Etwa 50 Châteaus stehen im Bordelais zum Verkauf, weil chinesische Milliardäre das Interesse an den Weinbergen verloren haben. Es ist das Ende des Eldorados in Bordeaux: Nach einem Jahrzehnt hektischer Übernahmen wollen viele ihre Schlösser verkaufen. Ist aber derzeit gar nicht so einfach.

Mit seinem quadratischen, zinnenbewehrten Turm, war das Château Latour Laguens, das in einem Tal im Entre-Deux-Mers liegt, im Jahr 2008 eines der ersten Weingüter, die von einem chinesischen Unternehmen in einer AOC-Appellation Frankreichs gekauft wurden. Inmitten der 30 Hektar Weinberge, die als AOC Bordeaux und Bordeaux supérieur klassifiziert sind, ließ sich die junge Erbin der Longhai International-Group, Daisy Haiyan Cheng, gerne fotografieren. Entwicklungsprojekte für das neomittelalterliche Gebäude umfassten neben der neuen Kellerei, neue Verkostungsräume, ein Geschäft und luxuriöse Gästezimmer. Heute wird das Château, das von feuchten Mauern geprägt ist und von einer Fledermäuse-Kolonie bevölkert wird, versteigert. Startpreis, ohne Rebflächen: 150.000 Euro.

Feuchte Mauern und Fledermäuse statt prächtiger Schlösser

Viele andere unter chinesischer Flagge segelnde Immobilien haben in den vergangenen Jahren den Besitzer gewechselt. Mitte Mai 2024 beschlagnahmte das Gericht neun Schlösser, die der chinesische Tycoon Naijie Qu, Chef der Haichang-Gruppe, Anfang der 2010er Jahre erworben hatte, nachdem er wegen Geldwäsche, Veruntreuung chinesischer öffentlicher Gelder und Missbrauch von Unternehmensvermögen verurteilt worden war. Vinaria berichtete.

Im August 2022 erhielten die Châteaus Lapin d'Or, Lapin Impérial, Grande Antilope und Antilope Tibetan, die von ihrem ehemaligen Besitzer Chi Keung Tong, dem Chef der Hongkonger Gruppe SGV Wines, umbenannt wurden (was im Bordelais helle Empärung auslöste), nach dem Verkauf an französische Investoren ihre ursprünglichen Namen zurück.

Gelder potenzieller Investoren sind in China blockiert

"Die Chinesen können nicht mehr im Ausland investieren, weil ihre Gelder in China blockiert sind", seit Peking die Kapitalkontrollen drastisch verschärft habe, sagte Li Lijuan, Immobilienmakler und Spezialist für den asiatischen Markt bei Vineyards-Bordeaux. „Derzeit stehen etwa 50 Châteaux zum Verkauf, ganz zu schweigen von den Eigentümern, die "auf einen günstigeren Moment warten", sagt Li Lijuan.

Mitten in der Überproduktions- und Absatzkrise, unter denen der Weinmarkt global im Allgemeinen und in Frankreich im Besonderen leidet, mangelt es an Käufern. Immobilien seien um weniger als die Hälfte des einstigen Kaufpreises verkauft worden, sagen die Makler.

Neben der Krise sind zahlreiche der von Ausländern, besonders aus Asien, übernommenen Châteaus auch gescheitert, weil die Käufer die hohen Kosten der Produktion und Instandhaltung nicht verdienen konnten. Dazu kommt die Überschätzung der eigenen Vermarktungsfähigkeit. Im Klartext: die produzierten Weine konnten von den neuen Besitzern nicht ausreichend verkauft werden.

Der Weinmarkt in China ist stark rückläufig

Seit Covid ist Bordeaux weniger attraktiv in einem Land (China), das zum Produzenten geworden ist und in dem der Verbrauch sinkt (minus 25 Prozent im Jahr 2023 laut OIV, der Internationalen Weinorganisation). Das Modell der Investoren, in ihren prestigeträchtigen Châteaus Weine günstig zu produzieren (etwa um 5 Euro pro Flasche) und diese dann in ihrer chinesischen Heimat um 20, 40 oder sogar 100 Euro zu verkaufen, war zum Scheitern verurteilt. "Die Europäer denken in Generationen, die Chinesen denken an eine Frist von fünf Jahren, nach deren Ablauf es normal ist, zu verkaufen", sagt Hugo Tian, Hongkonger Finanzier und Eigentümer von Château Fauchey (AOC Cadillac Côtes de Bordeaux).

Andere Investoren geben Durchhalte-Parolen aus

Aber auch andere Investoren schlagen Wurzeln. Der chinesische Milliardär und Gründer des E-Commerce-Konzerns Alibaba, Jack Ma, hat viel Geld für die Umstrukturierung des Château de Sours (Entre-Deux-Mers) ausgegeben. Peter Kwok, ein in Vietnam geborener Geschäftsmann aus Hongkong, der an der Spitze von sieben Bordeaux-Châteaus steht, darunter ein Saint-Emilion Grand Cru Classé, investiert langfristig und strukturiert Weinberger und Immobilien gerne um. "Ich möchte ein positives Zeichen setzen, weil ich von Grund auf in Frankreich, seinen Wein und seine Kultur verliebt bin", fügt Jean-Christophe Meyrou, Geschäftsführer von Vignobles K, hinzu, das den Kauf neuer Immobilien plant.