Wie die Parlamentsdirektion am 3. Oktober 2023 mitteilte, wurde die Rückkehr des Gastronomieführers Guide Michelin in Österreich auch politisch im Tourismusausschuss beschlossen. Den Wortlaut der Mitteilung finden Sie im Weblink am Ende des Beitrages.

Die Mittel sind weitgehend unter Dach und Fach, auch die Österreich Werbung (ÖW) wird wohl einen Beitrag zu leisten haben. Ob es dazu ein Sonderbudget des Wirtschaftsministeriums geben wird, steht noch nicht fest. Die ÖW soll auch als Drehscheibe fungieren und den Kontakt mit Michelin halten. Das ist deshalb nötig, weil Michelin auf strikter Unabhängigkeit besteht, die den USP des roten Führers ausmacht. Wirtschaftspartner, Marketingkooperationen, bezahlte Partnerschaften oder klassische Werbeschaltungen kamen von Anfang an nicht infrage. Das hält Michelin auch in anderen Märkten so.

Öffentliche Partnerschaften in kleineren Märkten

Die französischen Restaurantkritiker sind zuletzt immer stärker dazu über gegangen, kleineren Ländern eigene Ausgaben anzubieten, wenn es dafür entsprechende Förderungen gibt. Die Ausgaben für Kroatien und Slowenien sind solche Beispiele, aber auch die Guides etwa für Istanbul, Dubai oder Moskau. Der Aufwand für die Führer ist groß und kann in kleinen Märkten über den Buchverkauf nicht hereingespielt werden. Eine Kommerzialisierung der Guides in der üblichen Form lehnen die Franzosen rund um Generaldirektor Gwendal Poullennec strikt ab. Daher kommt als Partner nur die öffentliche Hand in Form von Tourismusorganisationen oder Interessenvertretungen infrage.

Mastermind hinter den Bemühungen, Michelin mit einer eigenen Ausgabe nach Österreich zurückzuholen, ist unter anderen Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler. Unter den Touristikern und Gastronomen gibt es praktisch nur Unterstützer für das Projekt. Erstere erwarten sich zusätzliche Gäste aus dem Ausland und aus Gourmetkreisen, zweitere hoffen auf ein Füllhorn an Auszeichnungen, auf rote und grüne Sterne, Bib Gourmands oder einfach die Aufnahme in den Guide. Die eigene Ausgabe des Guide Michelin für Österreich erschien nur wenige Jahre und zuletzt 2009.

Wien und Salzburg im Guide Main Cities of Europe

Derzeit wird Österreich bei Michelin lediglich im Sammelführer Main Cities of Europe berücksichtigt und da nur Wien und Salzburg mit einer Auswahl an Restaurants. Einen Dreisterner gibt es hierzulande, Juan Amador in Wien. Nur eine Handvoll Gourmettempel in den beiden Städten ist mit einem oder zwei Sternen ausgezeichnet. Außerhalb der beiden Ballungszentren gehen die Spitzengastronomen leer aus. Die Zukunft dieses Sammelguides der europäischen Gourmet-Hauptstädte dürfte aber nicht gesichert sein, angeblich könnte die vorliegende Ausgabe 2023 überhaupt schon die letzte gewesen sein. Im Online Guide von Michelin werden aktuell 77 Restaurants aus Österreich gelistet und können sich damit als von den Inspektoren empfohlen betrachten.

Panik unter den bestehenden Restaurantführern

Unter den bestehenden Restaurantführern in Österreich herrscht naturgemäß wenig Freude über das Michelin Comeback. Geradezu von hysterischem Pressing und „Telefonterror“ berichten mit der Materie vertraute Personen. Wobei eine Rückkehr des roten Führers wohl am wenigsten Marktleader Gault&Millau (G&M) treffen dürfte, der Anfang der 1980er Jahre die professionelle Restaurantkritik überhaupt erst nach Österreich brachte, damals in Person des legendären Michael Reinartz. G&M beweist in zahlreichen Ländern, dass eine Koexistenz der beiden führenden Guides auch in kleineren Märkten funktioniert.

Warm anziehen müssen sich im Falle des Falles alle anderen Kritiker, Tester und Verleger diverser Gabel und was auch immer verleihenden Restaurantführer. Diese backen schon jetzt im Schatten von Gault&Millau und mangels breiterer Wahrnehmung nur kleine Brötchen; da kann dann schon rasch mal das Licht ausgehen.