Urlaub an der Oberen Adria und spannende Erlebnisse der „Ess-Klasse“ lassen sich perfekt verbinden. Auch in der kalten Jahreszeit! Vinaria verrät 50 köstliche Adressen, die man besucht haben sollte: von Venedig bis Rijeka, von einfach (und) gut bis exquisit.

© Sergio Lussimo

Nah am Wasser gebaut zu sein kann auch ein Vorteil sein. Man hat das Gefühl, über dem Meer zu schweben. Kein Wunder bei der Lage: Das Designhotel Navis klebt wie ein futuristisches Schwalbennest an einem steilen Küstenstreifen. Tagträumer genießen von der Restaurantterrasse den Blick über die Bucht von Opatija und auf die vorgelagerte Kvarner-Inselwelt mit Krk und Cres, die in den lauen Abendstunden wie graublaue Walbuckel vor purpurnem Himmel aus dem Meer ragen. In der Küche wird avanciert Adriatisches zubereitet. Minutiöse Kreationen wie gemalt.

Eines ist sicher: Hat man das Glück, Teil so eines delikaten Gesamtkunstwerks zu werden, wird man es nie mehr vergessen. Gar nicht so weit entfernt, weiter südlich in Mošćenička Draga, taucht man in ein ganz anderes – und nicht weniger köstliches – Schauspiel ein. Im Restaurant Johnson setzt man auf frischen Fisch. Okay, das klingt jetzt nicht wahnsinnig aufregend. Ist es aber.

Es gibt nur, was der Fischer heute (oder vor einer Stunde) gebracht hat. Und da kommt er schon: roher Thunfisch, nur mit feinem Öl und etwas Pfeffer. Dann die Seezunge, im Winter ist sie am besten. Zwei Stück vom Filet, kurz pochiert und mit einem köstlichen Sud aus anderen Seezungenteilen und den Karkassen, dazu ein bisschen Wintergemüse aus dem eigenen Garten. Natürlicher und mehr am Produkt geht nicht.

Kroatiens erster Michelin-Stern

Wochenlang könnte man sich an der Küste über alle Landesgrenzen hinweg von Rijeka bis Venedig entlangkosten. In einigen Orten ist die Dichte an empfehlenswerten Adressen erstaunlich groß. Novigrad etwa, mit rund 4.500 Einwohnern eher beschaulich, hat gleich drei interessante Adressen: Die zwei Drei-Hauben-Restaurants Damir & Ornella (Spezialist für kroatisches Sashimi) und Marina (geradlinig, kreativ) sowie Einhauber Čok, der mit klassischer Fischküche glänzt. Bunt ist das Spektrum auch in Rovinj. Herausragend ist das Monte, das erste kroatische Lokal, über dem ein Michelin-Stern leuchtet.

Neu in der Liga ist das Agli Amici. Das italienische Zwei-Sterne-Restaurant ist von Godia bei Udine nach Rovinj übersiedelt. Emanuele und Michela Scarello sind mit ihrem gesamten friulanischen Restaurant- und Küchenpersonal für die Sommersaison nach Istrien gekommen, das Stammrestaurant in Italien wurde aber wiedereröffnet. Das Lokal in Istrien wird ebenso in Zukunft unter Patronanz und immer wieder persönlicher Anwesenheit von Emanuele weitergeführt. Dem Michelin gefiel, was er auf den Teller bekam, und vergab einen Stern.

In Friaul hat natürlich die Landeshauptstadt Triest eine Top-Adresse zu bieten: Harry’s Piccolo im Grand Hotel Duchi d’Aosta wurde vom Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet. Der Kopf dahinter ist der junge Matteo Metullio. Harry’s Bistro, Harry’s Pasticceria und die legendäre Harry’s Bar gehören wie das Piccolo zum kulinarischen Gesamtkonzept.

Neue Spitzenköche in Venedig

Die größte Fundgrube auf Lager hat Venedig. Geheimtipps kann man in so einer Touri-Hochburg kaum erwarten, aber es gibt sie auch hier – die guten Tipps. Vor allem in der Top-Liga hat sich einiges getan. Riccardo Canella holte sich die Tiefenschärfe sieben Jahre in Kopenhagens legendärem Noma, nun hat er das Restaurant Oro im altehrwürdigen Hotel Cipriani übernommen.

Großartiges Handwerk bringt Claudio Sadler mit, er leitet seit vorigem Jahr das Restaurant Canova im Hotel Baglioni. Und der an der Amalfiküste gefeierte Salvatore Sodano werkt nun im Restaurant Local. Klassiker ist das berühmte Caffè Quadri am Markusplatz, im ersten Stock zaubert Massimiliano Alajmo, der früher mit 23 Jahren jüngster Drei-Sterne-Koch der Welt wurde.

Nicht nur die teuren Restaurants, auch in den vielen Weinbars mit ihren fantastischen kleinen Happen (Cicchetti) wird man glücklich. Und selbst wenn die Stadt oft hoffnungslos überfüllt ist, ohne eine regelmäßige Dosis Venedig geht es einfach nicht.

Um die klassischen Badeorte machen alle gängigen Restaurantführer einen großen Bogen. Aber auch hier wird man fündig. In Grado sperrte das Bruno Masaneta neu auf, Bruno steht für beste Gradeser Küche. Ein Klassiker ist das De Toni, seit einer gefühlten Ewigkeit hält der Publikumsliebling sein Niveau. Im Zero Miglia wird einfach, aber gut gekocht. Frischeste Zutaten sind garantiert, schließlich wird das Lokal von der lokalen Fischerkooperative betrieben.

Geheimtipp Izola

Wie sieht es in Slowenien aus? Die Riviera ist 46 Kilometer lang, eigentlich müsste man sagen: kurz. Aber in dieser Kürze liegt viel Würze, weil sich hier die Urlaubssehnsucht eines ganzen Landes verdichtet. Lang ist die Liste mit vernünftigen Lokalen allerdings nicht. Fast noch ein Geheimtipport im Schatten von Piran und Portorož ist Izola. Im Marina kann man auf der schönsten Meerterrasse von Izola günstig und kreativ genießen, im kleinen, urigen Bujol geht man auf Entdeckungsreise mit Raritäten wie Branzino-Eier mit Parmesan.

In Portorož ist das COB einen Besuch wert. Filip Matjaž arbeitete bereits bei Heston Blumental in The Fat Duck in London. Eine Freude, was der junge Aufsteiger nun im eigenen Restaurant in Szene setzt, voller spannender Einfälle. Der Meerblick ist die Draufgabe. In Piran sorgt die Bottega dei Sapori für frischen Wind. Sarah Vuk Brajko begeistert mit leichter mediterraner Küche, da kommen zum Beispiel Cappellatti (Teigtaschen) auf Trüffel-Miso auf den Teller.  

Die Saison bestimmt an der Adria die Vielfalt. Sommer ist das Angebot an Frischfisch am schmalsten, am größten ist es im Spätherbst und Winter. Die Cappelunghe (Messermuscheln) und die Seezungen etwa sind dann besonders gut, und vom Land kommen Trüffeln, Seeigel-Hochsaison ist im Jänner.

Köstliche Moscardini in Caorle

Auf dem hübschen Fischmarkt von Caorle, beim Kanal in der Ortseinfahrt, ist der Fang im Winter besonders reichhaltig. In den Kisten glänzen Fische und Meeresgetier: Tintenfische, Calamari, Sardellen, Sardinen, Jakobsmuscheln und vor allem die regionale Spezialität, die Moscardini di Caorle, eine kleine Tintenfischart. Sogar der DOP-Standard wurde ihr zuerkannt, ein markenrechtlicher Schutz. Herrlich zart ist das Fleisch bei Moscardini mit einem Gewicht von 100 bis 300 Gramm.

Einen besonders bunten Warenkorb hat Istrien hervorgebracht, Spitzenklasse sind Weltklasseolivenöl und Pršut. In Fažana sind die Sardellen besonders köstlich, Austern schmecken am feinsten im Limski-Kanal, und Meeresspinnen kommen besonders zart in Premantura im Süden Istriens auf den Tisch. Kakis hängen leuchtend orange im Gebiet um Štrunjan von den Bäumen.

Ein Wort zu den Preisen: Fisch in guter Qualität hat seinen Preis. Auffallend günstige Fisch- und Meeresfrüchtegerichte sollten daher misstrauisch machen. Kommt die Ware aus Fernost? Wurde sie in Aquafarmen gezüchtet, die ihre Fische mit Medikamenten vollpumpen? War der Fisch eingefroren? Alles ist möglich. Als Faustregel gilt: Vertrauen Sie lieber arrivierten Restaurants statt Lokalen mit Touri-Menüs – und rechnen Sie mit 60 Euro und mehr pro Kilo Fisch. Dann ist feiner F(r)ischgenuss garantiert.

 

Abo bestellen – Die gesamte Vinaria Gourmet Reportage finden Sie in der Ausgabe Vinaria 01/2023. Bestellen Sie Vinaria jetzt einfach & bequem zum Erscheinungstermin nach Hause. Das Jahresabo Vinaria mit 8 Ausgaben pro Jahr inklusive dem Vinaria Weinguide ist um € 69,00 (EU-Ausland € 89,00) erhältlich. Jetzt im Vinaria Abo-Shop bestellen.

Filip Matjaz © Restaurant COB
Marina Gasi © Petr Blaha
Patrone Andrea vom Restaurant Da Guido. © Restaurant Da Guido
Patron Sergio vom Restaurant Cok. © Günter Standl
Geheimtipp Kulinarcni Studio in Koper: ein kleines, nettes Bistro mit Slow Food vom Feinsten. © Ivo Tomsic
Sarah Vuk Brajko © Anze Krze
Emanuele und Michaela Scarello © Restaurant Agli Amici
Im Damir e Ornella in Novigrad regieren die Meister des koratischen Sashimi. © Günter Standl
Danijel Dekic´und seine Frau Tjitske © Günter Standl
Riccardo Canella © Per-Anders Jorgensen
Zwei-Hauben-Küche in der Stara Gostilna in Piran. © Stara Gostilna