Steirischer Sekt hat im In- und Ausland viel Potenzial und Luft nach oben, darin sind sich die erfolgreichsten Sektmacher der aktuellen Vinaria Verkostung einig. Stefan Potzinger setzt auf Boden und Klima, Georg Regele auf die Sektpyramide und sein Vorbild Krug. Erich Polz wiederum voll auf Pinot Noir.

STEFAN POTZINGER

Vinaria: Ihr 1860 Brut Rosé hat sich mit Luft merklich gesteigert und an Eleganz zugelegt. Was ist der Grund dafür?

Stefan Potzinger: Vor 15 Jahren haben wir mit Brut Blanc gestartet, vor zehn Jahren mit dem Rosé-Projekt. Wir haben uns das Ziel gesetzt, Rosé-Sekt im Top-Segment zu produzieren. Der Ausbau der Grundweine erfolgt im Tank, der Ausbau der Reservechargen in gebrauchten Fässern. Unsere Vinifikation zielt auf längere Flaschenreife ab. Von der Lese bis zum Verkauf vergehen rund 40 Monate. Etwa zweieinhalb Jahre liegen die Sekte auf der Hefe. Kurz nach dem Degorgement präsentieren sie sich etwas verschlossen und brauchen einige Minuten, um sich im Glas zu öffnen.

Vinaria: Ist Sekt Ihr Steckenpferd?

Stefan Potzinger: Ja. Das hat sich neben den Stillweinen ganz leise und unauffällig so entwickelt. Wir haben frühzeitig erkannt, dass sich die Südsteiermark wegen ihres Klimas und ihrer Böden hervorragend für Sekt eignet.

Eine geringe Ausbeute – weniger als 50 Prozent Saft der Traubenmenge – ist wichtig. Für die Assemblage der Grundweine verwenden wir auch kleine Chargen älterer, besonders geeigneter Jahrgänge. Ganz bewusst ernten wir die Trauben möglichst kalt, nötigenfalls kühlen wir sie im Keller vor der Pressung. Wir beschäftigen uns intensiv mit Top-Schaumweinen am Markt und versuchen ständig dazuzulernen.

Vinaria: Die Herkunft beider Weine ist Österreich. Verzichten Sie bewusst auf die Qualitätspyramide gemäß Sekt Austria?

Stefan Potzinger: Nicht ganz. Eine Große Reserve vom Blanc de Blanc steht in den Startlöchern. Für uns ist die Sektpyramide natürlich interessant. Schon lange produzieren wir entsprechend den Vorgaben von Sekt Austria. Wir haben viel mit unterschiedlichen Lagerzeiten auf der Hefe experimentiert. Vom so gefundenen optimalen Standard wollen wir nicht abweichen. Unser Brut Blanc zum Beispiel liegt mit rund 30 Monaten auf der Hefe zwischen Reserve und Großer Reserve. Wir wollen uns hier eine gewisse Flexibilität erhalten.

Vinaria: Als Obmann von Wein Steiermark: Wie sehen Sie das Marktpotenzial steirischer Sekte?

Stefan Potzinger: Derzeit gibt es ein globales Absatzproblem für Wein. Die Steiermark ist davon aufgrund der perfekten Voraussetzungen für Weißwein noch nicht ganz so stark betroffen. Trotzdem ist Schaumwein definitiv eine große Chance für die steirischen Winzer. Hier haben wir im High-End-Bereich großes Potenzial, uns wie mit den weißen Stillweinen zu etablieren.

 

GEORG REGELE

Vinaria: Was macht Ihren Blanc de Blancs Brut Nature aus 2018 so besonders?

Georg Regele: Der Grundwein stammt aus der Ried Oberewitsch. Wir haben diesen Weingarten vor 15 Jahren gepflanzt, der Boden besteht aus kalkhaltigem Lehm, darunter befindet sich Opok. Das gibt mineralische Weine. Zugunsten von wenig Alkohol streben wir eine frühe Lese an. Den Grundwein haben wir rund ein Jahr nach der Lese versektet. Er lag viereinhalb Jahre auf der Hefe. Das führt dazu, dass wir viele Sekundäraromen vorfinden, dafür aber weniger Frucht. Wir machen immer größere Chargen mit Ausbau im großen Holz, degorgieren aber in kleinen Mengen. 

Vinaria: Welche Rolle spielt Schaumwein in Ihrem Betrieb?

Georg Regele: Schaumwein ist für uns ein Alleinstellungsmerkmal. Schon 1953 hat mein Vater begonnen, Sekt zu machen. Es war damals eine Tankvergärung, wie wir sie auch heute noch zum Teil anwenden. Im Jahr 2004 habe ich meinen ersten Sekt mit Flaschengärung vinifiziert. Dieses Produkt war von Anfang an erfolgreich, also habe ich weitergemacht. Im Rahmen einer Verkostung hat mich ein Champagner von Krug beeindruckt. Der hatte eine dezente Holznote und wenig Alkohol. Das hat meinen Stil geprägt. Wenig Alkohol und langes Hefelager sind eine tolle Kombination für Substanz, Finesse und Vielschichtigkeit. 

Vinaria: Erlebt steirischer Sekt einen Boom? 

Georg Regele: Ich glaube, dass steirischer Sekt stark zulegen wird. Im Sektkomitee haben wir über einige Neuerungen nachgedacht und diese beschlossen. Die Steiermark ist dank ihres kühlen Klimas und des späteren Austriebs nebst den guten Lagen prädestiniert für Schaumwein. Die Sektpyramide entwickelt sich zum Unique Selling Point. Es ist unser Ziel, dass die Gäste in gehobenen Restaurants Sekt Austria bestellen anstatt Pendants aus der Champagne oder Italien. 

 

ERICH Polz jun.

Vinaria: Ihr Rosé Naturherb Große Reserve aus 2017 hat sich in der Verkostung als überraschend jugendlicher Sekt präsentiert. Worauf führen Sie das zurück?

Erich Polz: Entscheidend ist der große Anteil Pinot Noir, der fast zur Gänze in diesem Wein enthalten ist. Unsere Parzellen für diese Rebsorte sind sehr kühl und damit für Sekt prädestiniert. Die Säurestruktur und der Boden passen. Zudem war 2017 ein sehr elegantes Jahr. Pinot Noir verwenden wir fast nur noch für Sekt. Wir wollen physiologische Reife bei geringen Zuckergradationen.

Vinaria: Was unterscheidet den 2017er Rosé vom gleichalten Morillon Naturherb Große Reserve, der sich deutlich gereifter präsentierte?

Erich Polz: Für Rosé-Sekt verwenden wir ausschließlich Stahltanks ohne biologischen Säureabbau. Der Morillon hatte zwar auch keinen BSA, aber er lag ein Jahr im großen Holzfass. Dazu kommt, dass Chardonnay als Rebsorte schon einen gewissen Reifecharakter mit sich bringt. Da ist der Ausbau zweitrangig.

Vinaria: Welche Rolle spielen Schaumweine in Ihrem Betrieb?

Erich Polz: Eine große, was vielleicht für Überraschung sorgt. Wir machen schon 15 Jahre lang Schaumwein. Mit der neuen Linie „Erich Polz jun.“ setzen wir diese Thematik noch konsequenter um. Wir widmen den Grundweinen noch mehr Aufmerksamkeit. Schaumwein stellt eine wertvolle Ergänzung unseres Portfolios dar.

 

Topliste Steirische Sekte

17,3Weingut Potzinger1860 Brut Rosé Ö
17,2Weingut Regele2018 Blanc de Blancs Brut Nature Stmk. g.U.
17,1Weingut Polz2017 Rosé Naturherb Große Reserve Stmk. g.U.
16,9Weingut Krispel – Eruption2020 Brut Reserve Stmk. g.U.
16,7Landesweingut SilberbergSilberberg brut Reserve Stmk. g.U.
16,7Weingut Potzinger1860 Brut Blanc Ö

 

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Franz und Georg Regele © Weingut Regele
Erich Polz jun. © Philipp Horak