Barocke Altstadt, Klassikfestspiele von Weltformat und Avantgarde, urige Bierlokale und trendige Haubentempel: Alles in Salzburg ist prachtvoll – und trotzdem so leichtfüßig wie genussvoll. Hier die besten Tipps für essen und trinken in Salzburg.

Kokett stolziert der Tod auf High Heels über den weiß schimmernden Domplatz. Auf höllischen Hacken, 13 Zentimeter hoch. „Damit der Tod über den Dingen steht“, verkündete Peter Lohmeyer, einer der eindrucksvollsten Schauspieler in der langen Reihe der Mimen, die dem Tod Leben einhauchten. Bald nimmt er ihn mit in sein Schattenreich, den Jedermann, Namensgeber für das Urstück der Salzburger Festspiele. Ein mittelalterlich wirkendes Mysterienspiel über Tod und Teufel, Gier und Geld, Läuterung und Erlösung. Der Tod auf Stöckelschuhen wird zum Symbol für den Sexappeal aus ewig Alt und immer Neu.

Die Bühne dafür hat das Salz geschaffen, das bereits die Kelten hier abbauten. Das weiße Gold, Erz und Edelsteine waren Quelle für den Reichtum der Fürsterzbischöfe, zur Schau gestellt mit einer Prunkstadt, die von den sehr weltlichen Herren im 17. und 18. Jahrhundert herausgeputzt wurde.

Ich will mir einen Überblick verschaffen, also rein in den Mönchsberglift. Der Einstieg ist wie aus einem Science-Fiction-Film herausgerissen: ein Gewölbe im nackten Felsen, spärlich beleuchtetes, schwarzes Stahlportal. Lautlos gleitet der Lift auf 485 Meter, wo das Museum der Moderne thront, ein Monolith mit mächtigen Marmormauern. Auf dem Spazierweg über den Mönchsberg schwimme ich im Strom der Flaneure mit. Der Waldsaum leuchtet üppig grün, der Salzburger Schnürlregen leistet als Dünger eben ganze Arbeit.

Wir kehren in der Stadtalm ein. Die Zutaten sind eine Lampe, die aus rostigen Eisenpfannen zusammengeschustert wurde, rotkarierte Großmuttervorhänge, ein Kachelofen, rohe Holztische und ein unglaublich flaumiger Topfenstrudel. So geht Salzburg also: herrlich nostalgisches Nichtstun, ein Blick hinunter wie von einer Klippe – so kerzengerade stürzt der Fels in die Tiefe –, und vor uns breitet sich ein Teppich mit Barockbauten aus weißem Stein aus.

Die Bierhauptstadt Österreichs

So nobel dieses Stadtensemble auch wirkt, so leichtfüßig ist es gleichzeitig, und zwischen drinnen blühen immer wieder kräftige Pflänzchen der Gemütlichkeit. Eines davon ist das Kultgasthaus Steinlechner. Peter Huber hat das Gasthaus als neuer Wirt und Pächter am 3. Jänner 2024 wieder aufgesperrt. Der neue Pächter betreibt seit mehr als 25 Jahren die Weiße und will auch bei seinem neuen Projekt auf bodenständige Küche setzen. Wiener Schnitzel und Schinkenfleckerl sind Fixpunkte, aber auch Fondue in mehreren Varianten soll es geben.

Neues gibt es auch im Gwandhaus im Gössl-Firmensitz. Fast im Jahresrhythmus wechseln dort die Betreiber, jetzt versuchen Ramona und Alexander Merkel ihr Glück. Das Duo setzt auf heimatverbundene Küche, mit Raffinesse zubereitet. Herzhafte Gerichte wie Tafelspitz, gefüllte Paprika und Wiener Schnitzel werden zelebriert. Der Kaiserschmarrn wird in gleich drei Variationen abgefeiert – klassisch mit Rumrosinen, Mandeln und Äpfeln, als Sauerrahmschmarrn luftig-leicht mit Röster und als Topfenschmarrn mit Vanillesauce.

Zu den deftigen Hauptgerichten trinken wir natürlich Bier. Viele kleine Brauereien in und um Salzburg tanzen lustvoll aus der Reihe der Mainstream-Biere, der experimentierfreudigste Brauer ist wohl Axel Kiesbye im Bierkulturhaus in Obertrum. Wie ein Druide experimentiert er mit Früchten und Harzen und kreiert Fichten- oder Holzbirnenbier.

Auch die Bierlokalszene ist bunt. Wir sitzen im trendig-urigen Fuxn, ein riesiges Anwesen, vor 400 Jahren als adeliges Landgut errichtet. Von der ehemaligen Stalldecke baumeln ufoartige, metergroße Designerlampen. Ihre Lichtkreise beleuchten blanke Ziegelmauern und beige Lederbänke, im durchaus passenden Gegensatz zu einer pink bemalten Säule. Das kühle Hausbier lässt die Hitze draußen vergessen, die lederbehosten Kellner servieren uns deftige Bratwurst und Bratl. Das Fleisch dafür kommt von freilaufenden Tieren. 

Michelin vergibt in Salzburg schon lange seine Sterne

Mehr Geld kann man in einem der Haubenlokale ablegen. Und davon gibt es viele. Salzburg hat zu Recht den Ruf der heimlichen kulinarischen Zweithauptstadt Österreichs, deshalb nahm sie der Michelin in seinen Guide „Main Cities Europe“ auf.

Am schillerndsten in diesem Haubenkonzert ist wohl der Hangar-7 mit fünf Hauben. Allein schon der Bau. Die große Glasellipse mit zwei Türmen posiert selbstbewusst vor den Salzburger Bergen. 1200 Tonnen Stahlgeflecht, 1754 Glastafeln. Der Bauch des avantgardistischen Tempels beherbergt ein Flugzeugmuseum und ein Edelrestaurant. Das einzigartige Konzept: Jeden Monat ist ein anderer internationaler Spitzenkoch zu Gast.

Auch Andreas Senn spielt in der Liga der Großen mit: 18,5 Punkte, vier Hauben und zwei Michelin-Sterne sind die harten Fakten. Beheimatet ist SENNS.Restaurant in einer aufgelassenen Glockengießerei am Rande der Stadt. In der Küche kommen nur die besten Produkte zum Einsatz, die Andreas Senn gemeinsam mit seinem Küchenchef Christian Geisler am Weltmarkt aufspürt. Mit einem außerordentlichen Feingefühl für Aromen, Texturen und überraschende Kompositionen bleibt die Konzentration immer auf das Wesentliche gerichtet – den Geschmack. Die aufregenden Gerichte und kulinarischen Erlebnisse überzeugen.

Wie Mozart auf der Zunge zergeht

Mozart garantiert Erlebnisse für alle Sinne. Auf der Zunge zergeht er förmlich. In Form von Mozartkugeln. Meine Lieblingsfrage an jeden Salzburger: Welche ist Ihre Lieblingskugel? „Wenn schon, dann gleich das Original von Fürst“, heißt es meistens. 1890 erfand Paul Fürst das süße Rundumpaket aus Pistazienmarzipan, Nougat und Schokolade – das schmeckt frisch, so frisch. Die drei Millionen Stück, die jährlich per Hand erzeugt werden, bekommt man in nur vier Filialen. Warum Martin Fürst, Betreiber in vierter Generation, nicht einfach in einer Fabrik die zehnfache Menge herstellt? Gegenfrage: „Können Sie sich vorstellen, in dieser Qualität industriell zu produzieren?“ Beim genauen Kugelstudium entdecke ich interessante Nuancen. Die von Schatz punkten mit zwei Sorten Nougat, Habakuk-Kugeln fallen durch ihre Zartheit auf. Die marzipanlosen von Braun mag ich auch.

„Keine große Stadt, aber eine Weltstadt“

„Das Faszinosum der Stadt ist dieses Eingebettetsein in der Kunst mit der Natur im Hintergrund“, erklärt Andreas Gfrerer, Besitzer des Arthotels Blaue Gans. „Salzburg ist eine gesamteuropäische Idee.“ Jede Epoche gibt ihren Teil dazu: ein vibrierender Stilmix aus Barock und Design. „Man hat alles hier. Skiresorts, Seen, Berge, überall ist es grün. Und die Kultur lockt die ganze Welt nach Salzburg. Wo gibt es das?“, ergänzt Karin Pfeifenberger, Marketingmanagerin von Schloss Leopoldskron. Ja, wirklich: Die Skigebiete Lofer, Saalbach oder Saalfelden sind nicht weit weg, genauso wie der Untersberg und das Salzkammergut mit den Seen – Waller-, Mond-, Matt- und einige andere Seen. Mario Krankl konzentriert das Selbstverständnis Salzburgs in einem Satz: „Keine große Stadt – aber trotzdem eine Weltstadt“, sagt uns der Friseurweltmeister mit Sumoringer-Frisur.

Ein Beweis, wie gekonnt Salzburg unterschiedliche Stile zu einem gekonnten Ganzen miteinander vereint, ist Das Schrei – Fine Dining in Sneakers und Jeans. Zwei junge Gastgeber kreieren, bereiten und servieren ihre Kreationen als Überraschungsmenüs auf sehr hohem Niveau. Jakob Schmid und Daniel Reifecker haben sich ihre Sporen in der Top-Liga im In- und Ausland verdient. Was man auch an der kompetenten Weinauswahl sieht: Viel Biodynamisches, aber auch etablierte Klassiker und Raritäten gibt es in der Weinkarte, in der sich eine schöne Jahrgangstiefe wiederfindet.

Wir mischen uns wieder unter das Volk. Den Nachmittag lassen wir gerne beim Sporer in der Getreidegasse ausklingen. Hinten ein Miniraum, vorne eine alte Holzschank, in der Wand sind die originalen Holzfässer aus dem Jahr 1903 eingelassen. Ausgeschenkt werden Sporer-Punsch, Rum, Whisky. Kaum Platz zum Umdrehen, aber viel Raum für Lebensfreude wie in einer venezianischen Bar. Um sieben wird leider schon zugesperrt. Aber morgen sind wir wieder da.

 

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