Während Europas südliche Weinbauländer, allen voran Südfrankreich und Teile Italiens, unter gewaltigen Problemen mit der gefährlichsten aller Rebkrankheiten, dem Falschen Mehltau (Pernospera) leiden, spitzt sich vor allem für heimische Biobetriebe die Situation durch das feuchtheiße Wetter zu.

Stefan Potzinger, Obmann Wein Steiermark, sieht vor allem Bio- und Demeterbetriebe wegen des Wetters gefordert. © Steiermark Wine

Es ist heiß, und es regnet fast täglich – eigentlich die perfekten Bedingungen für die typischen steirischen Weinlagen. Allerdings fördert dieses Wetter auch Infektionen an den Reben. „Natürlich ist es so, dass diese feuchte Wetterlage einen Pilzbefall bei den Reben begünstigt“, sagt Stefan Potzinger, Obmann von Wein Steiermark, im Interview mit dem ORF Steiermark.

Regen wäscht Pflanzenschutz ab

Im konventionellen Weinbau kann das sehr gut bekämpft werden – im Biowein- und Demeter-Anbau setzen die Winzer allerdings auf Spritzmittel, die unter derartigen Bedingungen weniger wirksam sind, und das führt zu einem deutlichen Mehraufwand an Spritzmittel und Traktorfahrten. „Das ist eine ganz eigene Bewirtschaftungsform. Das Problem ist, dass die Hauptwirkstoffe beim Pflanzenschutz Schwefel und Kupfer sind und dass diese Substanzen bei stärkeren Regenfällen abgewaschen und damit unwirksam werden, aber so rasch wie möglich wieder ausgebracht werden müssen“, sagt Potzinger: „Das ist in der Steiermark aufgrund der Topografie und der steilen Lagen oft sehr schwierig.“

Ideales Wetter für hohe Weinqualität

Auf der anderen Seite steht fest: Es ist das ideale Wetter für – nicht nur - die steirischen Weine. „Dieses Wetter bringt am Ende des Tages hohe Traubenqualität, wenn die Reben vom Wasser her gut versorgt sind. Das bringt Frische, Mineralität und Filigranität in die Weine, die die Steiermark so berühmt gemacht haben“, ist Stefan Potzinger überzeugt.

Verzweiflung in Frankreich und Italien

Die Landwirtschaftsbehörde der Region Bordelais hat gar eine Telefon-Hotline eingerichtet, um "traumatisierten" Winzern bei der Bewältigung der verheerenden Auswirkungen der zweiten Welle von Mehltau-Befall zu helfen. Die Situation sei „traumatisch. Wir haben so etwas noch nie gesehen - der Mehltau hat dieses Jahr niemanden verschont", sagte Nicolas Morain von der Landwirtschaftsbehörde. Einige Winzer hätten bereits die gesamte Ernte verloren. Auch Allan Sichel, Präsident des Conseil Interprofessionnel du Vin de Bordeaux (CIVB), befürchtet, dass der Mehltau für die Winzer bedeute, dass sie trotz aller harten Arbeit "die vollständige Kontrolle verlieren können". Einige Mitarbeiter der Hotline seien Sozialarbeiter und würde auch professionelle Hilfe von Psychologen vermitteln.

Sozialarbeiter und Psychologen für Winzer

Der zweite Mehltaubefall im laufenden Jahr traf Bordeaux  nach beträchtlichen Regenfällen bei warmem Wetter und Windstille. Besonders betroffen ist bisher – wie berichtet - Merlot. Olivier Bernard, Direktor der Domaine de Chevalier, sagte, die Winzer müssten ihre Traubenmischung überdenken, um weiterhin ausgewogene Weine erzeugen zu können, wenn die Temperaturen weiter steigen. Merlot reift früher als Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc.

„Keine einzige Traube wird zu ernten sein“

Ähnlich wie in Südfrankreich stellt auch in Italien der Falsche Mehltau die Winzer vor massive Probleme. Der Weinbau-Verband Unione Italiana Vini (UIV) erwartet Schäden von insgesamt etwa 40 Prozent. Vor allem in den Regionen Apulien, Abruzzen und Molise, aber auch in der Basilikata, Umbrien, Latium und der Toskana seien die Reben stark betroffen. Schuld am massiven Befall war der ungewöhnlich starke und wiederkehrende Regen im Mai und Juni. In einigen Weinbergen, in denen es nicht möglich war, die Reben rechtzeitig zu behandeln, wird es keine einzige Traube zu ernten geben“, sagte Leonardo Valenti, Professor für Weinbau an der Universität Mailand.

Quellen: ORF; winenews.it; the drinks business