Wegen der Klimaerwärmung werden zunehmend pilzresistente Weinsorten gezüchtet, die mit Feuchtigkeit und Hitze besser zurechtkommen. Sogar in der französischen Champagnerproduktion halten diese Weine bereits Einzug. In Österreich wird ebenfalls daran geforscht. Vinaria bringt einen Bericht von SCIENCE.orf.at:

Pilzwiderstandsfähige Rebsorten – PIWI-Weine – tragen klingende Namen wie etwa Phönix und Regent. Jüngere PIWI-Züchtungen erinnern schon mehr an Traditionssorten: Muscaris und Souvignier gris sind mittlerweile nicht nur in Österreich zu finden, einige wurden auch hierzulande entwickelt: der Donauriesling etwa und der Donauveltliner sind Neuzüchtungen der Höheren Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg. Beide sind seit 2024 auch für die Produktion von Qualitätsweinen in Österreich zugelassen.

Gezüchtet werden PIWIs schon seit rund 60 Jahren, um Weine umweltschonender und nachhaltiger zu produzieren und den Einsatz von Spritzmitteln gegen Pilzkrankheiten wie Echten und Falschen Mehltau sowie Grau- und Schwarzschimmel im Weinbau zu reduzieren. Denn selbst Biowinzer kommen bis heute nicht ohne Fungizide aus, wenn sie lange etablierte Edelweinsorten wie zum Beispiel Veltliner, Rieslinge und Sauvignons anpflanzen. Laut dem Deutschem Weininstitut etwa konnte mit PIWIs der ersten und zweiten Generation der Spritzmitteleinsatz um bis zu 80 Prozent gesenkt werden. An der nächsten Generation wird schon gearbeitet. Sie soll später blühen und damit auch eine Anpassung an die Klimaerwärmung darstellen.

Pilze gezielt sterben lassen

Die Zucht einer neuen Sorte ist aufwendig. Es kann bis zu zwanzig Jahre und länger dauern, bis die ersten Reben endlich in den Rieden wachsen und Ertrag abwerfen. Für PIWI-Weine werden Edelsorten mit wilden, meist aus Nordamerika, manchmal auch aus Asien stammenden Weinsorten gekreuzt. Von ihnen stammen die Resistenzgene gegen diverse Pilzkrankheiten.

Pflanzen, die darüber verfügen, können etwa von Mehltau befallene Zellen ihrer Blätter gezielt sterben lassen, wodurch auch die Pilzsporen zugrunde gehen. Die Wildarten bringen aber auch weniger erwünschte Charakteristika mit: geringere Erträge und nicht selten einen eher unangenehmen Geschmack. Diese Eigenschaften versucht man den Neuzüchtungen durch mehrmalige Rückkreuzungen mit Edelsorten wieder auszutreiben. Viele so entstandene PIWI-Sorten zeichnen sich dank kleinerer Weinbeeren auch durch einen lockereren Aufbau ihrer Trauben aus, auf denen sich Feuchtigkeit weniger gut halten kann und die dadurch Pilzen das Leben zusätzlich schwer machen.

Hitze- und trockenheitsresistente PIWIs

Ob bereits vorhandene PIWI-Weine neben Pilzkrankheiten auch mit steigenden Temperaturen zurechtkommen und damit eine Alternative für traditionelle Sorten – vor allem für Weißweine, die sich mit Hitze und Trockenheit zum Teil recht schwertun – werden könnten, schaut man sich am Institut für Wein- und Obstbau der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien an. „Wir forschen gerade an PIWIs und schauen uns an, ob sie mehr Wasser brauchen oder ob sie mit Wasser effizienter umgehen können als unsere alten Vinifera-Rebsorten. Im Vergleich von zwei oder drei Sorten gibt es schon Unterschiede, wie die Pflanzen mit dem Wasser haushalten“, erzählt dessen Leiterin Astrid Forneck im Interview mit science.ORF.at.

Die Wurzelbildung der Reben – wohin Feinwurzeln an der Oberfläche wachsen, um Nährstoffe aufzunehmen, und wie viele Meter tief sich ihre Saugwurzeln in den Boden graben, um Wasser aus der Tiefe zu holen – spiele dabei ebenso eine Rolle wie die Größe und Beschaffenheit der Blätter: „Es gibt neue Rebsorten, die sind sehr großblättrig. Es gibt welche, die sind eher kleinblättrig, behaart, nicht behaart, und so weiter.“ Generell könnten Weinblätter mit höheren Temperaturen recht gut umgehen, sagt Forneck. „Man darf dieses wundervolle Gewächs nicht unterschätzen. Die Blätter können sich selbst kühlen, die können sich in den Schatten setzen, vieles ist möglich.“

Mehr Zucker – mehr Alkohol

Bei höheren Temperaturen betreiben Reben über die Blätter mehr Photosynthese und produzieren mehr Zucker. „Und der geht natürlich dahin, wo er hingehört, nämlich in die Traube“, erläutert die Forscherin. Mehr Zucker in der Frucht bedeutet aber auch mehr Alkohol im Wein. Hingegen wird die Säure – insbesondere der Apfelsäuregehalt in den Weinbeeren – bei hohen Temperaturen viel schneller abgebaut, und das hat Auswirkungen auf das Weinaroma. „Das heißt nicht, dass da weniger Aromen drin sind, nur die Zusammensetzung ändert sich, und deshalb haben wir manchmal das Gefühl, die Weine schmecken nicht mehr wie gewohnt.“

Bei PIWI-Weinen sei das im Grunde genommen nicht anders, sagt Forneck. „Die Trauben oder die Früchte dieser neuen Sorten werden derzeit untersucht. Da lässt sich noch nicht sagen, wie sie sich bei mehr oder weniger bei Hitze verändern, weil die Typen oder die Frucht- oder Aromaprofile, die diese Weine herstellen, noch nicht so bekannt sind.“

Geringe Bekanntheit als große Chance

Genau das prädestiniere pilzresistente Weine aber geradezu, sich in einem immer wärmer werdenden Klima durchzusetzen, meint Forneck. Denn mittlerweile lasse sich der unerwünscht hohe Alkoholgehalt nach der Vinifizierung schon recht gut senken oder ganz entfernen – vor allem bei Weißweinen. Jedoch können dabei zum Teil auch sortentypische Aromen verloren gehen.

„Wenn ich an Riesling oder Grünen Veltliner denke, dann spüre ich schon, wie das schmecken wird von der Temperatur, von allem Drum und Dran. Aber wenn ich jetzt einen Muscaris im Glas habe oder einen Souvignier Gris, dann habe ich diese Perzeption noch nicht. Mit diesen Weinen können wir vielleicht Kunden erreichen, die auch etwas anderes suchen. Nämlich nicht viel Alkohol.“ Oder einen gänzlich entalkoholisierten Wein.

Bleibt noch die Frage nach dem Terroir, das bei manchen etablierten Weinsorten unter Kennern stark nachgefragt wird. Forneck ist überzeugt, dass auch PIWIs diesen Ansprüchen künftig gerecht werden können. „Ein Terroir besteht ja aus dem Klima, aus den Böden, aus der Interaktion zwischen allem – natürlich auch dem Winzer und der Winzerin und dem Fakt, dass für bestimmte Terroire de jure bestimmte Rebsorten vorgesehen sind. Es wird mit diesen neuen Rebsorten, mit neuen Methoden, mit neuen Märkten andere Terroire geben, die erobert werden und die neu geformt werden und die sich auch ihren Platz erstreiten oder erobern werden.“