Shanghai, die Wirtschafts- und Finanzmetropole Chinas, ist eine Megacity, das westlichste Bindeglied des Landes und ein Aushängeschild für das Wirtschaftswunder des Reichs der Mitte. Anfang der 2010er-Jahre konnte man den Shanghai Tower Woche für Woche um vier Stockwerke wachsen sehen – einer der drei Megatürme, die heute Pudong auf der anderen Seite des Huangpu-Flusses dominieren.

ÖWM-Chef Chris Yorke koordinierte den Österreich-Auftritt bei der ProWine Shanghai. © New Zealand Wine

Noch in den 80er-Jahren war dieser Stadtteil mehr Sumpf als Stadt. In dieser dynamischen Weltstadt gab sich damals die Weinwelt ein Stelldichein, und das Who’s Who der Winzer reichte sich die Klinke in die Hand.

Wie berichtet, ist der Markt für edle Tropfen nach einem Boom bis 2017 jedoch um über 65 Prozent eingebrochen. Die Wirtschaft schwächelt, die Boomjahre sind vorbei, und langsam zeigt sich das Altern einer Stadt, die sich einst täglich erneuert hat. Die ProWine Shanghai im November war deshalb ein bedeutender Test für die Zukunft des Weinmarktes in diesem einstigen Zukunftsmarkt. Eine Gelegenheit, den Puls zu fühlen und neue Trends in einem Land mit 1,3 Milliarden Menschen auszuloten.

Österreich war auf dieser Messe prominent vertreten - orchestriert von der Österreich Weinmarketing (ÖWM) - mit einem auffälligen und stark besuchten Pavillon im riesigen Shanghai New International Expo Center, in dem gleich fünf Messen parallel stattfanden. Perfekt positioniert beim Eingang, war der Pavillon einer der meistfrequentierten Länder-Outlets. Hier trafen sich Masters of Wine zum Plausch, und der Weinfluss brachte die mitgebrachten Flaschen ans Limit. Das Publikum war zu 99 Prozent chinesisch und überraschend qualitätsbewusst. Zwar wurde kaum Englisch gesprochen, und professionelle Übersetzer, die ad hoc gebucht werden konnten, waren heiß begehrt, doch das Niveau des Weinwissens war hoch. Man glaubt es kaum: Es gab sogar gezielte Anfragen nach Steinfeder.

Noch erstaunlicher war die plötzliche Nachfrage nach trockenem Riesling in einem Land, das lange als reine Rotweinnation galt (Wein wird im Chinesischen direkt mit „roter Alkohol“ übersetzt). Generell war Weißwein auf der Messe stark gefragt – trocken, ohne Holzausbau und von hoher Qualität. Kein Wunder also, dass neben Österreich auch die deutschen und neuseeländischen Stände (Sauvignon Blanc) regen Zulauf hatten. Man kann nur hoffen, dass dies keine kurzfristige Modeerscheinung bleibt, sondern eine dauerhafte Erkenntnis, zumal gerade die dort heimische (chinesische) Küche perfekt zu diesem Weißweinstil passt. Tatsächlich war Weißwein auch der einzige Bereich, der 2024 in China wieder Wachstum verzeichnen konnte.

Unsere Kollegen aus Bordeaux hingegen steckten weiterhin in einer Krise, wobei es Stimmen gab, die für 2026 Licht am Horizont sahen. Billigweine, die früher in Massen nach China exportiert wurden, verkaufen sich glücklicherweise weiterhin schlecht. Ein österreichischer alkoholfreier Weinproduzent konnte hingegen bereits nach dem zweiten Messetag große neue Kunden gewinnen.

Bei einer Rezeption (Empfang) des österreichischen Konsuls am zweiten Abend war der Konsens eindeutig: Es gibt viel Potenzial für österreichische Produkte, insbesondere für Wein. Der Markt hat sich auf jeden Fall verändert. Wenn plötzlich Riesling und Sauvignon Blanc hochgehalten werden, ist das für Österreich eine durchaus spannende Gelegenheit.