Kurz vor Ostern war Bordeaux Mittelpunkt der Weinwelt, wurde doch der neue Jahrgang 2024 einem Fachpublikum aus aller Welt präsentiert. Schwierige Wetterbedingungen ergaben einen Jahrgang mit Rotweinen, die durch Frucht und Frische geprägt sind, dazu vitale Weißweine und harmonische Prädikate.

Allen warnenden Wetterberichten und Jahrgangsanalysen zum Trotz wurde der Erstpräsentation des Bordeaux-Jahrgangs 2024 mit ebenso viel Spannung erwartet wie in vergangenen Jahren – kein Wunder, fungiert doch diese klassischeste aller Weinbauregionen der Welt als Gradmesser für die gesamte Weinwirtschaft.

Bei den En-Primeur-Verkostungen in Bordeaux handelt es sich um ein degustatorisches Ritual, das seit Jahrzehnten ähnlich abläuft: Im April jeden Jahres werden dort die Jungweine in weiß, rot und süß einem professionellen Fachpublikum präsentiert. Dem Ruf Bordeaux folgend, strömen Händler, Gastronomen, Sommeliers und Journalisten aus aller Welt in die Region und kosten Dutzende bis über Tausend Weine in wenigen Wochen. 

Als Vinaria-Chefredakteur war ich auch heuer wieder vor Ort und machte mir ein – aufgrund der Jugend der Weine selbstverständlich mit gewissem Vorbehalt zu betrachtendes – Bild des Jahrgangs. Eine umfangreiche Selektion an empfehlenswerten Weinen werde ich in der kommenden Vinaria 3/25 ab Mitte Mai vorstellen.

Bordeaux 2024: Jahr der Herausforderungen

Vorweg gesagt: 2024 war aus vitikultureller Sicht eines der herausforderndsten Jahre der letzten Jahrzehnte in Bordeaux, was gerade in der jüngst weltweit von abnehmender Dynamik geprägten Weinwirtschaft nicht optimal ist. Andererseits konnte den Herausforderungen basierend auf langjährigen Erfahrungen mit modernen Methoden begegnet werden, was folglich in einem Jahrgang mündete, der ebenso positive Aspekte mitbringt – nicht nur in Weiß und Süß, sondern auch in Rot.

Im Nachhinein betrachtet gab bereits das Vorspiel zum Jahrgang einen Vorausblick auf den weiteren Verlauf. Von Oktober 2023 bis März 2024 gab es über 900 mm Niederschlag, was jegliche Arbeiten im Weingarten in dieser Zeit erheblich erschwerte, da der Winter mit Ausnahme kurzer Kältephasen außergewöhnlich warm war. Dennoch fand der Austrieb nicht sonderlich früh statt – in den Referenzweingärten durchschnittlich rund um den 6. April 2024 –, dafür vielerorts zeitlich ausgedehnt.

Einer der regenreichsten Frühlinge seit 1959

Der April begann eher feucht und war bis zur Monatsmitte von überdurchschnittlich warmen Temperarturen geprägt, was die Entwicklung der Reben beschleunigte. Ab Mitte des Monats wurde diese jedoch wieder von sehr kühlem Wetter gebremst, mancherorts gab es Spätfrost. Der erst Ende April wieder einsetzenden Regenfälle setzten sich im kühlen sowie ausgesprochen trüben, sonnenarmen Mai verstärkt fort, der Monat lag in Sachen Niederschlag 80 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt. Damit handelte es sich um den dritt-regenreichsten Frühling seit 1959. 

Den Bedingungen aus wechselhaften Temperaturen, massivem Wasserüberschuss und mangelhafter Sonneneinstrahlung entsprechend verlief das Wachstum der Reben nicht nur schleppend, sondern vielerorts gab es auch zeitlich auseinandergezogene Entwicklung. Dazu kam massiver Infektionsdruck durch Pilzkrankheiten, vor allem den falschen Mehltau (Peronospora). Nur durch häufige und zeitlich optimal getaktete Pflanzenschutzanwendungen konnte man hoffen, diesen Infektionen mit gewissem Erfolg zu begegnen.

Zumindest ein Quentchen Glück bestand in der Tatsache, dass es in der letzten Maiwoche fast bis Mitte Juni nur wenige bis gar keine Niederschläge gab, auch wenn es nicht sonderlich warm oder sonnig war. Die Blüte zog sich mancherorts in die Länge – in den frühesten Lagen startete sie Ende Mai, dauerte aber andernorts bis lang in den Juni hinein, die Mitte der Blüte fand relativ spät am 10. des Monats statt. 

Nochmals fielen massive Wassermengen von 18. bis 23. Juni, was dem vegetativen Wachstum sehr, der Befruchtung wenig dienlich war und vielfach zu Verrieselung und in der Folge ungleichmäßigem Beerenwachstum führte. Die letzte Juniwoche war endlich deutlich heißer und trockener, was zu einem massiven Wachstumschub führte; die Beeren waren Ende des Monats erbsengroß. 

Hoher Infektionsdruck und Aufwand im Weinberg

Weiter extrem hoch blieb der Infektionsdruck und der sich daraus ergebende Aufwand im Weingarten. Nach wechselhaftem Wetter und Temperaturen mit nur geringen Niederschlägen kam endlich im letzten Monatsdrittel der Sommer mit hohen Temperaturen und Trockenheit, die Umfärbung der Beeren begann wegen verzögert eintretenden Wasserstresses im Lauf der ersten Augustwoche, bei Cabernet überhaupt erst ab Mitte des Monats. 

Im August blieb es ziemlich warm bei etwas unterdurchschnittlichen Regenfällen, wodurch sich die Entwicklung der Reben zum Glück fortsetzen konnte. Wechselhaft ging es auch im etwas kühleren September weiter, feucht im ersten Monatsdrittel, trockene Mitte und Regen wieder ab 21. September. Infektionen mit Botrytis führten zu hohem Sortierungsaufwand. 

Die vom Wetter stärker mitgenommenen Merlot-Trauben wurde ab Mitte September eingebracht, der robustere Cabernet meist ab Ende September bis Mitte Oktober. Die Mostgewichte und folglich die Alkoholwerte waren deutlich niedriger als in den vergangenen Jahren  – mit Ausnahme des eher schwachen 2021ers –, die Säurewerte vor allem bei Cabernet sehr hoch.

Zwar auch deutlich leichter und relativ rassig präsentierten sich die Weißweine, die jedoch wesentlich weniger unter den Wetterbedingungen litten. Bei Sauvignon Blanc und Sémillon begann die Ernte mancherorts bereits im letzten Augustdrittel und war überall vor den Niederschlägen im letzten Septemberdrittel abgeschlossen. 

Die Regenfälle ab Ende August waren prinzipiell gut für die Süßweingebiete, wobei das wechselhafte Wetter teils zu Wartephasen bei der Lese führte. In meist drei Lesedurchgängen wurden die Botrytisbeeren mit guter Konzentration eingebracht. Süße, Säure und Frucht präsentieren sich ausgewogen und wohl dosiert.

Die Kampagne 2024: Preise sollten deutlich fallen

In wirtschaftlicher Hinsicht hat Bordeaux wie die meisten Weinbauregionen weltweit schon viel bessere Zeiten gesehen. Gerade Bordeaux mit seinem En-Primeur-System kämpft mit hausgemachten Problemen: Die riesige Region lieferte über viele Jahre hinweg hohe Mengen an Wein, der von regelmäßigen wie oft kräftigen Preissteigerungen geprägt war. Dafür ist die Verfügbarkeit an teils hervorragenden älteren Jahrgängen zu vergleichsweise günstigen Preisen sehr gut, was durch den graduell abnehmenden Weinkonsum zusätzlich beflügelt wurde.

2024 waren die Erntemengen vielfach sehr niedrig, was prinzipiell natürlich entlastend wirkt. Jedoch eilt dem Jahrgang auch kein guter Ruf voraus. Dabei handelt es sich im Rotweinbereich idealerweise um einen sehr fruchtbetonten Jahrgang, der sich zu jungen Trinkgenuss empfiehlt, währendman auf die Maturation von Jahrgängen wie 2022 und 2020 wartet.

Ganz wesentlich wird dennoch heuer der Preisfakor sein. Es wird davon ausgegangen, dass die Preise nochmals im Vergleich zum Vorjahr deutlich fallen werden.

 

Abo bestellen - Die gesamte Reportage mit allen Kostnotizen finden Sie der kommenden Ausgabe 03/2025, die ab Mitte Mai erscheinen wird, lesen Sie eine ausführliche Reportage über Bordeaus 2024 mit über hundert Kostnotizen und Bewertungen von Vinaria Chefredakteur Peter Schleimer. Bestellen Sie Vinaria jetzt einfach & bequem zum Erscheinungstermin nach Hause. Das Jahresabo Vinaria mit 8 Ausgaben pro Jahr inklusive dem großen Weinguide Österreich ist um € 75,00 (EU-Ausland € 95,00) erhältlich. Jetzt im Vinaria Abo-Shop bestellen.