Der Klimawandel erfordert, dass Winzer neue Rebsorten anbauen, die mit veränderten Voraussetzungen im Weinberg klarkommen. Im Bordeaux zeigt sich, dass Tradition auch auf Neues setzen muss. Ein aktueller Beitrag der deutschen Tageszeitung Handelsblatt.

Das Bordeaux ist als Weinregion weltberühmt, es ist auch das größte zusammenhängende der Welt. Einige der teuersten Weine der Welt kommen von dort. Auch wenn derzeit andere Regionen aufholen und die Winzer der mehr als 3000 Châteaux schon vergangenes Jahr die Preise drastisch senken mussten, bleiben die Weine teuer und in der Spitze ein Vergnügen für diejenigen, die es sich leisten wollen.

Dazu trägt seit Langem bei, dass in den kontrollierten Appellationen nur bestimmte Rebsorten angebaut werden dürfen und, um eine Typizität zu erzeugen, Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot verschnitten werden. Die Limitierung auf bestimmte Rebsorten ist im Weinbau in vielen Regionen üblich.

Doch die beste langjährige Tradition kann nicht aufrechterhalten werden, sollten in einigen Jahren diese Vertreter angesichts immer stärker steigender Durchschnittstemperaturen schlechter gedeihen oder nicht mehr die gewünschte Menge und/oder Qualität bringen. Schon 2021 erlaubte die zuständige Behörde den Anbau von sechs im Bordeaux bis dahin nicht erlaubten roten wie weißen Rebsorten. Doch damit will sich die Region nicht zufriedengeben und forscht weiter.

Vor einigen Wochen wurde eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Bordeaux veröffentlicht, die einen ersten Schritt erlaubt, dass in einigen Jahren neue Rebsorten gepflanzt werden. Und deren Trauben dereinst in die Cuvées wandern. Denn das Bordeaux hängt zwar an seinen namhaften Sorten wie Cabernet Sauvignon. Doch am Ende, gerade in einem Verschnitt, wollen die Weinbauern auch ein Image, eine Vorstellung eines Weins verkaufen. Ein Image, das noch heute hilft, einfache Alltagsweine mit einem schmucken Schloss auf dem Etikett für unter zehn Euro im Supermarkt zu verkaufen, weil die Spitze es vormacht.

Wie viel Neues verträgt Bordelaiser Typizität?

Wie viel Neues verträgt wohl eine klassische Cuvée mit Bordelaiser Typizität? Die Sorten Fer Servadou, Duras, Manseng noir, Vinhão und Arinarnoa wurden anteilig mit bis zu 30 Prozent verschnitten, und 37 professionelle Verkoster erachteten diese als geeignet, die Typizität zu bewahren. Ausgewählt wurden diese fünf aus einem Katalog von 26 Rebsorten.

In weiteren Untersuchungen sollen nun die Eigenschaften nach Reifung und Flaschenlagerung bewertet werden, bevor dann die zuständige Behörde INAO nach 2021 gegebenenfalls ein weiteres Mal Rebsorten, die nicht aus der Region stammen, zulässt, damit sie auch in Zukunft das ausmachen, was jede Tradition lebendig hält: der Mut, nicht das Ziel, aber doch den Weg infrage zu stellen.

Quelle: Handelsblatt (D)