„Ein Fass für mich und meine Freunde, mehr sicher nicht!“ So hörte es sich an, als der Kremser Wolfgang Wandraschek Anfang der 90er-Jahre tatsächlich sein erstes Fass mit Cabernet Sauvignon befüllte – ein gebrauchtes Barrique, das er damals von Winzerfreund Hans Igler erworben hatte.

Family Business (v. l.): Gregor, Conny, Wolfgang Wandraschek und Barbara, Gregors Partnerin © Weingut Wandraschek

Einige Jährchen zuvor war der eigene Hausweingarten mit der Sorte bepflanzt worden. Bloß ein paar Rebzeilen waren es, und dass sich der Quereinsteiger – hauptberuflich ist er Baumeister und Geschäftsführer eines Architekturbüros – in einem Weißweingebiet gleich mit Rotwein befassen wollte, noch dazu mit einer französischen Sorte, rief nicht nur Erstaunen hervor, sondern auch so manches geringschätzige Lächeln über den blauäugigen Newcomer. Dabei war die Intention des weinverliebten Architekten eine heute durchaus nachvollziehbare. „Es hat damals nur wenig guten Rotwein im Kremstal gegeben, und ich wollte beweisen, dass mehr möglich ist!“

Jungfernlese holte Sortensieg

Dass ihm das gelungen ist, wurde sehr bald offenkundig, denn der Inhalt des Fasses – die Jungfernlese 1992 vom Cabernet Sauvignon – schaffte bei einer landesweiten Prämierung den Sortensieg und war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits ausverkauft. Das schlug ein wie eine Bombe, und die Boutique-Winery Wandraschek erlebte ihre Geburtsstunde. Mittlerweile haben sich weitere Auszeichnungen eingestellt, auch im VINARIA-Guide trudelten augenblicklich Spitzenwertungen ein, und mit dem Jahrgang 2008 wurde erstmals die Höchstnote „Topwein“ vergeben.

Nie werde ich den Augenblick vergessen, als ich diesem Cabernet, heute „Grand Reserve“ genannt, zum ersten Mal begegnete – nicht im Weingut, sondern gedeckt von einem Freund im Glas gereicht. Ich war total perplex, als ich erfuhr, dass es sich um einen Wein aus dem Kremstal handelte, meine Gedanken weilten zwischen Bordeaux und Côtes du Rhône. Wie konnte ich mich nur so irren?

„Mouton Rothschild aus Krems“

Wenig später beschwor Kollege Adi Schmid den Wein als „Mouton Rothschild aus Krems“ – da war mir dann leichter. Heute beliefert man hochwertige Restaurants wie etwa das Steirereck oder das Landhaus Bacher, und den Zweiflern von einst ist längst ihre Häme vergangen.

In der Zwischenzeit hat sich natürlich vieles geändert. Die Weingartenfläche ist auf zwei Hektar angestiegen, Tendenz zunehmend, und neue Sorten wie Merlot, Syrah, Pinot Noir und Zweigelt haben längst ihren festen Platz im Sortiment eingenommen. Seit wenigen Jahren sind auch Weißweine aus Grünem Veltliner und Riesling dabei.

Produzent langlebiger Weine

Der ehemalige Keller im eigenen Haus war inzwischen viel zu klein geworden, sodass eine neue Betriebsstätte errichtet werden musste, die der Herr Architekt ganz in mediterranem Stil gestalten ließ und 2012 ihrer Bestimmung übergeben wurde. Aus dem einen Fass vom Hausweingarten sind mittlerweile 70 geworden, die in bester Qualität aus Frankreich bezogen werden und im neuen Barriquekeller lagern. In ihnen reifen die Rotweine rund zwei Jahre, anschließend werden sie unfiltriert in Flaschen gefüllt, um dann, frühestens nach weiteren 24 Monaten, auf den Markt zu kommen. Derzeit findet sich der Jahrgang 2019 in der Angebotsliste. „Wir produzieren langlebige Weine, die für viele Jahre Freude machen“, lautet das Credo.

Unterstützt wurde und wird der umtriebige Weinmacher seit jeher von seiner Frau Conny, die sich um administrative Aufgaben ebenso kümmert wie um Marketing, Verkauf und persönliche Kundenbetreuung.

Nächste Generation

Seit Kurzem weht freilich auch frischer Wind durch die Mauern des schmucken Weinguts. Sohn Gregor hat nach Absolvierung der Kremser Weinbauschule und diversen Praxiszeiten im In- und Ausland den Betrieb übernommen und, nach wie vor unterstützt vom Herrn Papa, modernisiert – sowohl den Auftritt nach außen hin als auch die Arbeit im Weingut. Er selbst sieht sich als kreativer Handwerker, der sowohl im Weingarten als auch im Keller mit überwiegend Handarbeit versucht, dem Idealbild von großen Weinen möglichst nahe zu kommen.

Neue Etiketten wurden kreiert, die ursprünglich verwendeten französischen Bezeichnungen sind den hierzulande gepflogenen Angaben gewichen, und der Junior hat Weißweine eingebracht. Grüner Veltliner und Riesling in jeweils zwei Ausführungen machen immerhin 20 % des kompletten Portfolios aus. Geplant ist eine weitere Ausweitung der Weinflächen und, damit verbunden, eine Intensivierung der Marketingaktivitäten.

Rotwein-Pionier für das Kremstal

Erfolgsstorys schreibt bekanntlich das Leben – und nur allzu oft ähneln sie einander. Zuerst ist da nichts anderes als die Vision eines von anderen belächelten Outsiders, die freilich in der Folge durch kompromisslos penible und aufwendige Arbeit in Weingarten und Keller, entsprechendem Know-how und einer an allen Ecken und Enden erkennbaren Liebe zum Produkt zur Realität wird.

Wolfgang Wandrascheks Verdienst besteht darin, dass er als Erster aufgezeigt hat, was in Sachen Rotwein im Kremstal machbar ist. Seine Weine sind voller Konzentration und Finesse, sie tragen Terroir in sich und verfügen über die Ausdauer von Langstreckenläufern.

 

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Blick in den modernen Barriquekeller samt Kunstwerk an der Wand © Weingut Wandraschek