Welschriesling und Gelber Muskateller besonders auszeichnen. In den Top Ten der Hochprädikate finden sich noch je ein weiterer Wein von Günter Triebaumer, eine Ruster Ausbruch Cuvée 2023 sowie von Hans Tschida eine TBA 2021 vom Gelben Muskateller. Das beste Edelsüß aus der Steiermark lieferte das Weingut G & K Strauss aus Gamlitz mit einer TBA aus Welschriesling und Traminer 2022. 

 

Topliste Prädikatsweine 

17,9Weingut Hans Gangl2021 Sämling 88 Ried Neufeld TBA BG
17,8Weingut Günter + Regina Triebaumer2023 Beerenauslese (WR) BG
17,5Weingut Hermann Moser2023 Welschriesling Die kleine Süße TBA NÖ
17,4Weingut Günter + Regina Triebaumer2023 Gelber Muskateller Ruster Ausbruch
17,2Weingut Angerhof Tschida2021 Sämling 88 Ried Domkapitel TBA BG
17,1Weingut Alexander Egermann2021 Mosaik TBA BG
17,0Weingut Gerhard Deim2023 Riesling Beerenauslese Jochinger Berg NÖ
16,8Weingut Angerhof Tschida2023 Sauvignon Blanc Beerenauslese Reserve Seewinkel ND
16,7Weingut Posch2023 Tells Harmonie Welschriesling Beerenauslese ST
16,7Weingut Stift Klosterneuburg2022 Grüner Veltliner Eiswein NÖ
16,7Weingut Angerhof Tschida2021 Sämling Beerenauslese BG
16,6Weingut Höllmüller2021 Riesling Beerenauslese Jochinger Berg WA
16,6Weingut Günter + Regina Triebaumer2023 Cuvée Ruster Ausbruch
16,6Weingut Angerhof Tschida2021 Gelber Muskateller TBA BG
16,5Weingut zur Dankbarkeit2021 Welschriesling Beerenauslese BG
16,5Weingut Kerner2023 Grüner Veltliner Samuel Eiswein NÖ
16,5Weingut Karl & Gustav Strauss2022 Welschriesling & Traminer TBA ST
16,5Weingut Heidi Schröck & Söhne2023 Beerenauslese (WR) BG
15,8Weingut Heidi Schröck & Söhne2023 Furmint Auslese BG
15,7Weingut Hermann Fink2023 Muskat-Ottonel Spätlese lieblich BG
15,6Weingut Ecker2023 Riesling Beerenauslese NÖ
15,6Weingut Posch2021 Narziß und Süßmund Weißburgunder Auslese ST
15,6Weingut Schneider2021 Gewürztraminer Ried Goldberg Auslese BG
15,6Weingut Martin Steiner2022 Traminer Spätlese ND

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Der Kremstaler Martin Moser begeisterte mit „Die kleine Süße“ TBA. © Weingut Hermann Moser
Bereits 10maliger Sweet Winemaker of the Year: Hans Tschida aus Illmitz. © Robert Herbst
Steuerte die beste Beerenauslese der großen Vinaria Prädikatsweinverkostung bei: Günter Triebaumer aus Rust, der auch für seine Weltklasse-Rotweine bekannt ist. © Steve Haider
Alexander Egermann aus Illmitz glänzte wieder mit TBA Mosaik. © Steve Haider
Lieferten einen süßen Schatz aus Schönberg: Martina Dein mit zwei Generationen Gerhard Deim. © Weingut Deim
Hildegard und Hans Gangl aus Illmitz im Burgenland sind die Überraschungs-Sieger der großen Vinaria Prädikatwein-Verkostung, bewirtschaften 4 Hektar im Vollerwerb, setzen auf klein & fein. © Rizar.Photo
Das steirisches Winzerehepaar Andrea und Andreas Posch aus Pischelsdorf am Kulm. © Rene Strasser Fotografie
Kurt Feiler vom Ruster Weingut Feiler-Artinger. © Armin Faber
Gudrun Grill © Weinhof Grill
Lukas Frotzler © Weingut Frotzler
Martin, Victoria und Marie Steiner © Lisi Lehner Fotografie
Bernhard, Elisabeth und Michael Schneider © Weingut Schneider
Alois und Andreas Höllmüller kelterten eine famose Riesling Beerenauslese 2021. © Zaiser Wachsmann Verlag
Patrick Kerner aus Niederrußbach konnte mit Eiswein punkten. © Weinviertel Tourismus
Erfahrnene Süßweinmacher aus Großhöflein: Anna und Hermann Fink. © Weingut Hermann Fink
Lese in einem Weingarten vom Weingut Stift Klosterneuburg, die mit Veltliner Eiswein glänzten. © Victor Liska