Von der einst führenden österreichischen Rotweinsorte zu einer ein Nischendasein fristenden Rarität, das war der Werdegang des Blauen Portugiesers in den letzten Jahrzehnten. Vinaria hat die aktuellen Produkte der „letzten Mohikaner“ unter den österreichischen Rotweinwinzern unter die Lupe genommen.

Tatsächlich war der Portugieser lange Zeit Österreichs Rotweinrebe Nummer eins, bevor er zunächst vom Zweigelt und gegen Ende des vorigen Jahrhunderts auch vom Blaufränkischen überholt wurde. Heute nimmt er mit einer Anbaufläche von 483 Hektar nur mehr 1,1 Prozent der österreichischen Rebfläche in Anspruch, wovon wiederum 99 Prozent in Niederösterreich gelegen sind.

So wie anno dazumal, befinden sich die meisten Portugieser-Weingärten in der Thermenregion sowie rund um Retz und im Pulkautal. Früher wurden aus dieser „workhorse grape“, wie sie Jancis Robinson umschreibt, im Regelfall recht anspruchslose hellrote Tropfen mit geringem Extraktgehalt und sehr wenig Tannin gekeltert, die überwiegend jung getrunken wurden.

Freilich gab es immer schon löbliche Ausnahmen, die sich aufgrund reduzierten Ertrages als dunkle, kraftvolle wie harmonische Gewächse erwiesen. Dazu zählten etwa die bemerkenswerten Weine des Haugsdorfer Paradewinzers Josef Lust sen., allen voran sein legendärer 1969er. Oder in jüngerer Vergangenheit der 1992er von Christian Fischer aus Sooß und der 2003er von Wolfgang Pöltl aus Leobersdorf.

Anfällig gegenüber Frost, Botrytis und Krankheiten

Zum rasanten Niedergang der Rebsorte mag entscheidend beigetragen haben, dass ihre großen Beeren sehr anfällig gegenüber Spätfrösten sowie Botrytis, Peronospora, Oidium und Esca sind. Zur Herkunft des Portugiesers gab es die in Österreich gängige Erzählung, wonach dieser im Jahre 1772 vom Freiherrn von Fries aus Portugal eingeführt und in seinen Weinbergen in Bad Vöslau angepflanzt wurde. Jüngste Abgleichungen von DNA-Profilen haben diese Hypothese freilich in das Reich der Legenden verwiesen und die Herkunft mit großer Wahrscheinlichkeit in Österreich verortet.

Die größten Anbauflächen dieser Rebsorte befinden sich gegenwärtig in Deutschland, vor allem in Rheinhessen und der Pfalz, wo daraus vorwiegend Weißherbst (Rosé) gekeltert wird. Größere Anpflanzungen finden sich auch in Ungarn, vor allem in Villány und Eger, wo der Kékoportó auch Bestandteil der traditionellen Egri Bikavér-Cuvée ist, kleinere etwa in Tschechien und der Slowakei.

Schöne Überraschungen, spärliche Höhepunkte

Zu den angenehmen Überraschungen der Verkostung zählte zweifellos die Erkenntnis, dass Blaue Portugieser mit einigem Volumen aus guten Jahrgängen auch über einige Lagerfähigkeit verfügen. Wenig überraschend war hingegen die vorhersehbare Feststellung, dass die Untermalung mit Fassholz nach der Devise „weniger ist mehr“ sehr behutsam erfolgen sollte, um die zarte Erdbeer- und Kirschfrucht, zuweilen gepaart mit an Mandeln, Eisenkraut und weißen Spargel gemahnenden Aromen, nicht zu sehr zu dominieren.

Überraschend kam, dass aus dem halben Dutzend der Besten nur zwei den beiden jüngsten Jahrgängen angehörten. Aus 2022 war dies der feinmaschige, vor Erdbeer- und Himbeerfrucht quasi überquellende Portugieser des uns bislang weniger bekannten Weingutes Petricek aus Unternalb bei Retz. Auch der zweite gefällige Jungwein kam aus dem nordwestlichen Weinviertel, genauer gesagt dem Pulkautal, allerdings von einem alten Bekannten in Gestalt von Norbert Bauer aus Jetzelsdorf, dessen 2021er Sandstein sich sehr dunkelbeerig und pikant, ja sogar noch recht reduktiv gab.

Prachtexemplare an der Spitze der Verkostung

Apropos alte Bekannte: Dazu zählt sicher auch Christoph Bauer, der uns bislang vor allem für untadelige Veltliner und Zweigelt ein Begriff war. Diesmal überzeugte unter anderem sein mehr als kraftvoller, dunkelbeeriger 2015er, den bloß eine gewisse Überdosis an Fassholz daran hinderte, eine noch höhere Wertung zu erreichen. Sehr attraktiv, wenn auch schon eine Spur oxidativ, präsentierte sich der von ihm für Herrn Baumann bereitete 2013er Quantum, der beachtlichen Körper mit Zwetschkenfrucht und sogar merklicher Tanninfülle verband und vermutlich vor ein paar Jahren kaum zu übertreffen gewesen wäre.

Die ganz große Überraschung realisierte allerdings ein anderer Produzent aus dem Weichbild der alten Weinstadt Retz, nämlich das Weingut Honsig aus Platt. Schon der an reife Erdbeeren erinnernde, saftige und vitale 2019er hat für uneingeschränktes Trinkvergnügen gesorgt, wurde aber noch vom Besten der Show in Form des Blauen Portugiesers Ried Kirchleiten aus dem Jahrgang 2017(!) um ein Quäntchen übertroffen: Holunder und Rhabarber, verbunden mit kühler Aromatik und perfektem Holzeinsatz ergaben einen Portugieser, der Harmonie mit Standfestigkeit vereinte.

 

Topliste Blauer Portugieser

16,3 Weingut Honsig 2017 Blauer Portugieser Riede Kirchleiten NÖ
16,2 Quantum Winery 2013 Blauer Portugieser Quantum Americana No. 17 Der Herr Baumann Ö
16,1 Weingut Christoph Bauer 2015 Blauer Portugieser Privat WL
16,0 Weingut Petricek 2022 Blauer Portugieser NÖ
16,0 Weingut Honsig 2019 Blauer Portugieser NÖ
15,8 Weingut Norbert Bauer 2021 Blauer Portugieser Sandstein NÖ
15,5 Bioweinbau Familie Graf 2021 Blauer Portugieser NÖ          
15,4 Bioweinbau Familie Graf 2022 Blauer Portugieser NÖ          
15,3 Weingut Weinwurm 2021 Blauer Portugieser Ried Schilling NÖ
15,2 Seymann 2019 Rakatei Alte Reben Blauer Portugieser NÖ

 

Abo bestellen - Die gesamte Reportage, ausführliche Kostnotizen und alle Interviews finden Sie in der Ausgabe Vinaria 05/2023. Bestellen Sie Vinaria jetzt einfach & bequem zum Erscheinungstermin nach Hause. Das Jahresabo Vinaria mit 8 Ausgaben pro Jahr inklusive dem großen Weinguide Österreich ist um € 69,00 (EU-Ausland € 89,00) erhältlich. Jetzt im Vinaria Abo-Shop bestellen.

Thomas Honsig © Weingut Honsig
Christoph und Heidi Bauer © Astrid Bartl
Michael Petricek © Weingut Petricek
Starke Familie: Ilse, Johannes, Martha, Johann, Katharina und Johannes Graf jun. © Weinbau Familie Graf
Lisa und Georg Weinwurm © Weingut Weinwurm
Blick auf die Kirche von Platt im Weinviertel. © ÖWM / WSNA