Die Emotionen um die Comeback-Premiere des Guide Michelin Österreich haben sich gelegt. Die Sterne sind mit stolz geschwellter Brust montiert. Zeit also zum Wundenlecken. Da wird rasch klar, es gibt sie auch hierzulande, die Michelin-Verlierer. Und eine Klarstellung in Sachen „Bib Gourmand“.

Der Bib Gourmand ist eine völlig eigenständige Wertung, die nichts mit den Sternen am Hut hat. © Guide Michelin

Nicht überall ist man zufrieden mit dem neuen, nur digital verfügbaren Guide. Zwar sind im 3- und 2-Sterne-Bereich mit einem beziehungsweise mehreren Neuzugängen die hohen Erwartungen erfüllt. Darunter aber sieht es schon ein bisschen anders aus. Einige Extremfälle gibt es auch, für die Michelin aber nichts kann.

Spekuliert & verloren: Harte Entscheidung steht bevor

So hat sich etwa ein Wirtepaar eineinhalb Jahre lang verbissen auf die Michelin-Tester vorbereitet: Ein Sterne und Frankreich erfahrener Koch wurde engagiert, die zuerst gehoben-regionale Speisekarte auf international getrimmt, mit nur mehr 6,7 Gerichten als Menü & á la carté. Die Zutatenliste wandte sich ans Beste, das es im In- und Ausland gab. Die Preise wurden notgedrungen verdoppelt bis verdreifacht, die Zahl der Stammgäste halbiert. Gespannt harrte man der anonymen Tester. Diese aber sahen über dem Haus dann doch keinen Stern strahlen. Die Wirte haben jetzt den sprichwörtlichen Scherm auf: Viel Geld ausgegeben, Gäste weg und der Stern nicht da. Sie stehen nun vor der schweren Entscheidung, noch ein Jahr ins Blaue zu investieren oder demütig zurück zu kehren zu den regionalen Wurzeln.

Unterschiedliche Befindlichkeiten in den Bundesländern

Während der Sterneregen in Salzburg erwartungsgemäß ausfiel, sich über Tirol förmlich ergoß (im Ausland neben Salzburg und Wien die wichtigste Tourismusregion), schaut man in den Bundesländern etwas verdutzt aus der Wäsch‘. Noch dazu, wo diese das Comeback von Michelin und dessen Finanzierung aus Steuergeldern massiv voran getrieben hatten.

Allen voran Niederösterreich, wo zwar mit dem Wachauer Landhaus Bacher der Leuchtturm mit erwarteten 2 Sternen gewürdigt wurde, es daneben noch 2 x 1 roten und einen grünen Stern vom Gourmet-Himmel regnete. Vier weitere Betriebe, von den ich drei jedenfalls für sternewürdig erachte, schafften eine Aufnahme in den Guide. „Aber“, so ein Touristiker, „nicht mal einen Bib Gourmand?“.

Bib Gourmand ist kein „kleiner Stern“!

Ja, genau! Es ist interessant, das der Bib meist als der kleine Stern angesehen wird. Das ist aber grundfalsch: Der Bib Gourmand ist eine völlig eigenständige Wertung, die nichts mit Sternen am Hut hat und sehr gute Küche bei einem absoluten Preis-Leistungs-Niveau auszeichnet. Genau deshalb erhielten die Vier aus Niederösterreich keinen Bib, weil sie zu teuer sind. Dafür holten einige andere aus dem größten Bundesland einen – verdienten – Bib.

Oberösterreich und vor allem die Steiermark zogen höchst erfreuliche Michelin-Bilanz, während sich die selbstbewussten Kärntner und die stolzen Burgenländer eingestehen müssen, dass ihre Fine-dining-Szene nicht größer ist. Das generelle Fazit ist jedenfalls positiv: Die internationale Wirkung des Guide Michelin Österreich 2025 ist bereits spür- und nachvollziehbar.

 

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