Vinaria Weinanwalt Clemens Limberg wurde bei einem sogenannten „Nobel-Italiener“ (eigentlich weder „nobel“ noch authentischer Italiener; eine Verkettung unglücklicher Umstände führte ihn dorthin) Zeuge eines ungewöhnlichen Vorfalls am Nachbartisch. Es ging um Stoppelgeld.

Eine Runde von vier Mädels - die ein wenig an den „Sex and the City“-Cast erinnerten - wollten partout einen Natural Wine trinken. Da sich auf der Weinkarte aber kein einziger auch nur halbwegs alternativer Wein fand, hatten sie eine entsprechende Flasche mitgebracht und wollten diese gegen entsprechendes Stoppelgeld im Lokal konsumieren.

So weit ist es noch nicht ganz ungewöhnlich, auch wenn die Lokale, die keinerlei Naturweine im Angebot haben, langsam weniger werden. Insbesondere aber eine mitgebrachte Flasche gegen Gebühr (und Trinkgeld), also Stoppelgeld, in einem Lokal zu konsumieren ist nicht unüblich, wie der Autor dieser Zeilen aus eigener langjähriger Erfahrung bestätigen kann.

Nun aber die überraschende Wende, die Charlotte aus der Mädelsrunde fast zum Explodieren brachte: Die Kellner weigerten sich, die mitgebrachte Flasche auszuschenken und begründeten dies mit einer entsprechenden Weisung des Restaurantleiters. Selbst die Zusicherung, eine Flasche Wein von der Weinkarte zu kaufen und zu zahlen, aber statt derer die eigene zu trinken, wurde abgewiesen. Der Naturwein wurde also mit Lokalverbot belegt – zu Recht?

„Gibt der Wirt dem Wein Verbot, so ist er wohl ein Vollidiot“

Nun, abgesehen von der Absurdität und Kundenfeindlichkeit der Situation, hat das Lokal meines Erachtens auch juristisch inkorrekt gehandelt, denn: Grundsätzlich hat der Gastwirt gegenüber seinem Gast gewisse Nebenleistungs- sowie Schutz- und Sorgfaltspflichten. Aus diesen wird - ohne besondere vertragliche Vereinbarung - insgesamt abzuleiten sein, dass der Gast die Infrastruktur des Lokals so weit nutzen darf, als es nicht für den Betreiber oder andere Gäste nachteilig ist. Ein Nachteil für Gastwirt oder andere Gäste war in concreto sicherlich nicht gegeben, wurde doch sogar angeboten, nicht nur ein Stoppelgeld, sondern sogar eine ganze Flasche zu zahlen, ohne sie zu trinken; also Deckungsbeitrag = Marge von 100 Prozent.

Selbst wenn man annehmen würde, dass der Gastwirt Naturweine ablehnt und diese daher nicht in seinem Lokal getrunken haben möchte, müsste dies einerseits im Voraus vereinbart werden (etwa in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) und würde andererseits einer inhaltlichen Rechtfertigung bedürfen, um nicht gröblich benachteiligend und damit rechtsunwirksam zu sein. Von der juristischen Ebene abgesehen, erinnert der Vorfall aber ohnehin an eine alte Winzerregel: „Gibt der Wirt dem Wein Verbot, so ist er wohl ein Vollidiot.“

Anmerkung der Redaktion: Vinaria Weinanwalt Dr. Clemens Limberg ist Rechtsanwalt in Wien und führt die LIM-LAW Rechtsanwalts GmbH, spezialisiert unter anderem auf Immobilienrecht. Er schreibt in jeder Vinaria Ausgabe die Kolumne Weinanwalt.