Angesichts des Klimawandels testen die Châteaus aus Bordeaux neue Rebsorten und Pflanzmöglichkeiten, um ihre Wein-Identitäten zu bewahren. Ein Beispiel dafür ist Château de la Tour Carnet, ein Médoc Grand Cru Classé. Im Rahmen einer Studie, die bis 2050 laufen soll, wurden 96 verschiedene Rebsorten gepflanzt.

Der Versuchsweingarten liefert nicht nur Trauben, sondern zahllose Erkentnisse für die große Studie. © Château de la Tour Carnet

Seit 2013 hat Château de la Tour Carnet von Besitzer Bernard Magrez eine Studie über die Auswirkungen der globalen Erwärmung bis 2050 im Laufen, in der die 96 Rebsorten neben den traditionellen Bordeaux-Sorten Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc ausgepflanzt wurden. Ihre phänologische Entwicklung - von der ersten Knospe bis zur Reifung der Beeren - sowie ihre chemischen und aromatischen Verbindungen werden dabei in Zusammenarbeit mit dem französischen Nationalen Institut für Agrarforschung (INRA) und dem Institut für Reben- und Weinwissenschaften unter die Lupe genommen.

Dabei werden auch Simultationen eingesetzt. zum Beispiel wurden elektrische Heizkabel in einer Rebzeile am Rebdraht montiert. Diese Technologie, die auch als Frostschutz in Tragflächen von Flugzeugen eingesetzt wird, ermöglicht es, „die Frühreife des Wachstumszyklus der Rebe zu simulieren, wie in 30 bis 40 Jahren unter dem Einfluss der Erwärmung sein dürfte“, erklärt Marc Plantevin, der für die Studie verantwortliche Wissenschaftler. Nach der Ernte wird jede Rebsorte separat vinifiziert. Mehr als fünfzig Moleküle, die für verschiedene Aromen verantwortlich sind, werden im Labor in allen Details analysiert.

"Die Idee ist, Rebsorten mit einer Bordeaux-Typizität zu isolieren, die derzeit nicht unbedingt typisch für Bordeaux sind", erklärt Marc Plantevin, dessen vorläufige Ergebnisse fünf Sorten isoliert beziehungsweise definiert haben: Manseng Noir, der im Südwesten Frankreichs beheimatet ist; Servadou und Duras, schon ehemals in Bordeaux zugelassen; und L‘Arinaroa (entwickelt von INRA, der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt in Frankeich) sowie Vinhao, der aus Portugal stammt und dort weit verbreitet ist.

Angesichts des Klimawandels steht viel auf dem Spiel: Dürre und erheblicher Wasserstress, stärkere Hagelperioden, Spätfrost im Frühjahr, hohe Luftfeuchtigkeit und Krankheitsdruck. All dies hat Auswirkungen auf Gesundheit, Qualität und Reifegrad der Trauben, Säuregehalt, Zuckermenge und Alkoholgehalt. Die Stammsorten Merlot und Cabernet Sauvignon haben sich bisher gut geschlagen: "Im Jahr 2022 hatten wir 28 Tage mit Temperaturen über 40 Grad Celsius, aber sie lieferten immer noch großartige Ergebnisse", sagt Lucile Dijkstra, Betriebsleiterin von La Tour Carnet. Ihrer Meinung nach müssen die Grands Crus die treibende Kraft hinter der Forschung sein, um allen Winzern zu helfen, sich an das Klima anpassen zu können.