Der globale Getränkekonzern Pernod Ricard trennt sich in diesen Wochen von seinem Weingeschäft, Vinaria berichtete. Der Deal war für die Wirtschaftszeitung Financial Times Anlass, das Investorenverhalten unter die Lupe zu nehmen. Nach Ansicht der Zeitung hat Pernod Ricard eine Lawine losgetreten.

Der Hintergrund: "Die weltweite Weinproduktion übersteigt den Konsum deutlich und dieser wird in den kommenden Jahren weiter zurückgehen“, so die Financial Times. "Ein kluger Schachzug", kommentiert Nathalie Thomas in einem Leitartikel die Entscheidung von Pernod Ricard, deren Weinmarken in Australien, Neuseeland und Spanien, darunter Jacob's Creek und Campo Viejo, an eine Gruppe von Investoren unter der Führung des Hedgefonds Bain Capital zu verkaufen. Die Entscheidung des französischen multinationalen Konzerns bestätige die aktuell schwierige Situation für den globalen Weinsektor.

Weltweite Produktion übersteigt Konsum um 7 Prozent

Die Financial Times schreibt weiter: "Der weltweite Weinkonsum ist seit seinem Höchststand von rund 25 Milliarden Litern im Jahr 2007 rückläufig. Jüngere Trinker bevorzugen Cocktails oder Spirituosen, andere sind gesundheitsbewusster." Der Artikel zitiert Prognosen der Londoner Analysten von International Wine and Spirits Record (IWSR): "Es wird erwartet, dass das Volumen bis 2028 um durchschnittlich ein Prozent pro Jahr weiter zurückgehen wird." Die Zahlen des Vorjahres lassen keinen Zweifel: Die weltweite Weinproduktion lag um 7 Prozent über dem Verbrauch.

Veränderte Geschmäcker in den Vereinigten Staaten

Umgesehen hat sich die Financial Times auch am wichtigsten Weinabsatzmarkt der Welt, den USA. Dort sind die Weinverkäufe in den ersten fünf Monaten 2024 (Jänner bis Mai) um 8 Prozent gesunken. Wie sich der Markt entwickeln wird, ist weitgehend unklar: Premiumweine, Rotweine, kräftige Weißweine und sogar Champagner sind in den USA deutlich weniger nachgefragt im Vergleich zu den Jahren davor. Von den US-Importen kommt der größte Teil aus Italien, das daher unter der aktuellen Marktentwicklung am meisten zu leiden hat und mit eigenem Inlandsabsatz-Minus von 6 Prozent zu kämpfen hat. Das italienische Fachmagazin Gambero Rosso sieht aber einen Silberstreif am Weinhorizont: „Der Schlüssel zum Zugang zum US-Markt scheinen Prosecco oder ähnliche Produkte zu sein. Aktuell übertreffen die günstigen Schaumweine im US-Absatz sogar die beliebtesten DOC-Weine aus Italien“, schreibt Gambero Rosso.

Nächster Getränkeriese stellt Wein auf den Prüfstand

Der amerikanische Getränkeriese Constellation Brands kündigte im aktuellen Quartalsbericht ebenfalls seine Bereitschaft an, Weinmarken zu veräußern, nachdem die jüngsten Finanzergebnisse vor allem durch Bier beflügelt wurden. Schon vor einigen Jahren zog sich auch Diageo, der Hauptkonkurrent von Pernod Ricard, aus der Branche zurück und verkaufte seine Weinsparte an den australischen Riesen Treasury Wine Estates.

Quellen: Financial Times, Gambero Rosso