Mit dem Engagement der neuen Kellermeisterin Aurore Jeudy ist neuer Schwung in das Traditionshaus Schlumberger eingezogen. Nach 180 Jahren Erfahrung in der Sektproduktion geht es nicht darum, das Rad neu zu erfinden, sondern durch viele kleine Schritte die vorhandene Qualität zu optimieren. Hier im Vinaria Interview.

© Schlumberger

Vinaria: Frau Jeudy, was hat Ihren bisherigen beruflichen Werdegang geprägt?

Aurore Jeudy: Als Absolventin des Önologischen Instituts der Champagne habe ich 16 Jahre lang als Beraterin für Schaumweinerzeugung in halb Europa und in Asien Erfahrung gesammelt und bereits im Jahr 2006 erste Kontakte mit Schlumberger gehabt. Als Beraterin hatte ich die Möglichkeit, viele Dinge in der Praxis zu probieren, nicht nur mit einem Jahrgang pro Jahr, sondern mit einem Jahrgang pro Keller.

Vinaria: Wie haben Sie die Situation für Sektproduktion und -konsum in Österreich erlebt?

Aurore Jeudy: Im Unterschied zu anderen Weinbauländern muss man hier die Sektproduktion nicht erlernen – es gibt sie ja schon seit Langem. Meiner Meinung nach gibt es eine ganz gute Sektkultur, und Sekt wird in Österreich zu vielen Anlässen getrunken.

Vinaria: Wie sehen Sie die traditionell bevorzugte Herkunft für Sektgrundweine und die Eignung von Welschriesling, Grünem Veltliner und Blaufränkisch für die Versektung?

Aurore Jeudy: Die Hauptregion für unsere Grundweine wird das Weinviertel rund um Poysdorf bleiben, wo das Kleinklima ideal ist, selbst wenn wir den Klimawandel auch dort spüren. Die heimischen Rebsorten bieten wirklich gute Chancen für die Adaption zur Versektung. So finde ich, dass der Welschriesling etwa für eine Cuvée viel frische Frucht, aber auch Struktur beisteuern kann, er übernimmt dann sozusagen die Aufgabe, die für den Pinot Noir das Tannin erfüllt.

Der Grüne Veltliner bietet viele Möglichkeiten, weil es ihn doch in ganz verschiedenen Stilrichtungen gibt. Einen reinsortigen Veltliner-Sekt sollte man daher jedenfalls im Programm haben, wobei ich hier bloß zu einem kurzen Hefelager von ein bis zwei Jahren neige und das Duftige, Elegante aus dieser Sorte herausholen möchte. Mit dem hochinteressanten Blaufränkischen habe ich schon zu experimentieren begonnen, so wird eine kleine Menge bereits dem Pinot Noir für den Rosé beigegeben. Und als Neuheit wurde ein Rosé-Sekt nur aus Blaufränkischem kreiert, der nach der malolaktischen Fermentation sechs Monate im 4.000-Liter-Fass auf der Feinhefe reifen konnte.

Vinaria: Wie sehen die Grundzüge der Vinifikation für die Große Reserve aus?

Aurore Jeudy: Der Jahrgang 2017 der Chardonnay Großen Reserve, die auf alle Fälle die qualitative Speerspitze bleiben wird, ist nach 64 Monaten Hefelagerung vor Kurzem auf den Markt gekommen. Sie stammt diesmal aus der südwestlich von Poysdorf gelegenen Spitzenriede Birthal und wurde wie die drei Reserven nach der malolaktischen Fermentation zum Teil im Stahltank und zum Teil im großen Fass, ja zu einem kleinen Teil auch im gebrauchten Barrique ausgebaut.

Dabei erscheint es mir wichtig, sich nicht an fixe Regeln zu binden; beispielsweise wurde aus dem Jahrgang 2022 der Sparkling sechs Monate im großen Fass gelagert, weil es seine Substanz erlaubt und seine Komplexität auf diese Weise gesteigert wird.

Vinaria: Die drei Reserven erhalten auch ausreichend Reifezeit?

Aurore Jeudy: Wir geben auch den Reserven genügend Reifezeit, so stammen der Chardonnay und der Pinot-Rosé aus dem Jahrgang 2017 und kommt die Cuvée 1842 sogar aus dem Weinjahr 2015. Mit dem Zusatz des Liqueur gehe ich recht sparsam um, zumal derzeit auch weniger Restzucker gefragt ist. Im Prinzip strebe ich im Weingarten eine für Sektgrundwein schöne Reife an, damit ich entsprechende Substanz bekomme und später dann weniger liqueur de dosage zusetzen muss.

 

Degustationsnotizen

2017 Chardonnay Große Reserve „R. Schlumberger“
Nach 64 Monaten Reifezeit auf der Hefe noch äußerst jugendlicher, dezenter Chardonnay mit leicht kreidigen Untertönen, zarter Blütenduft mit etwas Zitrusfrische unterlegt, verspielt wie nuanciert; am Gaumen von heller Frucht geprägt, glockenklar bei feinkörniger Struktur und schlanker Eleganz, beweist bereits einige Komplexität und Ausdruck, wird mit ein wenig Flaschenreife weiter zulegen.

2022 Grüner Veltliner (frisch degorgiert, noch ohne Liqueur-Zugabe)
Duftig und zartgliedrig, Anklänge von Verveine und Rhabarber, schlank und frisch, zeigt bereits aufkeimende Eleganz, schon erstaunlich präsent.

2022 Pinot Noir-Rosé (mit etwas Blaufränkisch)
Zartes Corail, feine Himbeerfrucht, etwas Mandeln und Vanilleschoten, rund und harmonisch, wird von einigen Monaten Hefelager sicher profitieren.

 

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