Sobald die Temperaturen zu steigen beginnen, je nach Weinregion in der Regel zwischen Februar und März, zirkuliert der Saft nach der Winterruhe wieder in den Reben. Ausgelöst wird diese Bewegung durch steigende Temperaturen und längere Tage, die den Wurzeldruck aktivieren. Dann weinen die Reben.

Nach dem Beschneiden der Rebe tritt Weinen auf. Beim Abschneiden der Triebe steigt der Saft auf und fließt in Form von durchscheinenden Tröpfchen durch die Schnittwunden. Entgegen der landläufigen Meinung sind diese "Tränen" für die Pflanze kein Zeichen des Leidens, sondern vielmehr die Manifestation eines natürlichen Heilungsmechanismus.

Reich an Mineralien und organischen Säuren, spielen diese Tröpfchen eine grundlegende Rolle für den Schutz und die Gesundheit der Rebe. Der Saft, der fließt, enthält Nährstoffe, die die Wundheilung fördern und einigen Pilzinfektionen vorbeugen. Dieses Phänomen markiert auch das Ende der Winterruhe und den Beginn des vegetativen Zyklus, der rund ein halbes Jahr später in der Ernte seinen Höhepunkt erreichen wird.

Für die Winzer ist das Auftreten von Weinen ein wichtiges Signal. Er zeigt an, dass die Rebe bereit für die nächste Phase ihrer Entwicklung ist: den Knospenbruch, das ist das Aufblühen der Knospen. Es ist auch eine wichtige Zeit, um auf Spätfröste zu achten, die die zukünftige Ernte beeinträchtigen könnten. Die Tränen der Rebe erinnern daran, wie sehr die Rebe ein lebendiger Organismus ist, sensibel für die Zyklen der Natur.