Es sind eigentlich zwei Weinbaugebiete im Tal der Rhône in Frankreich, das sind von der Stadt Lyon bis ans Mittelmeer erstreckt: Die Nördliche Rhône und die Südliche Rhône, die sich im Terroir und im Weinstil deutlich voneinander unterscheiden. Beide erfreuen sich bei Weinfreunden immer größerer Beliebtheit.

Beide Talabschnitte stehen für strukturierte, kräftieg Weine, bislang vor allem Rotweine, die aus einer Vielzahl an autochthonen Rebsorten gekeltert werden. In den vergangenen Jahren kamen auch immer mehr Weißweine von der Rhône auf den internationalen Markt, für die weitgehend dieselben Attribute gelten wie für die Roten. Die wahrscheinlich bekannteste Weinbaugemeinde, die auch eine kleine Herkunft definiert, ist Châteauneuf-du-Pape AOC. Hier die wichtigsten Merkmale zur Unterscheidung der Weinbauregionen Rhône Nord und Süd:

NÖRDLICHE RHÔNE: Eleganz und Struktur

Die nördliche Rhône (Rhône septentrionale) ist ein schmaler Streifen großer Terroirs in unmittelbarer Flussnähe, geprägt von steilen Granithängen, kontinentalem Klima und unverwechselbaren Weinstilen. Hier entstehen einige der langlebigsten und komplexesten Weine der Welt, gezeichnet von mineralischer Spannung, puristischer Frucht und beeindruckender Tiefe. Die berühmtesten Appellationen und deren große Namen produzieren Weine, die sowohl Kraft als auch Finesse vereinen und dabei stets als eigenständige Persönlichkeiten zu erkennen sind. Weiße Raritäten wie Condrieu oder weiße Hermitage zeigen zudem, dass die Region nicht nur im Rotweinbereich Außergewöhnliches zu bieten hat. Eines ist gewiss – die großen Rhône-Weine, aufgrund der meist limitierten Rebflächen rar und gesucht, profitieren enorm von Flaschenreife und entwickeln sich zu faszinierenden Gewächsen. Zu den blue chips gehören Namen wie Guigal, Clape, Jamet, Jaboulet, Chave, um nur wenige zu nennen.

Rebsorten, Crus und Charakter

Im Vergleich zu seinem südlichen Nachbar ist die Anzahl der an der nördlichen Rhône kultivierten Rebsorten überschaubar. Als rote Alleinunterhalterin ist Syrah die unumstrittene Königin - nirgendwo sonst zeigt sie reinsortig oder in seltenen Cuvées mit Viognier eine derart begeisternde Kombination aus Kraft und Eleganz. Die berühmtesten Appellationen erstrecken sich zum Großteil auf genauso steilen wie kargen Weinbergen am rechten Ufer des Flusses, südlich und südöstlich ausgerichtet - sie strotzen dem rauen Nordwind Mistral und bringen einige der klingendsten Weinnamen der Welt hervor. Trotz der Dominanz der Syrah sollten die weiße Rebsorten nicht außer Acht gelassen werden – so erfreut sich der einst fast verschwundene Viognier steigender Popularität und rechtfertig dies mit tollen Qualitäten, während Marsanne und Roussanne für vielschichtige, cremige Weißweine mit enormem Reifepotenzial sorgen. 

Weinstile und ikonische Crus der nördlichen Rhône

Die Weinstile der nördlichen Rhône sind geprägt von mineralischer Frische, Tiefe und großer Lagerfähigkeit. Côte-Rôtie und seine Einzellagen bestechen durch eine betörende Balance aus Kraft und Eleganz sowie vielschichter Aromatik. Die Weine des einzigartigen Granitbergs Hermitage sind dichter, strukturierter und brauchen oft Jahrzehnte, um sich voll zu entfalten – sie gehören zu den langlebigsten Weinen Frankreichs. Cornas zeigt sich dunkler, würziger und erdverbundener, während Crozes-Hermitage und Saint-Joseph mit Vielseitigkeit und früherer Trinkfreude punkten. Condrieu schließlich ist der Inbegriff eines großen Viognier: üppig, aber niemals schwer, mit einer verführerischen Aromatik und seidiger Textur. 

SÜDLICHE RHÔNE: Vielfalt und Wärme

Im Unterschied zur nördlichen Schwesterregion herrschen im Süden mediterranes Klima, sanftere Hügellandschaften und eine Vielfalt an Rebsorten vor. Die "Rhône méridionale" ist auch ungleich größer, umfasst sie doch 95 Prozent der Rebfläche, rechnet man den Norden und Süden zusammen. Das Tal der südlichen Rhône ist breiter, und die Böden sind vielfältiger – geprägt von den Alpen und ehemaligen Gletschern. Kalkstein, Sand und Lehm wechseln sich ab, während zahlreiche Steine die Drainage fördern und Wärme speichern. Besonders eindrucksvoll zeigt sich dies in der Appellation Châteauneuf-du-Pape, wo die charakteristischen galets vielerorts an die Oberfläche treten.

Unter teils komplett unterschiedlichen Bedingungen in puncto Rebsorten und Weinstilistik entstehen im Süden in der Regel kraftvolle Cuvées mit warmer Frucht, feinen Kräuternoten und tiefgründiger Würze. Die großen Namen der südlichen Rhône – allen voran Châteauneuf-du-Pape, Gigondas oder Vacqueyras – bringen Weine hervor, die die Essenz des Terroirs mit beeindruckender Lagerfähigkeit verbinden – und in diesem Punkt wiederum der nördlichen Schwesterregion gleichen.

Assemblage ist Trumpf

Während Syrah im Norden dominiert und meist reinsortig ausgebaut wird, gibt in der südlichen Rhône das mediterrane Aushängeschild Grenache den Ton an. Die Weine zeigen eine warme, seidige Frucht, große Fülle und sind von einer unnachahmlichen Würze geprägt. In die zahlreichen Cuvées bringt Syrah Frische und Struktur, während der kraftvolle, würzige Mourvèdre für Tiefe, dunkle Frucht und eine rustikale, fast animalische Note sorgt. Cinsault und Carignan tragen zur Komplexität und geschmeidigen Textur bei.

Weißweine aus der südlichen Rhône sind oft unterschätzt, aber verdienen durchaus Beachtung: so ergeben Roussanne, Clairette und Grenache Blanc saftige Weine mit Noten von Honig, Mandeln und erfrischender Mineralität. Châteauneuf-du-Pape Blanc zählt zu den großen französischen Weißen und besitzt durchaus Reifepotential.

Stilistik und Klassiker

Anders als im Norden verteilen sich die Appellationen der südlichen Rhône beidseitig des Flusses und reichen tief ins Landesinnere. Die bekannteste unter ihnen ist Châteauneuf-du-Pape, benannt nach den einstigen Sommerresidenzen der Päpste. Hier entstehen einige der berühmtesten Rhône-Weine, geprägt von Grenache, oft kombiniert mit Syrah und Mourvèdre. Bis zu 13 Rebsorten sind zugelassen – eine Vielfalt, die viele Weingüter nicht als Bürde, sondern als Vorteil sehen. Ähnlich spannend sind aber auch die Weine aus weniger namhaften Appellationen (Gigondas, Vacquyeras, Rasteau, u.a.) sowie die überregionalen, früher zugänglichen Côtes du Rhône, bei denen zweifellos die Qualität des Produzenten den Ausschlag gibt. Namen wie Bonneau, Château de Beaucastel oder die Domaine du Pegau versprechen jedenfalls großes Trinkvergnügen!

Quelle: maywines.com

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Offene Maischegärung: Umpumpen (Remontage) von Most auf den Tresterhut © Domaine de la Janasse
Traubensortierung (Tri Raisin) auf der Domaine de la Janasse © Olivier Guerrin
Grenache-Rebe mit den berühmten Galets roulés © Serge Chapuis