Qualitätspyramiden, die nach Herkünften gegliedert sind, haben in der Weinwelt eine lange Tradition. Die Ortsweine stehen oft zu Unrecht im Schatten der Riedenweine, gewinnen aber zusehends an Beliebtheit und Bedeutung.

Die Weinpyramide am Beispiel der Steiermark: Die Ortsweine sind „Botschafter mit Herkunfts-Charakter“ und bilden den wichtigen Mittelbau der Pyramide, zwischen Gebiets- und Riedenweinen. © Wein Steiermark

Das zeigte auch die Vinaria Messe WEIN & GENUSS Linz Mitte Februar. Sehr viele der 200 Winzer hatten Ortsweine im Gepäck, die sich durchwegs von früheren Ausgaben durch ausgezeichnete Qualitäten unterschieden. Das Vinaria Weinwissen nahm sich zuletzt der Ortsweine an und erläutert dazu alle Details und deren Werdegang.

Alles Begann im Burgund

Im französischen Burgund haben Zisterziensermönche bereits im Mittelalter Weinrieden klassifiziert. Im Jahr 1855 publizierte Jules Lavalle das naturwissenschaftliche Werk „Histoire et statistique de la vigne et des grands vins de la Côte-d’Or“. Sechs Jahre später stellte Lavalle auf der Basis dieses Buches die erste systematische Klassifikation von Weinrieden vor. 1862 wurde das Regelwerk anlässlich der Weltausstellung in London präsentiert. In etwas abgeänderter Form wurde diese Systematik im Jahr 1936 von der Landwirtschaftsbehörde in Beaune anerkannt und weitgehend in die AOC-Klassifikation der INAO (Institut national de l’origine et de la qualité) überführt. AOC steht für „Appellation d‘origine contrôlée“, also für kontrollierte Herkunft.

Die Idee, Weine nach ihrer Herkunft zu bewerten, fand in anderen Weinbaugebieten Europas Anklang. So basieren die Klassifikation des VDP in Deutschland oder die DAC-Regeln in einigen Weinbaugebieten Österreichs auf diesen Überlegungen.

Qualitätspyramiden auf der Grundlage von Herkünften

Die Klassifikation in Burgund stellt die Blaupause für andernorts eingeführte Qualitätspyramiden auf der Grundlage von Herkünften dar. Die Basis bilden regionale Appellationen wie Côte de Beaune, Hautes-Côtes de Beaune, Côte Chalonnaise, Mâconnais, Chablis oder Côte de Nuits, um nur einige zu nennen.

Eine Stufe darüber angesiedelt sind die Ortsweine „Village“. Hier kann auch eine Lage angeführt werden, die maximale Ertragsmenge liegt bei 50 Hektoliter pro Hektar. Es folgt Premier Cru, die zweithöchste Stufe in der Pyramide. An der Côte-d’Or darf der Ertrag bei Rotwein 40 Hektoliter pro Hektar (hl/ha) nicht überschreiten, bei Weißwein sind 45 Hektoliter zulässig.

Die Spitze bilden die Großen Gewächse, die Grand Crus. Das Ertragslimit liegt bei Rotwein von der Côte-d’Or zwischen 35 und 37 hl/ha, Weißwein ist mit 

40 hl/ha limitiert. Wie bei Premier Cru ist eine Überschreitung um 20 Prozent zulässig. Die Palette der Rebsorten ist überschaubar: Rotweine werden aus Pinot Noir und Gamay gekeltert, Weißweine aus Chardonnay und Aligoté. Zugelassen, aber seltener verwendet werden Pinot Gris und Pinot Blanc. Der Fokus liegt auf dem Terroir, also der Gesamtheit der Faktoren, welche einen Weinberg kennzeichnen, primär Boden und Mikroklima. 

In Zeiten explodierender Preise für Burgunder aus Einzellagen werden Ortsweine zunehmend interessant. Sie können hohe Qualität liefern, ohne den Kostenrahmen zu sprengen. Dass die Suche danach etwas aufwendig sein kann, ist logisch, zahlt sich aber fast immer aus.

Ortsweine der Prädikatsweingüter in Deutschland

Die Prädikatsweingüter in Deutschland, kurz VDP, haben schon vor vielen Jahren eine Qualitätspyramide nach Herkunft eingeführt. Die Basis bilden die Gutsweine, darüber sind die Ortsweine angesiedelt. Die Spitze ist den Ersten Lagen und den Großen Lagen vorbehalten. Ortsweine stammen aus den besten Weinbergen innerhalb eines Ortes, das heißt es handelt sich meist um Riedencuvées. Die Herkunft ist enger definiert als bei den Gutsweinen. Die Angabe der Riede ist nur bei Ersten Lagen und den Großen Lagen zulässig.

Österreichs Herkunftspyramide nach DAC

In den vergangenen Jahren haben die Weinbaugebiete in Österreich ein DAC-Regelwerk etabliert, das auf dem Herkunftsgedanken aufgebaut ist. Beispiele dafür sind die Südsteiermark, das Vulkanland Steiermark, Weststeiermark, die Wachau oder das Weinbaugebiet Wagram, zuletzt die Thermenregion. Die Basis bilden die Gebietsweine, den Mittelbau stellen die Ortsweine dar, die Spitze ist Weinen aus einzelnen Rieden vorbehalten. Derzeit wird an gesetzlichen Regelungen für Lagenklassifizierungen gearbeitet. Bisher verwendete Begriffe wie „Erste Lage“ oder „Große Lage“ sind rechtlich gesehen Markenbezeichnungen privater Zusammenschlüsse von Weingütern. Das gilt auch für die Klassifizierungen des VDP.

Am Beispiel DAC Südsteiermark

Die gesetzlichen Bestimmungen in den einzelnen DAC-Verordnungen sind ähnlich, aber nicht in jedem Fall deckungsgleich. Um den Rahmen nicht zu sprengen und im Interesse der Übersichtlichkeit, seien hier beispielhaft die Bestimmungen für DAC Südsteiermark erläutert.

In der Qualitätspyramide gelten Ortsweine als lokale Spezialitäten. Zur Prüfnummer dürfen sie ab 1. April des auf die Ernte folgenden Jahres eingereicht werden. Ab dem 1. Mai ist der Verkauf zulässig. Der Alkoholgehalt ist nicht geregelt. Der Restzucker ist mit 4 Gramm pro Liter limitiert, wobei das für Riesling und Traminer abweichend gilt, da sie der Bezeichnung „trocken“ entsprechen müssen.

Als Leitsorten für die Ortsweine Kitzeck-Sausal wurden Sauvignon Blanc und Riesling definiert. Für Eichberg, Leutschach und Gamlitz Sauvignon Blanc und Muskateller, für Ehrenhausen Sauvignon Blanc und Morillon sowie Chardonnay.

Jeder der einzelnen Orte weist einen für diese Herkunft charakteristischen Bodentyp auf. Im Sausal ist das vorwiegend Schiefer; nur vereinzelt sind Kalksteinböden im östlichen Randbereich anzutreffen. Die kristallinen Böden liefern elegante Weine mit präziser Struktur und unverkennbarer Herkunft. Geerntet wird durchschnittlich ein bis zwei Wochen später als in der restlichen Südsteiermark.

Österreichs Ortsweine näher an Rieden- als an Basisweinen

Analog dem Vorbild Burgund und VDP in Deutschland sollen Ortsweine das Terroir widerspiegeln, welches für den jeweiligen Ort charakteristisch ist. An den zulässigen Höchsterträgen in Burgund kann man erkennen, dass die Qualität deutlich näher an den Weinen aus Einzelrieden angesiedelt ist als im Bereich der Gebietsweine. Der Konsument bekommt ernsthafte Produkte, welche die Preisdifferenz zur Basis jedenfalls rechtfertigen.

Viele Winzer in Österreich haben diese Zusammenhänge erkannt und keltern Ortsweine, die sich von den Gebietsweinen qualitativ merklich abheben. Es liegt auf der Hand, dass sich dieser Aufwand preislich niederschlägt. Ähnlich dem Burgund, muss jedoch wesentlich weniger tief in die Tasche gegriffen werden als für Riedenweine.

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