Dank anhaltender Sonnensegnung im Herbst zum Klassiker ausgereift, kam der 2014er nach seinem schwachen Vorgänger gerade recht. Im Idealfall von Frische und Fruchtvolumen geprägt, zeigten sich die gelungenen Vertreter bereits in der Jugend höchst verlockend, versprachen aber auch sehr gutes Lagerpotenzial. 10 years after wurde dieses Versprechen eingelöst bei der großen Vinaria Verkostung.

Für Bordeaux kam der 2014er tatsächlich zur rechten Zeit. Auf die herausragenden Jahrgänge 2009 und 2010 folgten nämlich mit dem heterogenen 2011er, dem charmant-geschmeidigen, doch selten tiefgründigen 2012er und dem im Rotweinbereich ziemlich bescheidenen 2013er drei mäßig verlockende Jahrgänge.

Der Weg zum Klassiker war jedoch durchaus steinig und in dem in Sachen Sonnenleistung magersüchtigen Hochsommer sah es noch alles andere als rosig aus. Dank einer späten Renaissance des Sommers im September und Oktober wurden die Bordelaiser letztendlich – wenn auch mit Schwankungen je nach Gegend und vor allem Rebsortenmix – mit Traubenmaterial versorgt, das die Kelterung von Weinen voller Frucht, Spannung und Pikanz ermöglichte. 

Für trockene Weiß- und Süßweine bot 2014 ausgezeichnetes Potenzial, doch auch bei den Roten war viel herauszuholen. Die späte, lange andauernde Reifephase kam dabei ganz besonders den Cabernets zugute.

Vinophile Wiederauferstehung

Jedes Jahr ist anders, jedes hat seine Besonderheiten – so auch 2014. Ein ungewöhnlich milder, dafür aber besonders nasser Winter läutete den Jahrgang ein. Anhaltend warme Temperaturen führten anschließend ab Mitte März zu einem sehr frühen Austrieb. 

Der April war anfangs relativ niederschlagsarm aus, jedoch nur kurz, führten doch neuerliche Niederschläge ab Ende April zu einem Wachstumsschub. Zwar gab es in der ersten Maihälfte nur vereinzelt Regen und passende Temperaturen, doch verschlechterte sich das Wetter ab dem 19. Mai markant: ein Temperatursturz in Verbindung mit massiven Niederschlägen wirkte ungünstig auf die ab Ende Mai einsetzende Blüte, die besonders in frühen Lagen bei Merlot (und Sémillon) heterogen ausfiel. 

Der Juli begann kühl und feucht, was dem vegetativen Wachstum aber auch der Entwicklung der Pilzkrankheiten zuträglich war. Zahlreiche Weingüter sahen sich zum Entblättern veranlasst, was sich allerdings bei einem kurzen, dafür umso heftigeren Hitzeeinbruch Mitte Juli mancherorts in Gestalt von Sonnenbrand bemerkbar machte. 

Die im August einsetzende Umfärbung der Beeren war unregelmäßig und zog sich hin. In diesem trostlosen Monat, der sich grau und sonnenarm präsentierte, war es mehr als 2° C kühler als im Durchschnitt. 

Doch dann geschah doch noch ein Wunder, und dieses offenbarte sich in einem der längsten Altweibersommer aller Zeiten, von Ende August bis Ende Oktober. Nicht nur war es wesentlich wärmer und sonniger als im langjährigen Durchschnitt, es war auch extrem trocken. In dieser Phase konnten die Trauben vielerorts gut ausreifen. 

Vor allem in schwereren Böden wie St. Émilion dauerte die Ausreifung und daher die Merlot-Ernte merklich länger als üblich. Bevorzugt waren die später reifenden Cabernets sowie Petit Verdot, die weniger Wasser aufgenommen hatten. Terroir und Weingarten beeinflussten das Endprodukt ebenso wie der Erntezeitpunkt, das Verhältnis der Sorten sowie Kelterung (vor allem Extraktion bei Merlot) und Ausbau. 

Im Idealfall präsentieren sich die Weine von überragender Frische und Säurepikanz, vollgepackt mit Frucht, eher athletisch als muskulös, mit seidiger Tanninstruktur. Wesentlich war sicher auch der bedachte Umgang mit Holz. Wo mit Gefühl und Können agiert wurde, entstanden charaktervolle, anmutige, elegante Weine.

10 years after zeigt hohes Qualitätsniveau

Bei unserer Verkostung des Jahrgangs 2014 eine Dekade danach gab es eine erfreulich hohe Anzahl an Rotweinen, die immer noch Lebendigkeit und vitale Frucht versprühten. Überhaupt war das Qualitätsniveau bei der Verkostung hoch, wenn auch Durchschnitt und Spitzenwertungen nicht ganz so hoch ausfielen wie in speziellen, allgemein als groß erachteten Jahrgängen wie etwa 2009 oder 2010.

Tatsächlich war in der erweiterten Spitzengruppe ein deutlicher Überhang an Rotweinen mit maßgeblichem Cabernetanteil – Sauvignon und/oder Franc – zu finden, auch vom rechten Ufer. So enthält Vieux Château Certan gut 20 Prozent an mehrheitlich Cabernet Franc, Cheval Blanc jenseits der 40 Prozent Franc, ähnlich hoch ist der Anteil auch beim Überraschungswein von Clos Saint Julien. Reinsortig Merlot ist lediglich Peby Faugères.

An der Spitze stand das legendäre Vieux Château Certan aus Pomerol, mit Sicherheitsabstand dahinter Château Lascombes aus Margaux vor Malartic-Lagravière – beides häufig unterschätzte Crus, die regelmäßig Topqualitäten liefern. Ganz knapp dahinter folgten Cheval Blanc, Valandraud, Clos Saint Julien und Haut-Bailly vor einer Vierergruppe aus Palmer, Phelan-Ségûr, Pavie Macquin und La Mondotte knapp vor einer Reihe von weiteren legendären Châteaux. 

Insgesamt eine hervorragende Verkostung strotzend vor höchst empfehlenswerten Bordeaux-Klassikern. 

 

Bordeaux Toplisten

Bordeaux 2014 – 10 years after#

ROT

18,4Vieux Château Certan  Pom
18,1Château Lascombes Mgx
18,0Château Malartic-LagravièrePL
17,9Château Cheval Blanc             StEm1GCC
17,8Château Valandraud   StEm1GCC
17,8Clos Saint-Julien StEmGC
17,7Château Haut-Bailly PL
17,6Château Palmer Mgx
17,6Château Phelan-Ségûr StEs
17,6Château Pavie Macquin StEm1GCC
17,6Château La Mondotte StEmGC

 

SÜSS

18,3Château de Fargues    Sau

 

Topliste Bordeaux Blanc Sec

16,7 Château Bouscaut
16,1Château Ferran
15,8Domaine de Chevalier, l‘Esprit de Chevalier

 

Topliste Sauternes

18,3Château de Fargues
17,5Château Suduiraut
16,7Château Guiraud

 

Topliste Médoc

18,1Château Lascombes Mgx
17,6Château Palmer Mgx
17,6Château Phelan-Ségûr StEs
17,5Château Marquis de Terme Mgx
17,5Château Pichon Lalande Pau
17,5Château Montrose     StEs
17,5Château Clos du Marquis StJ
17,5Château Léoville Poyferré      StJ
17,4Château Gruaud Larose StJ
17,3Château Pichon Baron Pau
17,3Château Beychevelle StJ
17,2Château Haut Condissas Prestige Med
17,1Château La Lagune     HtM

 

Topliste Pessac-Léognan

18,0Château Malartic-Lagravière  PL
17,7Château Haut-BaillyPL
17,4Château Bouscaut      PL
17,3Château Smith Haut Lafitte    PL
17,2Château La Tour-Martillac PL
17,2Château Léognan PL
16,9Château Haut-Bacalan PL
16,8Domaine de Chevalier PL

 

Topliste Libournais

18,4Vieux Château Certan Pom
17,9Château Cheval Blanc             StEm1GCC
17,8Château Valandraud   StEm1GCC
17,8Clos Saint-Julien StEmGC
17,6Château Pavie Macquin StEm1GCC
17,6Château Mondotte, La StEmGC
17,4Château Faugères       StEmGC
17,4Château de Pressac    StEmGC
17,4Château Peby Faugères StEmGCC
17,3Château Destieux StEmGCC
17,2Clos Lunelles   CasCdB
17,2Château Pavie StEm1GCC

 

 

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Sonnenaufgang auf Château Léoville-Poyferré in Saint Julien im Médoc. © Château Léoville-Poyferré
Guillaume (li) und Alexandre Thienpont vom Pomerol-Star Vieux Château Certan. © Vieux Château Certan
Axel Heinz, seit 2023 General Director von Château Lascombes in Margaux, war davor bei Ornellaia und Masseto. © Château Lascombes
Château Malartic-Lagravière in Léognan: Michele und Alfred-Alexandre Bonnie, flankiert on Tochter Véronique (li) und Sohn Jean-Jacques mit Frau Séverine. © latelierdestyle
Pierre Lurton vom legendären Kultweingut Cheval Blanc in Saint-Émilion. © Cécile Burban
Murielle und Jean-Luc Thunevin von Château Valandraud in Saint-Émilion. © Château Valandraud
Cathérine Papon-Nouvel vom Eineinhalb-Hektar-Weingut Clos St. Julien. © Clos Saint-Julien
© Florent Larronde
Thomas Duroux vom Kult-Château Palmer in Margaux, das er erfolgreich in die Biodynamie geführt hat. © Château Palmer
Erfolgreiches Dreiergespann bei Pavie-Macquin: (v.l.): Nicolas Thienpont, Berater Stéphane Derenoncourt und Cyrille Thienpont. © Château Pavie Macquin
Der zum Super-Second Léoville Las Cases gehörige Clos du Marquis mit Weingärtne angrenzend an jene des berühmten Bruders wurde bereits 1902 ins Leben gerufen und stets separat ausgebaut. © Château Clos du Marquis
Nicolas Glumneau ist seit 2012 General Manager und Winemaker bei Château Pichon Lalande und de Pez. © Château Pichon Lalande
Ein echter Klassiker in Saint-Julien ist der berühmte 2ème Grand Cru Classé Château Gruaud Larose, wo immer wieder herausragende Rotweine herkommen. © Château Gruaud Larose
Der Keller von Châetau Faugères, das zum Imperium vonSilvio Denz zählt und über 42 Hektar am Plateau von Saint-Émilion verfügt. © Jean-Bernard Nadeau
Charlotte und Philippe de Lur Saluces von Chateau de Fargues in Sauternes. © Château de Fargues
Der beeindruckende Barriquekeller von Châetsau Montrose, berühmter Super-Second aus Sint-Estèphe. © Deepix
Führt mehrerer Top-Châteaux vor allem in Saint-Émilion wie La Mondotte:Stephan von Neipperg mit Sohn Ludovic. © Brice Braastad
Traubenlese in den Weingärten von Château Bouscaut in der Appllation Pessac-Léognan. © Deepix