Der Countdown läuft immer schneller bis zur Comeback-Präsentation des Guide Michelin Österreich mit der Ausgabe 2025, der ersten seit 16 Jahren. Ein umfassender Vinaria Check lotet die Sternechancen aus und prognostiziert die Wahrscheinlichkeit eines 3. Sterns für das Salzburger Toprestaurant Ikarus.

Das gigantische Glasdach des Hangar 7 am Flughafen in Salzburg prägt die Ausblicke vom Spitzenrestaurant Ikarus. © Hangar 7

Die Prognose stützt sich auf eine Reihe von Fakten: das Ikarus-Team unter Hangar 7-Executive Chef Martin Klein (48) hat schon mehrfach seit 2015 seine beiden Sterne verteidigt und kocht in Hochform, so gut wie nie zuvor. Der Chef ist gebürtiger Straßburger, lebt schon lange in Salzburg und ist verheirateter Vater eines siebenjährigen Sohns. Im Hangar 7 – gegründet von Dietrich Mateschitz - ist er seit der Eröffnung vor 22 Jahren dabei.

Nicht das unique Konzept mit den Gastköchen, mit dem ein Teil des Jahres im Ikarus bespielt wird, sollte die Inspektoren des Guide Michelin beeindrucken, sondern die absolut konstante Küchenleistung von Klein & Co auf beständig höchstem Niveau.

Das Ikarus ist konstant in absoluter Spitzenform

Ikarus-Stammgäste sind sich sicher: in den Monaten ohne Gastkoch-Menü ist die Küchenleistung mitunter noch ein Quentchen höher. Aber auch das Gastkoch-Konzept fordert die Mannschaft von Martin Klein in allen Belangen: der jeweilige Gastkoch ist selbst nur am ersten Abend zu Gast, schult das Ikarus-Team auf sein Signature-Gericht quasi ein. Den Rest des Monats kocht alleine die Ikarus-Küche das aufwendige Gastmenü – eine ganz besondere Herausforderung.

Kurzum die permanente Küchenleistung auf höchstem Niveau prädestiniert das Ikarus für 3 Sterne in der Michelin-Comeback Ausgabe für Österreich 2025, dem ersten Guide für die Alpenrepublik seit dem damals letzten im Jahr 2009. Alleine dieses Comeback wäre ein ausgezeichneter Anlass, Österreichs Kulinarik mit einem zweiten Dreisterne-Restaurant zu adeln. Das erste betreibt Juan Amador in Wien, mit 3 Sternen seit dem Jahr 2019. Amador hatte davor schon jahrelang 3 Sterne in Deutschland, hat seinen Kochstil und teilweise auch die Gerichte über all die Jahre ident gehalten. Er wird die 3 Sterne mit Sicherheit verteidigen.

Eher dem Zufall geschuldet und nichts mit der Küchenleistung des Ikarus zu tun hat die Tatsache, das der Comeback-Guide Michelin für Österreich am 21. Jänner 2025 just im Hangar 7 in Salzburg präsentiert werden wird, im Rahmen einer großen Gala. Salzburg wurde offenbar gewählt, weil es neben Wien die internationale Visitenkarte Österreich ist und sich Wien an der Comeback-Finanzierung des Guide Michelin für Österreich nicht beteiligt hat. Dafür berappen die acht anderen Landes-Tourismusorganisationen und die Österreich Werbung jährlich 600.000 Euro, der Vertrag läuft auf drei Jahre mit Verlängerungsoption.

Rundschau in die Bundesländer

Vinaria hat die Restaurant-Szene in allen Bundesländern unter die Lupe genommen, Testberichte – unter anderem von Gault&Millau – sowie Gästebewertungen analysiert und wagt eine Michelin-Prognose für alle Bundesländer.

WIEN

Wien war bis vor zwei Jahren im Michelin Guide der Gourmethauptstädte Europas (Main Cities of Europe) berücksichtigt, die Restaurants haben daher weitgehend aktuelle Bewertungen. Juan Amador, Österreichs bis dato einziger 3-Sterne-Chef, wird seine Höchstbewertung verteidigen; es hat sich bei ihm zu den Vorjahren nichts geändert. Bei den 2-Sterne-Restaurants in Wien ist tendenziell keine Veränderung zu erwarten: Steirereck, Silvio Nickol im Palais Coburg, Konstantin Filippou und Mraz & Sohn werden ihre Auszeichnungen wohl verteidigen. Für den 3-Sterne-Olymp kommt am ehesten Konstantin Filippou in Frage, es wird aber noch etwas dauern. Unter den derzeit sieben Restaurants mit je einem Stern dürfte keines aufgewertet werden. Überraschende Neuzugänge mit einem Stern sind bei Michelin immer drinnen, vor allem zu einem derart markanten Anlass wie dem Österreich Comeback.

NIEDERÖSTERREICH

Hier kocht einer der mit Sicherheit besten Chefs Europas, Thomas Dorfer im Landhaus Bacher in der Wachau. Er war – zusammen mit seiner legendären Schwiegermama Lisl Wagner-Bacher – schon bis 2009 mit 2 Sternen ausgezeichnet und sollten ihm diese am 21. Jänner logischer Weise wieder verliehen werden. Dorfer ist in weiterer Folge jedenfalls ein Kandidat für 3 Sterne. Er gilt als einer der tüchtigsten Köche überhaupt: wegen seiner Küchenkünste, aber auch wegen des enormen Aufwands, den seine ständig vier(!) Menüs, davon immer eines vegetarisch, erfordern. Gäste können nach Herzenslust Gerichte aus den Menüs tauschen, jedes Gericht gibt es auch á la carte.

Fixstarter für einen Michelin-Stern ist Roland Huber mit seinem Esslokal in Hadersdorf am Kamp (Niederösterreich), der im Vorjahr seine Küchenline der asiatischen Elemente entkleidet und in Richtung Fixmenü mit eher französischem Touch geändert hatte. Der bereits mit 4 Hauben ausgezeichnete Chef erkochte vor seiner Verselbständigung in Hadersdorf dem Wiener Le Ciel im Grand Hotel schon einen Stern. Eines Sterns würdig (aber möglicherweise noch zu früh) sind die Hofmeisterei Hirtzberger in der Wachau und das Triad von Uwe Machreich in der Buckligen Welt, ein Bib Gourmand für ausgezeichnete und preiswerte Küche sollte beiden sicher sein. Kandidaten dafür sind wohl auch Josef Floh in Langenlebarn, Michael Kolm im Waldviertel, das Goldene Bründl im südlichen Weinviertel und Michael Nährer in Rassing bei St. Pölten; eventuell auch Florian Fritz im Landgasthaus Thallern in Gumpoldskirchen, Hans-Jörg Hinterleitner im südlichen Waldviertel und der Bärenwirt in Petzenkirchen. Weitere Überraschungen nicht ausgeschlossen.

BURGENLAND

Die kulinarische Spitze im Burgenland ist überschaubar. Einen Stern verdient jedenfalls Alain Weissgärber im Taubenkobel in Schützen am Leithagebirge, eher werden dem Koch des Jahres 2024 sogar 2 Sterne winken. Diese hatte bereits sein Vorgänger und Schwiegervater Walter Eselböck bis 2009, der sich selbst gerne auch nah am dritten Stern sah. Einen Stern verdient Max Stiegl im nahen Purbach; zu hoffen bleibt, dass sich die Michelin-Inspektoren – so nennen sich die Tester der roten Bibel selbst – von seiner radikal bodenständigen, auch den Innereien huldigenden Küche überzeugen ließen.

Einen Bib Gourmand sollte es im Südburgenland geben, besser deren zwei: in Wachter Wieslers Ratschen und bei Jürgen Csencsits. Ebenso würdig für den Bib sind nach Meinung von Vinaria das Hofgassl in Rust, Birgirt Braunsteins Paulis Stuben in Purbach und die Blaue Gans in Weiden, um nur einige zu nennen.

STEIERMARK

In der Grünen Mark hat sich kulinarisch viel getan, dem sollte auch Michelin Rechnung tragen. Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit, eine Auswahl hochwertiger Adressen samt Einschätzung: Ein Stern fix sollte der Geiger Alm des Ehepaars Utassy in Altausee im Salzkammergut sein, zuletzt bereits mit 4 Hauben ausgezeichnet. Diesen könnten eventuell auch die Geschwister Rauch in Trautmannsdorf holen, die Goldenen Birn in Graz oder Harald Irka im Pfarrhof in St. Andrä im Sausal. Bib Gourmands sollte es für die Steiermark in größerer Zahl geben: Schlosskeller am Seggauberg in Leibnitz, Weinbank in Ehrenhausen, Sattlerhof in Gamlitz, Didi Dorner im Magnolia in Graz, das Steirereck am Pogusch und der Lurgbauer in Mariazell – allesamt auch für eine Sterne-Überraschung gut.

Weitere Bibs sollten winken: dem vietnamesischen Vina in Graz, dem Wirtshaus Maitz in Ehrenhausen, dem Fischrestaurant Kulmer in Birkfeld, Lilli & Jojo in Glanz an der Weinstraße (Joachim Gradwohl), dem Genusstheater Krispel in Straden und dem Restaurant im Hotel Pierer auf der Teichalm.

KÄRNTEN

Absolut Sterne verdächtig sind die Nummer 1 vom Wörthersee, Hubert Wallner und Hannes Müller von der Forelle am Weißensee, aktueller Koch des Jahres 2025; eventuell auch das Fischrestaurant Sicher in Tainach. Einige Bib Gourmands dürften Restaurants winken, die bereits jetzt mit 3 Hauben ausgezeichnet sind.

OBERÖSTERREICH

Fixstarter in der Sterne-Abteilung ist wohl das Bootshaus am Traunsee der Familie Gröller mit Küchenchef Lukas Nagl. Des Sterns würdig auch wäre Philipp Rachinger in seinem Mühltalhof. Das Tanglberg in Vorchdorf (Max Schellerer), Holzpoldl in Lichtenberg bei Linz (Manuel Grabner), Waldschänke in Grieskirchen (Familie Grabner) und das Göttfried in Linz sind für eine Überraschung gut, müssen in der ersten Ausgabe des Guide Michelin Österreich aber wahrscheinlich mit einem Bib Gourmand Vorlieb nehmen. Diesen nicht geben wird es für einige durchaus höher dekorierte Restaurants vor allem in Linz, deren Preisgefüge allerdings an der Oberkante kratzt.

SALZBURG

Neben dem für 3 Sterne verdächtigen Ikarus ist die Mozartstadt von Michelin durchaus aktuell getestet, zumal die Stadt Salzburg bis vor zwei Jahren ebenfalls Unterschlupf im Guide Michelin Main Cities of Europe fand. Senns Restaurant wird seine beiden Sterne wohl verteidigen, ebenso die Einsterner Glass Garden, Esszimmer und Pfefferschiff in Hallwang.

Im Salzburger Land präsentiert sich die Situation durchwachsen. Fixstarter für 2 Sterne sind die Brüder Obauer in Werfen, die diese Auszeichnung auch schon bis 2009 führen durften. Ein Stern winken wird wohl Andreas Döllerer in Golling (plus ein Bib Gourmand für sein Wirtshaus), seriöse Anwärter darauf sind Vitus Winkler in St. Veit im Pongau und der Kirchenwirt im Gourmetdorf Leogang (Hans-Jörg Unterrainer). Einige Bib Gourmands sollten an Restaurants der 3- und 4-Hauben-Kategorien wandern.

TIROL

Hochkarätige Sterne-Anwärter sind jedenfalls das Stüva in Ischgl (Benjamin Parth) und der Schwarze Adler in Hall bei Innsbruck, wo Starkoch Johannes Nuding das elterliche Gasthaus übernommen und neu positioniert hatte. Nuding kochte davor in Londoner Edelviertel Mayfair im „Sketch – The Lecture Room and Library“ auf 3 Sterne, das Lokal gehört Weltstar Pierre Gagnaire, Nudings Mentor. Sowas bleibt Michelin nicht verborgen.

Weitere zum Beispiel mit Hauben hoch dekorierte Hotel-Restaurants sind meist alpin-rustikal, edel, von barocker Gemütlichkeit und wahrscheinlich nicht auf der Shortlist der Sterne; für einen Bib Gourmand wiederum sind diese Häuser schlicht zu teuer. Das gilt im übrigen auch für den einen oder anderen Kandidaten in und um Kitzbühel.

VORARLBERG

Im Gourmetdorf Lech gelten als Sternekandidaten die Griggeler Stuba im Burg Vital Resort der Familie Lucian in Oberlech sowie der Chef’s Table in der Roten Wand im Ortsteil Zug (Julian Stieger). Außenseiterchancen eingeräumt werden etwa Jakob & Ethel in Kösterle oder Weiss in Bregenz, wo mit Milena Broger eine der besten Köchinnen Österreichs zu Werke geht. Für etliche andere, durchwegs gute Hotelrestaurants in den Edel-Skiorten gilt selbiges wie in Tirol.

Martin Klein ist seit Eröffnung im Hangar 7 und dem Ikarus an Bord, mit kurzer Unterbrechung seit 22 Jahren. Der Executive Chef gilt als Mastermind hinter dem Spitzenrestaurant und seinem großartigen Küchenteam. © Ikarus, Helge Kirchberger
Martin Ebert ist unter der Regie von Martin Klein der erfahrene Küchenchef im Ikarus. © Ikarus
© Guide Michelin
Gwendal Poullennec, Internationaler Direktor des Guide Michelin © Guide Michelin