Als wohl nobelste weiße Rebsorte Ungarns hat der Furmint maßgeblich zu dessen Ruf als Herkunft exzellenter Weißweine beigetragen. Handelte es sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem um Süßweine der Extraklasse, so besteht seit einigen Jahren ein starker Trend Richtung trockener Weißweine.

Judit Bodó führt gemeinsam mit ihrem Mann Józsi ein Musterweingut in Tokaj. © Bott Pince

Neben dem trockenen Ausbau ist ein starker Trend zum Késöi szüret (Late Harvest) zu konstatieren, der zumindest 45 Gramm Restzucker besitzen muss und naturgemäß zum Teil aus rosinenartig geschrumpften und von der Botrytis befallenen Beeren gewonnen wird und den traditionsreichen hochsüßen Szamorodni immer stärker konkurrenziert.

Wechselvolle Weinjahre, eindrucksvolle Entdeckungen

Für die klassischen Furmint (Birtokbor) und die Lagenweine standen beim Vinaria Besuch in der Region ganz klar die Jahrgänge 2022 und 2021 im Vordergrund, nur einige Mutige zeigten bereits 2023er-Fassproben.

Insgesamt präsentierten sich die 2022er-Furmint recht ausgewogen und fruchtbetont, ohne jedoch punkto Rasse und Extraktgehalt an die 2021er heranzureichen. 2021 stellte sich wieder einmal als Jahrgang ohne Fehl und Tadel vor, wobei auch den trockenen Lagenweinen ein enormes Reifepotenzial vorausgesagt wird. Weine aus dem schwierigen Jahr 2020 wurden kaum präsentiert, dafür jedoch erstaunlich viele 2019er, die sich als saftig, fruchttief und standfest erwiesen haben.

Von den kleineren Betrieben hat beispielsweise der Pelle Pincészet aus Mád aufgezeigt, und zwar mit ganz unterschiedlichen Produkten. Diese reichten von einem klirrend frischen Brut Nature über den trockenen Lagenwein Király und einen gemäßigten Orangewein bis zur exzellenten Zsófia Cuvée im hohen Spätleseformat. Ein Weingut, von dem man noch viel hören wird.

Ebenfalls zu den künftigen Hoffnungsträgern kann man das Mini-Weingut von Péter Gonda zählen, der als Ziviltechniker in Miskolc beheimatet ist und überdies als Züchter von Rinder- und Schafherden fungiert. Derzeit wird das Sortiment, das vor allem auf Schaumwein und trockenen Furmint setzt, neu strukturiert.

Eine sehr beachtliche Serie präsentierte das Weingut Holdvölgy aus Mád, das auch auf entsprechend ausgereifte Tropfen setzen kann, stammen doch dessen bester trockener Furmint namens Intuition No 3. aus dem Jahrgang 2019 und der schlicht als Tokaji Édes bezeichnete Dessertwein Signature aus dem Jahr 2010 (!).

Von den größeren Erzeugern überzeugte etwa das Weingut Pajzos mit äußerst preisgünstigen trockenen und süßen Weinen sowie dem unschlagbaren, nur in der Magnum erhältlichen 2018er-Premium-Furmint „Double Selection“, der eine wahrhaft tolle Performance abgeliefert hat.

Mit einem vergleichbar exzellenten trockenen Furmint kann das Bio-Weingut Tokaj-Hétszölö aufwarten, allerdings gibt es von dem wunderbaren Kis-Gurai Furmint aus dem berühmten Csontos-Weinberg bloß zwei ganze Barriques.

Auf gutem Weg befindet sich auch die große Kellerei Sauska, die im südungarischen Villány kraftvolle Rotweine erzeugt und in Budafok die ganze 15 Etiketten umfassende Sektproduktion konzentriert. Von den Tokajer Weinen überzeugten die beiden trockenen Lagen-Furmint Medve und Birsalmás aus dem eher schwierigen Jahrgang 2020 mit kühler Eleganz und Rasse sowie bestens eingebundener Eiche.

Das zur Vega-Sicilia-Gruppe gehörende Weingut Oremus hat mit dem Mandolás Dry Furmint quasi einen Urahnen des trockenen Ausbaus im Repertoire, der sich immer noch als Maßstab für diese Stilrichtung heranziehen lässt.

Exoten, Spielereien und Unikate

Zu den gegen den Strich gebürsteten Weinen zählte etwa der fast ohne zugesetzten Schwefel abgefüllte Natural Wine Devas Furmint des zur ungarischen Minderheit in der serbischen Fruška Gora gehörenden Produzenten Sagmeister, der mangels Maischestandzeit zwar keinerlei „Orange-Charakter“ besitzt, sich aber dennoch deutlich von der üblichen trockenen Stilistik unterscheidet.

Das kann man von einem anderen Sonderfall, nämlich dem auf dem Basaltboden der Somlóer Vulkanhügel gedeihenden Furmint Apátsági des Weingutes Tornai, nicht behaupten, der sehr rund und sanft über den Gaumen strömend gleichsam nobles Understatement realisiert.

Damit zum dritten „Exoten“ im Bunde, der eigentlich eine Exotin ist, denn die junge, leicht punkig wirkende Kellermeisterin vom Nordufer des Balaton hat sich mit ihrem Weingut P.A.N.K. auf die Erzeugung von zisch-frischem Pet Nat mit überschwänglichem Fruchtspiel spezialisiert, dessen Traubengut sie höchstselbst per pedes gequetscht hat.

Auf ganz andere Art ungewöhnlich mutet der Ausbaustil von Janos Árvay an, der seinen trockenen Tokaji Isten-Hegy aus dem Jahrgang 2017 noch immer als Fassprobe präsentiert hat, während die Kellerei Béres in contrario mit ihrem 2016er-Löcse-Furmint einen bereits im Jahr 2017 abgefüllten Lagenwein erst vor Kurzem in den Verkauf gebracht hat.

 

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Die mit Steinen vulkanischen Ursprungs durchsetzten Böden im Tokaj basieren auf einem Gemisch aus Ton, Lehm und Löss in wechselnden Prozentsätzen. © Dancsecs Ferenc
Spätsommer in den Furmint-Weingärten. © Dancsecs Ferenc
Herbstliche Nebel fördern den Befall mit Botrytis (Edelfäule). © Dancsecs Ferenc
Zoltan Demeter aus Tokaj zählt zur Weinmacherelite Ungarns. © Demeter Zoltán Pincészet
Aussichtspunkt in Bereich des Mad-Beckens (Mádi-medence) im Weinbaugebiet Tokaj. © Dancsecs Ferenc
Weingärten an den Hängen des dichtbewaldeten Tokaj-Hegy. © Dancsecs Ferenc
Furmint-Beeren von vollreif und überreif über rosiniert bis eingetrocknet. © Dancsecs Ferenc
Terez Kapelle mit Weinbergen im Tokaj Gebiet. © Shutterstock
Herbstliche Lauftaufnahme von Rebanlagen in der Herkunft Tokaj. © Shutterstock