Die Bekaa-Ebene, ein fruchtbares Gebiet für die Landwirtschaft und historischer Standort von Weinbergen im Libanon, ist heute ein Schlachtfeld. Wenn die Winzer über ihre Weinberge blicken, schlagen mitunter gerade Bomben ein. Ans Aufgeben denke sie aber nicht, gar nicht.

Die Winzer im Bekaa-Hochland im Libanon versuchen, wenigstens einen Teil der Weinlese in mühevoller Kleinarbeit einzubringen. © Faouzi Issa

"Alles ist zerstört, aber wir werden weiterhin Wein herstellen. Es gibt nichts anderes, was wir tun können“, meint einer der Winzer und hofft, dass der eben neu aufgeflammte Krieg bald wieder vorbei ist. Die Bomben verschonen niemanden. Israel geht auch am Hochland der Bekaa-Ebene mit aller Gewalt gegen den Hizbullah vor und im Vorbeigehen auch gleich gegen die Syrer und nahe Stellungen der iranischen Revolutionsgarden, die die syrische Regierung unterstützen.

Die Winzer der Bekaa-Ebene, die sich zwischen dem Libanon und Syrien erstreckt, etwa 30 Kilometer östlich von Beirut, der historischen Wiege des libanesischen Weins, kämpfen an einer Front, die sie sich nicht ausgesucht haben; in einem Land, das vom Krieg zerrissen ist. Die Explosionen verwüsten Häuser und Keller, zerstören ganze Plantagen und Rebanlagen, bedrohen die Weinberge. Es ist nicht das erste Mal, dass der Wein in diesem Land in Trümmern überleben muss, aber die Intensität der Angriffe und die Zerstörungen, die die israelischen Luftangriffe mit sich gebracht haben und immer noch bringen, sind einzigartig.

Weinlese unter Bombenhagel

Elias Maalouf, Besitzer des Chateau Rayak, macht sich keine Illusionen. Als eine israelische Bombe seinen Keller und das angrenzende Haus verwüstete, war seine erste Reaktion reiner Instinkt: "Ich warf mich hinter eine Wand, ein großer Schuss fiel neben mir." Glücklicherweise war sein Vater, der im Keller mit der Käseherstellung beschäftigt war, unten und wurde gerettet. "Die Fenster, die Türen, alles explodierte. Und ein großer Teil des Weins wurde vernichtet."

In Rayak, einer kleinen Stadt 60 Kilometer von Beirut entfernt, ist Wein Teil der Kultur, aber heute, da der Hizbollah die Region zu einer ihrer Hochburgen gemacht hat, finden sich die Weinberge als unfreiwillige Ziele in einem Krieg wieder, der nichts mit den Menschen zu tun hat, die dort leben "Wir wussten nicht, dass das nahe gelegene Lagerhaus vom Hizbollah genutzt wird", erklärt Maalouf, "aber wenn die Waffen explodieren, ist der Schaden doppelt so groß." Die Winzer wollen nichts zu tun haben mit dem radikalislamistischen Hizbullah und mit der rücksichtslos bombenden israelischen Armee. Sie wollen in Ruhe leben und ihre Weinberge bestellen.

Ein Tal im Belagerungszustand

Winzer Faouzi Issa von der Domaine des Tourelles, einem weiteren Weingut im Tal, beklagt gegenüber dem britischen Fachmagazin Wine Searcher: "Wir haben den Zugang zu den meisten unserer Trauben und Reben verloren, die Straßen sind zerbombt, alle Märkte sind geschlossen. Unser Leben und das unserer Mitarbeiter ist ständig in akuter Gefahr.“ Wenn Faouzi Issa aus dem Fenster blickt über einen Teil seiner Weinberge, kann es sein, dass gerade wieder eine israelische Bombe in einem gewaltigen Feuerball detoniert. Die Wucht der eingesetzten Waffen ist verheerend.

Die Erfahrung des Krieges und der Umgang damit ist bereits Teil der DNA vieler libanesischer Winzer. Ähnliche Konflikte hatten sie schon im Jahr 2006 und sogar während des Bürgerkriegs in den 1970er-Jahren zu erleiden. Aber jedesmal ist es irgendwie weiter gegangen, wenn auch oft unter Lebensgefahr.

Château Musar, einer der berühmtesten Namen in der libanesischen Weinbranche, hat den Export seiner Weine zu einem Leuchtturm für die libanesische Weinkultur gemacht. "Wir haben die Ernte vor den Luftangriffen abgeschlossen", sagt Gaston Hochar Junior, der Besitzer, der die Bedrohung nicht nur physischer Natur sieht: "Das psychische Trauma für unsere Arbeiter ist immens; so können wir nicht lange weitermachen."

Quellen: Wine Searcher; Gambero Rosso