Sein letzter Arbeitstag war in der Vorwoche, operativ ausgestiegen war Wolfgang Hamm als Weingutsleiter von Stift Klosterneuburg (Niederösterreich) schon Wochen zuvor. Nach 16 Jahren nahm der gebürtige Weinviertler seinen Hut. Das Stift dankt artig und sucht einen Nachfolger für eine Qualitätsoffensive.

Stift Klosterneuburg besitzt renommierte Rieden in drei Weinbaugebieten: Klosterneuburg (Wagram), Wien und Thermenregion. © Stift Klosterneuburg

Wolfgang Hamm ist mit dem Thema Wein aufgewachsen. Während seines Wirtschafts-Studiums in Wien und den USA arbeitet er auf Weingütern in Österreich und Frankreich, promovierte über Weinmarketing. Zunächst sammelt er Berufserfahrung im Lebensmittelmarketing ehe Wolfgang Hamm die Leitung des Weinguts Stift Klosterneuburg übernahm. Gerne war er auch als Vortragender in Weinseminaren tätig.

In einer offiziellen Meldung des Stifts liest sich der Abschied so: „Nach 16 Jahren engagierter Tätigkeit als Leiter des Weingutes des Stiftes Klosterneuburg zieht sich Wolfgang Hamm auf eigenen Wunsch aus dieser Funktion zurück. Die Leitung des Weinguts übernimmt interimistisch Dietmar Pfeiffer. Wolfgang Hamm bleibt dem Haus in beratender Funktion erhalten.“

Rosen zum Abschied für Sekt und Apfelsaft

Der Kämmerer (Finanzchef) von Stift Klosterneuburg, Anton Höslinger CanReg, selbst Augustiner Chorherr, streut ebenfalls Rosen: „Wolfgang Hamm modernisierte das Weingut, führte es zum ersten klimaneutral zertifizierten Weingut Österreichs, erreichte zahlreiche Top Auszeichnungen der Stiftsweine und entwickelte unseren „Mathäi“ zu einem der besten Sekte Österreichs.“ Wirtschaftsdirektor Andreas Gahleitner lobt denn auch noch die „sortenreinen Apfelsäfte mit ihrem unverfälschten, natürlichen Geschmack.“

Die beratende Tätigkeit bei solchen Trennungen überbrückt in der Regel irgendwelche vertraglichen Fristenläufe oder ist Teil einer Abfindung mit deren Hilfe der direkte Wechsel zu einem Mitbewerber unterbunden werden soll. Nachfolger Dietmar Pfeiffer agiert interimistisch und gilt als Sanierung- beziehungswiese Change-Manager. Das Weingut ist zwar weithin bekannt, wirtschaftlich aber nicht das Glanzstück des Stiftes, das über gewaltige Besitzungen in halb Österreich gebietet.

Toplagen in drei Weinbaugebieten

Ein tatsächlicher Nachfolger für Wolfgang Hamm scheint noch nicht gefunden oder zumindest nicht startklar zu sein. Auf die Dame oder den Herrn wartet ein großer Brocken an diffizilen Aufgaben. Das Wein und Obstgut Stift Klosterneuburg ist für österreichische Verhältnisse ein Großbetrieb, gilt als ältestes Weingut des Landes. Es besitzt renommierte Rieden in drei Weinbaugebieten: Klosterneuburg (Wagram), Wien und Thermenregion. Das ist aber gleichzeitig auch das Problem: Die Weinbau-Großlage Klosterneuburg ist nach wie vor auf der Suche nach ihrer Identität und Herkunft (neben Wagram DAC), ein Anschluss an die erfolgreichen Weinbaugebiete Wien und Thermenregion – nunmehr beide mit DAC Status – liegt vorerst auf Eis. Man möchte zwar sehr gerne, aber die Wunschpartner zieren sich.

Potenzial heben und in Flaschen bringen

Das Weingut Stift Klosterneuburg sitzt dabei zwischen den Stühlen, hat zuletzt auch der DAC Werdung der Thermenregion keinen Stempel aufgedrückt. In allen drei Weinbaugebieten verfügt das Stift teils über beste Rieden, die mit jenen der besten Winzer dieser Herkünfte mithalten können. Dieses Potenzial zu heben und in die Flaschen zu bringen wird eine der Kernaufgaben des neuen Managements sein.