Ein kurzer Abstecher in die Weinbauregion Friaul-Julisch Venetien (Friuli-Venezia Giulia), die trotz ihrer Nähe zu Österreich hierzulande vinophil etwas ins Abseits gerutscht ist. Vinaria Verkoster & Autor Viktor Siegl hat ein paar aktuelle Tipps herausgepickt.

Wie im Flug scheint die Zeit vergangen zu sein, seit vor ziemlich genau vierzig Jahren mein erster Beitrag in Vinaria erschienen ist. Gewidmet war er den autochthonen Rebsorten aus Friaul-Julisch Venetien. Zweifellos heute noch ein spannendes Thema, wenn auch das Interesse an diesen Gewächsen in Österreich etwas erlahmt sein dürfte. Jedenfalls ist das Angebot im Weinhandel recht dürftig, was auch daran liegen könnte, dass sich die Tifosi dieser Rebsorten einfach an Ort und Stelle eindecken, zumal die fragliche Weinbaugegend sehr nahe zu den nach wie vor beliebten Urlaubsdestinationen gelegen ist. Wertvolle Unterstützung fand ich freilich bei „La Salvia“, der auf Feinkost und Weine aus dieser Region spezialisierten Vinothek am Wiener Ottakringer Yppenplatz, die stets auch rare Tropfen in ihrem Repertoire hat.

Als Inbegriff der Friulaner Weinszene kann immer noch die einst als Tocai bekannte, später auf Friulano umgetaufte Weißweinrebe gelten. Ein wahres Modellexemplar keltert Edi Skok mit seinem Lagenwein Zabura, der Marzipan und kandierte Zitronen im Duftspiel voll jugendlichem Überschwang mit Dichte und sehniger Textur vereint und ein großes Glas zu seiner Entfaltung benötigt. Dieses wäre für den lebhaften wie erfrischenden, zartblumigen und sofortigen Trinkspaß bereitenden Ribolla Gialla von Thomas Kitzmüller hingegen die falsche Wahl, bringt er doch seine Steinobstaromen am besten in einer schlanken Weißwein-Tulpe zur Geltung.

Als Dritter im Bunde der Leitbilder sei der den friulanischen (und slowenischen) Karst auf das Trefflichste charakterisierende Vitovska genannt, der sich vom einfachen Schankwein zur gesuchten Rarität entwickelt hat. Modellhaft gelungen ist beispielsweise der nach Minze und Salbei duftende, wie ein kühler Bergquell aus dem Glas fließende Vitovska des Weingutes Lupinc, dessen dezente Aromatik von einer feinen, nussigen Würze geprägt wird.

Aber auch die Rotweine des Friaul haben einiges zu bieten, wie gleich der intensiv nach Himbeeren duftende, dichte wie balancierte Refosco der Azienda Brazzo beweist, der satten, dunkelfruchtigen Schmelz mit reifer Tanninfülle kombiniert. Das rote Aushängeschild des Karstgebietes ist der wilde und unvergleichliche Teran (Terrano), den das führende Weingut Zidarich gleichsam in einer gezähmten Version anbietet, die freilich immer noch ungekünstelt, fordernd und säurereich über den Gaumen perlt, aber bei allem Purismus auch gewissen Schliff besitzt.

Als Höhepunkt in Rot würde ich jedoch den mit satter Waldbeerenfrucht prunkenden Schioppettino von Vigna Petrussa hervorheben, der feingliedrig und pointiert beginnt, dann jedoch Saft und Kraft sowie einen beachtlichen Tanninfonds ausspielt. Vom gleichen Erzeuger stammt der einst legendäre, heute in Vergessenheit geratene Süßwein Picolit aus 2016, der im Bukett einen exotischen Fruchtcocktail realisiert und durch das perfekte Équilibre von Alkohol und Restzucker einen höchst eleganten Dessertweintypus verkörpert.