Zur Vinaria Jahrgangsverkostung der Grünen Veltliner-Premium wurden mehr als 200 Weine eingereicht. Bei den 2023ern war die Wachau eine Klasse für sich. Der beste Veltliner kommt jedoch aus dem Traisental und aus kühler Lage.

Über den Jahrgang 2023 wird man in nächster Zeit noch viel reden. Denn es ist noch nicht ganz schlüssig, in welche Richtung sich die Weißweine in ihrer Reife entwickeln werden, besonders beim Grünen Veltliner. Viele Winzer sprechen zwar von einem super Jahr, mit einem Schönwetterherbst als Belohnung. Doch der Turbo-Sonnenschein zur Lese brachte den früh reifenden Veltliner ins Schwitzen. So schnell konnte man in den wärmeren Weinecken oft gar nicht schauen, wie die Reife- und Zuckergrade nach oben schossen und die Säurewerte in den Keller plumpsten.

Verantwortlich für das herbstliche T-Shirt-Wetter ist der Klimawandel, der sich im Vorjahr mit neuen Rekorden kräftig bemerkbar machte: Nach dem wärmsten September der Messgeschichte folgte, laut Aufzeichnungen der GeoSphere Austria, im Osten Österreichs der wärmste Oktober seit Messbeginn. Und mit Langenlebarn im Tullnerfeld der Hitze-Hotspot mit 30,3 Grad, gemessen am 3. Oktober 2023!

Sieben Tatsachen lassen sich aus dem Verkostungsergebnis herauslesen und -schmecken:

  • An der Spitze, da geht die Post ab – mit finessenreichen, spannungsgeladenen Veltlinern, die 2023 als Super-Jahrgang rechtfertigen. Doch diese Spitze an Fünf-Sternen-Weinen ist diesmal dünn gesät.
  • Dafür gibt es eine breite Mitte an gerundeten, zugänglichen Weinen, bei denen das unmittelbare Trinkvergnügen die Attraktivität ist.
  • Die Säurewerte sind generell moderat bis sehr niedrig, was durchaus viele Weingenießer als angenehm empfinden. Die Spannung ist aus diesen Weinen aber oft draußen, und ein Empfinden für Langlebigkeit solcher Weine ist dadurch gering.
  • Statt Würze tragen viele Weine auch eine zartbittere Gerbstoff-Komponente in sich, die diese Veltliner dann oft schlanker, geradlinig und etwas rustikaler erscheinen lassen.
  • Kühl sticht warm: Das Ranking der besten Grünen Veltliner wird diesmal von Weinen bestimmt, dessen Trauben in Cool-Climate-Gebieten oder -Weinlagen gewachsen sind. Dabei sticht die Wachau hervor, die in den Top Ten acht(!) Weinplätze belegt – und alle acht, aus der oberen und mittleren Wachau, zwischen Spitz und Weißenkirchen.
  • Stein sticht Löss: Auch der Boden machte im Jahr 2023 augenscheinlich einen Unterschied. Nicht nur Cool-Climate war bestimmend. Die Siegerweine stammen vorwiegend von Urgesteins- und Kalkböden, die besonders in säurearmen Jahren die Weine straffer und fokussierter erscheinen lassen als Weine, die auf Lössböden wachsen.
  • 2023 war ein sogenanntes Winzerjahr, wo Erfahrung zählte, und das Plus war: Es galt, in den Weingärten mit Laubmanagement die richtigen Sonnenschutzmaßnahmen zu treffen und besonders den richtigen Erntezeitpunkt zu erkennen. In der Bestenliste finden sich heuer ausschließlich Weine arrivierter Winzerbetriebe und keine Überraschungen.

Markus Huber schlägt Wachau ein Schnippchen

Obwohl die Wachauer Winzergrößen heuer klar die Veltliner-Premium-Verkostung dominierten und die erlesene Weinspitze bildeten, kommt der beste Wein aus dem kühlen Traisental – gemacht von Markus Huber aus Reichersdorf, gewachsen in seiner Parade-Ried Berg in Getzersdorf. Es ist eine steile, kalkreiche Ostlage, die oben vom Wald begrenzt ist. Dazu stehen die Trauben ständig im Einfluss von kühlen Winden, die vom Süden aus den niederösterreichischen Alpen durchs Traisental heraufziehen.

Ebenso stark wie Hubers Berg zeigte sich der Honivogl von Franz Hirtzberger. Die Spitzer Weinikone, die am Hangfuß des berühmten Singerriedel gedeiht und seit 30 Jahren ein Ausrufezeichen als einer der besten Weißweine setzt, ist mit seiner opulenten Eleganz und Persönlichkeit ein herkunftstypischer und in seiner unvergleichlichen Handschrift gutstypischer Wein, obwohl er weder Rieden- noch Ortswein auf seinem Etikett trägt – dafür in Gold glänzt.

Honivogl und Singeriedel an der Spitze

Für Seniorchefin Irmgard Hirtzberger ist der 2023er Honivogl „einer der schönsten, den wir je gehabt haben“. Ihr Sohn, Weingut-Chef Franz Hirtzberger junior, sieht 2023 mit den großen Honivogl-Jahrgängen 2017 und 2011 „als ebenbürtig“.

Ins gleiche Horn stößt der Spitzer Winzer-Nachbar Franz-Josef Gritsch, der mit seinem Veltliner vom Singerriedel den drittbesten Wein stellt. „2023 ist mein bester Singerriedel, den ich je gemacht habe.“ Sein Singerriedel, der immer rauchig-tabakig ausgeformt ist, zeigt sich heuer mit ungemein saftig-süßfruchtigen Noten und dunkler Würze.

Nur ein paar Weinberge weiter die Donau stromabwärts türmen sich zwei weitere Wachauer Giganten auf. Einerseits in Joching bei Thomas Schmelz mit dem Veltliner aus der Ried Kollmitz. Aus dieser Jochinger Paradelage zieht Schmelz erst seit zwei Jahren einen Smaragd, aber der „Kollmitz“ schmeckt in seiner Puristik so genial, wie wenn der Winzer das dort schon ewig täte.

Zwerithaler: Komplexität von 100 Jahren

Einmal in Weißenkirchen ums Donauknie herumgefahren steht man beim „Zwerithaler Kammergut“ von Wachau-Meister Toni Bodenstein vom Weingut Prager. Mit diesem Ausnahme-Veltliner aus 100 Jahre alten Rebstöcken gewinnt man zweimal: einmal beim ersten Schluck, der einem die ganze Konzentration dieses Weinbergs und seiner alten Reben aufsaugen lässt, und ein weiteres Mal, nachdem man dem Wein ein paar Stunden Belüftung gegönnt hat. Dann saugt man die Komplexität der 100 Jahre auf!

Hinter den Top 5 zeigen weitere vier Superstars der Wachau auf: das Weingut Atzberg, das von Mayer am Pfarrplatz geführt wird und dessen Wein von den Oberen Steilterrassen bei Johann Donabaum in Spitz vinifiziert wird. Weiter Franz-Josef Gritsch, der mit einem ungemein lebhaften Veltliner vom Loibenberg gepunktet hat; dann Wolfgang Hofstätter aus Spitz, der mit seinem hochreifen Veltliner Best of Quitten 2 reüssiert hat, genauso wie Mathias Hirtzberger von der Weinhofmeisterei in Wösendorf mit seinem Kollmütz Smaragd.

Die Wachauer Phalanx konnte neben dem Traisentaler Markus Huber nur noch der Kremstaler Josef Edlinger aufbrechen – mit seinem Optimas, ein Lagenverschnitt aus seinen besten Trauben, die alle auf 50-jährigen Rebstöcken reiften.

Der beste 2022er der Verkostung – und nicht nur das, sondern punktemäßig auch mitten in der Spitze der 2023er – war der „Lamm“-Veltliner von Altmeister Willi Bründlmayer aus Langenlois. Jahr für Jahr ein Weinmonument, das erst im zweiten Jahr nach der Ernte aus dem Keller kommt. Der jugendliche „Lamm“, der im kleinen und großen Holzfass ausgebaut wurde, deutet bereits seine Größe an. Wer jedoch diesen Wein im großen Glas atmen lässt, wird die Freude wachsen sehen.

 

Topliste Premium Grüner Veltliner

18,0Markus Huber2023 Getzersdorf Ried Berg 1ÖTW
17,9Franz Hirtzberger2023 Honivogl Smaragd
17,8FJ Gritsch2023 Ried Singerriedel
17,7Schmelz2023 Ried Kolmitz Joching Smaragd
17,5Prager2023 Ried Zwerithaler Kammergut Smaragd
17,4Atzberg2023 Ried Atzberg Ob. Steilterrassen Smaragd
17,4Weingut Bründlmayer2022 Ried Kammerner Lamm 1ÖTW
17,4FJ Gritsch2023 Ried Loibenberg Loiben Smaragd
17,3Weinhof Edlinger2023 Optimas
17,3Weinhofm. Hirtzberger2023 Ried Wösendorfer Kollmütz Smaragd
17,3Weingut Hofstätter    2023 Best of Quitten2 Smaragd
17,2Rixinger2023 Ried Spitzer Singerriedel Smaragd
17,1Eichinger2023 Ried Lamm 1ÖTW Kammern
17,1Knoll2023 Vinothekfüllung Smaragd
17,1Familie Schuster2022 Ried Großriedenthaler Eisenhut 1ÖTW
17,0Vorspannhof Mayr2023 Ried Gebling 1ÖTW Reserve
17,0Proidl2022 Generation X
16,9Prager2023 Stockkultur
16,9Paul Stierschneider2023 Ried Dürnsteiner Schütt Smaragd
16,8Ernst2023 Großwiesendorf Reserve

 

Best Buy bis € 12 Premium Grüner Veltliner

17,3Weinhof Edlinger2023 Optimas KR€ 11,00
16,8Ernst2023 Großwiesendorf Reserve WG€ 9,90
16,6Winzerhof Stift2023 Ried Galgenberg NÖ€ 8,90
16,5Christoph Bauer2023 Spezial NÖ€ 9,50
16,4Markus Redl2023 Ried Kerschbaum KR€ 5,50
16,3Gerhard Deim            2023 Schönberg KA€ 11,00
16,3Humer2022 Alte Reben Reserve WV€ 10,20
16,3Julius Klein2023 Ried Rustenberg Pernersdorf NÖ€ 11,00
16,2Oberschil2023 Ried Wiesthalen Stammersdorf Exklusiv WV€ 9,00
16,2Schneider2023 Ried Königsberg NÖ€ 8,20
16,2Englhart Schoderböck           2023 Ried Zwirch Inzersdorf TR€ 7,50
16,1Erich Bayer2023 Ried Vorderseiber Smaragd WA€ 12,00
16,1Lukas Hagen2023 Ried Holzgasse KR€ 9,20

 

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Spitzenwinzer Markus Huber holte sich den Sieg in der Vinaria Verkostung Grüner Veltliner Premium knapp vor der Wachauer Legende Franz Hirtzberger. © Weingut Huber
Franz Hirtzberger © Weingut Hirtzberger
Der Mauritishof von FJ Gritsch im Herzen von Spitz verbindet Tradition mit Innovation. © FJ Gritsch
Thomas Schmelz bestätigte mit Smaragd Kollmitz die Topwein-Bewertung aus dem Vinaria Guide. © Weingut Schmelz
Hervorragend bei Grüner Veltliner wie Riesling (v.l.): Robert Bodenstein mit Partnerin Sophie Hinterhözl, Toni und Ilse Bodenstein vom Weingut Prager. © Weingut Prager
Paul Kiefer ist Geschäftsführer und mastermind des Weinguts Atzberg in Spitz. © KKhoss
Die Rieden Zöbinger Heiligenstein und darunter Kammerner Lamm – aus Letzterer stammt der beste 2022er Veltliner von Bründlmayer. © Weingut Bründlmayer, Robert Herbst
Paul Edlinger aus Furth glänzte mit Preis-Leistungs-Hit namens Optimas. © Weingut Edlinger
Mathias Hirtzberger von der Weinhofmeisterei Hirtzberger in Wösendorf. © René Gabriel
Aufsteiger aus dem Spitzer Graben: Friedrich und Carina Rixinger. © Weingut Rixinger
Starke Weinfrauen: Gloria und Birgit Eichinger aus Straß. © Julius Hirtzberger
Emmerich H. Knoll aus Unterloiben brillierte mit Vinothekfüllung. © Weingut Knoll
Thomas Schuster landete als bester Wagramer mit gleich zwei Vertretern im erweiterten Spitzenfeld. © Steve Haider
Silke Mayr (sitzend, Mitte) und Kellermeister Michael Nastl (sitzend, 2. von re) umringt vom Team vom Vorspannhof Mayr in Droß. © Phelps
Das Weingut Proidl in Senftenberg steht für Urgesteinsrieslinge der Spitzenklasse: Franz und Patrick Proidl. © Weingut Proidl
Bewegung im Urbanushof in Oberloiben: Elias (in Motion), Paul und Valentin Stierschneider (v.l.). © Weingut Urbanushof
Hohe Qualität zu moderatem Preis: liefert Familie Ernst (v.l.): Daniel, Nina, Harald, Manuela und Nico Ernst. © Weingut Ernst
Franz, Regina und Franz-Josef Stift aus Röschitz. © Weingut Röschitz
Hans Setzer aus Hohenwarth. © JRWK Weinviertel, Krahofer
Michael Moosbrugger vom Weingut Schloss Gobelsburg. © Regina Huegli
(v.l.): Petra Lang, Richard Walzer, Pauli Pfeiffer und Hund Smaug. © Josef Bollwein
Tom und Silke Dockner aus Theyern im Traisental. © Weingut Dockner