Trotz festem Traditionsbewusstsein für die Heimat Rust wurde im Hause Paul und Günter Triebaumer schon früh Weltoffenheit praktiziert: Die Faszination für legendäre Herkünfte und Sorten führte zur Kreation einer vielschichtigen Cuvée namens Weite Welt, deren jüngste Füllung das 25. Jubiläum darstellt.

Ganz schön kräftig: Wie der Macher, so die Weine – Günter Triebaumer bei der Arbeit. © Steve Haider

In Zeiten von Fake News und Deepfake mag die Behauptung, dass in Rust die „Weite Welt“ daheim sei, bei vielen Menschen für Skepsis sorgen. Nachvollziehbar, passt doch die ganze große weite Welt und alles, was sie ausmacht, wohl kaum in die kleine Freistadt hinein. Im vinophilen Sinne aber ist es tatsächlich so, denn in dem seit 2004 von Günter und Regina Triebaumer geführten Weingut wird etlichen der weltweit wichtigsten Ingredienzen roten Weinmachens in der Cuvée Weite Welt seit langem Quartier gewährt. Das ampelographische Weltenspiel wird inzwischen nämlich schon seit einem Vierteljahrhundert ohne Unterbrechung alljährlich aufgeführt.

Rust und die Welt

Im Hause Triebaumer wurde schon früh mit renommierten internationalen Sorten experimentiert. Dabei wandte sich Vater Paul Triebaumer in jener Zeit, als die Bordeaux-Sorten Cabernet Sauvignon und Merlot sich in der heimischen Winzerschaft zunehmender Beliebtheit erfreuten, trotz großer Hürden in Sachen Beschaffung und Genehmigung den damals noch weniger bekannten Herkünften Piemont und Rhône zu. So gab es bereits Ende der Achtzigerjahre Versuche mit Nebbiolo aus dem Barolo.

Sohn Günter brachte von einem dank Weinakademie-Stipendium zustande gekommenen Praktikums in Südafrika 1990 Syrah, der auf 35-jährige Frühroter-Veltliner-Reben in der kleinen Eden aufgepfropft wurde, sowie ein paar Stöcke Pinotage mit nach Hause. Nach der ersten Syrah-Ernte 1993 kam es zur Beantragung einer Sondergenehmigung für Syrah und Nebbiolo, die erst nach dreimaliger Ablehnung und Intervention erteilt wurde.

Die eigentliche Keimzelle der Cuvée Weite Welt geht jedoch auf das Jahr 1994 zurück: Damals wurde ein Weingarten in der Ried Kraxner mit Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah ausgepflanzt, der seit damals das dominierende Fundament dieses Rotwein-Blends bildet.

Heimattreue und Seitensprünge

Ampelographische Seitensprünge gab es aber weiterhin in Sonderzahl. Bereits 1994 gelangten nach Anfrage der Triebaumers bei mehreren renommierten Rioja-Betrieben Tempranillo-Reben in heimische Erde, dort fanden sich auch ein paar Reben der deutschen Decksorte Dunkelfelder, und selbst Tinta Barroca verbrachte einen Kurzurlaub in Österreich.

Wenige Jahre später wurde das experimentelle Sortiment um Tannat und Petit Verdot sowie um die von Freunden aus Südtirol stammenden Sorten Lagrein und Teroldego erweitert. Carménère erwies sich aufgrund seines zarteren Gemüts als Teamplayer weniger geeignet, wurde jedoch für ein Soloprogramm engagiert. Trotz seiner noblen Herkunft aus Ridge-Weingärten wollte sich schließlich US-Bürger Zinfandel mit den pannonischen Bedingungen gar nicht anfreunden, weshalb dessen Engagement nach kurzem Gastspiel beendet wurde.

Cabernet, Merlot &&&

Die Triebaumer’sche Weite Welt erblickte 1997 erstmals das Licht der Weinwelt. Wurden anfangs lediglich Cabernet Sauvignon und Merlot auf dem Etikett angegeben, so bemühte sich Günters Vater Paul beim Jahrgang 1998 zuerst mit Offenlegung aller Sorten. Nach kellereiinspektorlicher Schelte wurde die Angabe auf Cabernet (ohne nähere Bezeichnung) und Merlot reduziert, in weiterer Folge gab man sich mysteriöser mit Bezeichnungen wie „Cabernet, Merlot &&&“.

Die Weite Welt war von Anfang an ausgesprochen frankophil, und doch wird ihr eigenständiger wie höchst gelungener Charakter von etlichen Nationalitäten geprägt. Manche mögen darüber die Nase rümpfen, doch verlief es ja bei einigen mittlerweile als Weltsorten zu betrachtenden Klassikern wie Chardonnay, Cabernet Sauvignon, Merlot und in leicht absteigender Bedeutung vielen weiteren Sorten ähnlich.

Höhepunkte und Überraschungen

Wie erwartet nach der Performance im vergangenen Vierteljahrhundert, brachte die exklusive Vinaria Vertikalverkostung der „Weiten Welt“ eine Reihe von Highlights, dazu einige Überraschungen. Richtige Enttäuschungen gab es praktisch nicht, nur standen ein paar Jahrgänge im Schatten ihrer übermächtigen Nachbarn.

Überraschungen gab es genügend: Unter den ältesten Vertretern verblüffte 1999 mit Kraft und Saft, bildhübsch waren die Vertreter aus den kühlen Jahren 2001, 2008 und 2010, auch 2020 hatte einiges zu bieten, auch wenn er derzeit von seiner Höchstform noch etwas entfernt ist. Unter den oft kritisch betrachteten Jahrgängen beeindruckte der herausragende, unverständlicherweise immer noch als Geheimtipp geltende große 2004er, der seinen tollen wie opulenten Vorgänger aus dem Hitzejahr 2003 noch übertrumpfte, sowie der herrliche, elegant-tiefgründige 2007er.

Die Weite Welt aus dem Frostjahr 2016 konnte dank der vorhandenen Fruchttiefe, Geschmeidigkeit und Struktur problemlos mit ihren ausgezeichneten Brüdern aus Wärme- und Hitzejahren wie 2006 und 2009, 2012 und 2015 sowie 2018 und 2019 mithalten, oft auch überflügeln.

Die schillerndsten Highlights

Die schillerndsten Highlights stammten aus Jahren mit komplett unterschiedlichen Bedingungen, was für Weinbauer und Weinmacher Triebaumer ebenso spricht wie für die Herkunft. Dazu zählten der dralle Powerwein aus dem Hitzejahr 2003 ebenso wie der extrem engmaschige 2004er und der gediegen-feine 2007er, dazu die grandiosen Vertreter aus den legendären Jahren 2011 und 2017.

Potenzial zu höheren Weihen weisen auch einige der anderen Weltweine auf, vor allem die beiden jüngsten Vertreter aus 2021 und 2020, die zum Verkostungszeitpunkt noch nicht beziehungsweise derzeit nicht so gesprächig waren, wie sie es sein können – hier ist Geduld angesagt!

ALLE KOSTNOTIZEN wurden in Vinaria Ausgabe 02/1024 veröffentlicht.

 

Topliste Cuvée Weite Welt, Weingut G+R Triebaumer, Rust

1997 Weite Welt 16,4
1998 Weite Welt 16,0
1999 Weite Welt 17,2
2000 Weite Welt o.W.
2001 Weite Welt 16,8
2002 Weite Welt 15,8
2003 Weite Welt 18,0
2004 Weite Welt 18,5
2005 Weite Welt 16,2
2006 Weite Welt 17,1
2007 Weite Welt 18,1
2008 Weite Welt 16,9
2009 Weite Welt 17,2
2010 Weite Welt 16,7
2011 Weite Welt 18,8
2012 Weite Welt 16,8
2013 Weite Welt 15,6
2014 Weite Welt 16,0
2015 Weite Welt 17,0
2016 Weite Welt 17,5
2017 Weite Welt 18,5
2018 Weite Welt 17,1
2019 Weite Welt 17,3
2020 Weite Welt 16,5
2021 Weite Welt 16,6
2021 Geistreich 17,0

 

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Rust im Burgenland ist Herkunft der hervorragenden Kreszenzen von Günter und Regina Triebaumer. © Weingut G + R Triebaumer
rilliant: Die Treibaumer‘schen Rotweine zeichnen sich durch ihre intensive dunkle Farbe aus. © Steve Haider
Weinakademikerin Regina Triebaumer beim jungweinkosten. © Steve Haider
Minky Triebaumer, etwa 75 Prozent Wildkatze, scheut keine Konflikte, legt sich gerne auch mit Hunden an. © Vinaria
Beeindruckende Vertikale aus 25 Jahren: Regina und Günter Triebaumer sind zu Recht stolz auf ihre Weite Welt. © Vinaria
Weite Welt, Weingut G+R Triebaumer © Weingut G+R Triebaumer