Vegetarische, teils vegane Gerichte liegen im Trend. Auch immer mehr Wachauer Köche entdecken ihre grüne Seite und servieren fantasievolle fleisch- und fischlose Gerichte. Und das durchaus nicht nur in Form von Marillenknödeln und anderen Süßspeisen. 

In einer Frage sind sich die Wachauer Gastronomen einig. Der Ruf nach vegetarischen Gerichten und veganen Alternativen wird immer lauter. Kaum eine Reservierung, kaum eine Tischgesellschaft, bei der der Wunsch nach fleischlosen Gerichten kein Thema ist.

Raffinierte Kreationen statt Beilagen-Teller ohne Fleisch

Sommelier Hartmuth Rameder und 3-Hauben-Koch Erwin Windhaber, die beiden Gastgeber in der Hofmeisterei Hirtzberger, bieten in Wösendorf eine ungemein fantasievolle, naturbelassene und regionale Landgasthausküche. Für beide ist der Trend klar erkennbar: »Wir sehen es alleine schon daran, dass wir jeden Monat weniger Fleisch bestellen.« Gleichzeitig will Windhaber seine Gäste nicht einfach nur mit erweiterten Beilagentellern abspeisen. »Bei uns verlassen sich die Leute schon darauf, dass sie nicht nur Gemüseteller mit Kroketten bekommen, sondern feine, elegante und vor allem durchdachte Gerichte.«

Die weiße Paradeisersuppe mit Basilikum und sizilianischer Zitrone ist eine Zierde ihrer Art, und bei der Paradeiservariation mit Burrata und Basilikum können sich unsere italienischen Nachbarn ein Schäuferl abschneiden. Die Hofmeisterei Hirtzberger, die nach wie vor exzellente Fleisch- und Fischgerichte offeriert, hat sich dadurch aber auch unter Vegetariern als genussvoller Geheimtipp etabliert.

Vegan oder klassisch – die zwei Varianten des Beuschels

Im Gutshofrestaurant des Weinguts Holzapfel Prandtauerhof wird ebenfalls getüftelt. In der Kennzeichnung der Speisen geht man noch einen Schritt weiter. Das eine oder andere wird als »vegan« gekennzeichnet. Für Barbara Holzapfel ein logischer Schritt, denn »obwohl uns viele wegen unserer fleischlastigen Klassiker besuchen, fragen immer mehr Gäste nach vegetarischen und veganen Alternativen.«

Genau hier wird es für vegane Genießer interessant, denn auf der Karte steht auch eine vegane Variante des Beuschels. Nur werden dabei von Küchenchefin Karin Irk statt Herz und Lunge einfach Wurzelgemüse und Kräuterseitlinge kleingeschnitten. Die Konsistenz der Pilze ist der Lunge recht ähnlich. Die vegane Variante kostet beim Holzapfel genau gleich viel wie der Klassiker und schmeckt auch – zumindest – gleich gut. Wobei das Beuschel nicht das einzige vegane Gericht auf der Holzapfelkarte ist. Marinierter Kohlrabi mit Radieschen-Vinaigrette, Liebstöcklcreme und gerösteten Eierschwammerln ist ein derart intensives und vielfältiges Gericht, dass der Wunsch nach Fleisch schnell verfliegt.

Pioniere des vegetarischen Genusserlebnisses

In Mautern befinden sich, nur einen Steinwurf voneinander entfernt, zwei Betriebe, die beide als Pioniere gelten. Pionierinnen, wenn man genau ist. Christine Saahs und der Nikolaihof auf der einen, Lisl Wagner-Bacher und das Landhaus Bacher auf der anderen Seite. In beiden Betrieben werkt mittlerweile die nächste Generation. Im Landhaus Bacher verantwortet Thomas Dorfer, der Schwiegersohn, die Küche des Restaurants, im Nikolaihof hat Niki Saahs, der Sohn, das Ruder übernommen. Nur die Gastronomie, die ist immer noch fest in Christines Hand.

Im Landhaus Bacher reicht der Gedanke zurück ins Jahr 2007, als im Mai das erste, rein vegetarische Menü auf der Karte stand. Fünf Gänge, an denen man heute noch seine Freude hätte. Als Hauptgang wurden damals knusprige Röllchen von Waldviertler Erdäpfeln mit Spargel und Muskatblütenbutter gereicht. Ein Teller übrigens, der klar zeigt, wo die Stärken der Landhaus-Bacher-Küche liegen: solides Handwerk (die Röllchen), Regionalität und Herkunft (Waldviertel), Saisonalität (Spargel) und Eleganz (Muskatblütenbutter), kombiniert mit Kreativität.

Daran hat sich seither nichts geändert. »Die Gerichte sind vielleicht etwas präziser beim Anrichten geworden. Und man macht sich mehr Gedanken zu den Themen Harmonie und überraschende Effekte am Teller«, erklärt Thomas Dorfer.

Vegetarisch als Genuss, nicht als Ideologie

Auch unter der alten Linde im Nikolaihof ist man in Bezug auf die vegetarische Küche wenig dogmatisch. Hier geht es um das, was der Nikolaihof aus vollem Korn und Gemüse anbietet. Und das ist viel, köstlich und einzigartig. Der Nikolaihof selbst hat eine stattliche Geschichte.

Ältestes Weingut Österreichs, unangefochtener Pionier im biodynamischen Weinbau und bei historischen Studien kam heraus, dass es das älteste, bewohnte Gebäude des Landes überhaupt ist. Jedenfalls atmen die Mauern des Guts Geschichte, und die alte Linde könnte so einige Geschichten erzählen.

Das gilt auch für Christine Saahs. Sie beschäftigt sich seit fast einem halben Jahrhundert mit der biodynamischen Landwirtschaft und Fragen gesunder Ernährung und ihrer Wirkung auf Menschen. Dass die Weinstube, die Gastronomie des Nikolaihofs, biozertifiziert ist, versteht sich fast von selbst. Für die Gerichte der Weinstube bedeutet das, dass die verwendeten Produkte entweder aus der eigenen (klarerweise biozertifizierten) Landwirtschaft kommen oder von zertifizierten Partnern.

Das vegetarische Buffet ist wie gesagt einzigartig. Etwa frischer Schafkäse mit Kürbiskernöl und frischen Kräutern aus dem Garten, ebenfalls in Kernöl marniertes Gemüse mit gerösteten Kürbiskernen, Emmerreis-Salat auf Sauerampfer und Parmesan. Bei den Vorspeisen spielen frische Kräuter eine zentrale Rolle. Im Menü weist Christine Saahs darauf hin, dass alle Blüten und Kräuter, die bei den Gerichten verwendet werden, gesund und essbar sind.

Bei der großen Auswahl an Hauptgängen geht es weiter: Brennnesselknödel mit Käse und gerösteten Hefeflocken (mittlerweile ein Klassiker am Nikolaihof), Berglinsen mit Serviettenknödel oder Risotto vom Waldviertler Emmerreis u.v.m. Christine Saahs sucht ihre Produkte nicht nur bei befreundeten (biodynamischen) Landwirtinnen und Landwirten, sondern auch im nahen Umfeld. In Summe ist der Nikolaihof ein Hort der Ruhe und des gesunden Genusses. Eine Tatsache, die sich auch in drei Kochbüchern von Christine Saahs widerspiegelt.

Veganes Erdäpfelgulasch im Wirtshaus

Auch wenn es kaum jemand an die große Glocke hängt, das kulinarische Angebot in der Wachau ist so groß, dass vegetarischen Genießern das Herz aufgeht. Die Palette reicht dabei von bodenständiger Wirtshausküche mit vegetarischen Klassikern hin zu eleganten, feingliedrigen Gerichten mit Fantasie und Kreativität. Der Schwarze Bär in Emmersdorf etwa gehört zu erster Kategorie. Wirt und Küchenchef Martin Pritz und sein Sohn Georg schicken etwa ein – veganes – Waldviertler Erdäpfelgulasch mit gebratenem Tofu ins Rennen, das seinesgleichen sucht. Die veganen und vegetarischen Gerichte machen zwar nur einen kleinen Teil der Speisekarte aus, aber diese Gerichte haben es in sich. Alleine die hausgemachten Nudeln mit Kräuterseitlingen und Parmesan sind einen Abstecher nach Emmersdorf wert.

Raffinierte Kreationen mit saisonalem Gemüse

Die vegetarischen Gerichte im Restaurant Jamek in Joching sowie im Hotel Schachner in Maria Taferl sind eine Spur eleganter und filigraner. In beiden Betrieben findet man vegetarische Gerichte, die in Erinnerung bleiben. Beim Jamek sind es die Steinpilzravioli mit Salbeischaum und zweierlei Kürbis, im Schachner tischt Küchenchef Wolfgang Bauer weißen Spargel mit Morcheln, Waldviertler Erdäpfel kombiniert mit japanischer Mispel auf. Eine aufregende und nachhaltig in Erinnerung bleibende Interpretation des Saisonklassikers. Überhaupt kocht Bauer eine Küche, die von Leichtigkeit und Eleganz geprägt ist. Fein im Geschmack wird dabei das Thema Gesundheit (und damit auch die pflanzliche Basis) unaufdringlich, aber immer stärker in den Vordergrund gerückt.

Die Gaststätte des traditionsreichen Weingutes Jamek birgt so manchen Hausklassiker. Das Kalbsbeuschel ist weit über die Regionsgrenzen hinaus bekannt, und alleine schon die Hechtnockerl oder Topfenhaluschka sind für viele ein Grund, Joching zu besuchen. Es gibt aber eben nicht nur diese Dauerbrenner auf der Karte. Chefkoch Alexander Gross legt Wert darauf, sowohl bei den Vorspeisen wie auch bei den Hauptspeisen immer mindestens ein vegetarisches Gericht anzubieten.

Bleibt als Resümee unserer kleinen Tour: Die Küche der Wachau hat auch eine grüne Seite, die es wert ist, entdeckt zu werden.

Quelle: Wachau Magazin 2024

 

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Hartmut Rameder (als Maître) und Erwin Windhaber (als Küchenchef) sind in der Hofmeisterei Hirtzberger in Wösendorf angetreten, um eine naturbelassene, regionale Küche im gehobenen Stil anzubieten. Ziel erreicht. Gerichte wie Grüner Spargel, Eigelb, Macadamia-Nuss, Radieschen, Anticuchera-Sauce beweisen das. © Günter Standl
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Hofmeisterei Hirtzberger © Johannes Kernmayer
Vieles im Gutshausrestaurant am Prandtauerhof von Familie Holzapfel ist solide Klassik, anderes ist wieder auf der experimentellen Seite. Beim Spargel gibt es aber keine Spielereien. Ein Stundenei, etwas Forellenkaviar, geröstete Mandeln, ein paar Blüten zur Dekoration. Das war's. Und es ist großartig. © Günter Standl
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Prandtauerhof © Frank Heuer
Thomas Dorfer vom Landhaus Bacher in Mautern ist einer der höchstdekorierten Köche des Landes. Und ein Pionier in Sachen vegetarischer Spitzenküche. Genau so sehen auch seine Kreationen aus. Hier zum Beispiel ein Klassiker seines Sommermenüs: Bohnenvielfalt. © Günter Standl
© Günter Standl
Landhaus Bacher © Günter Standl
Christine Saahs vom Nikolaihof in Mautern hat schon viele Bücher übers Kochen geschrieben. Es ist ihre große Leidenschaft. Sie weiß sehr genau, wie die Pflanzen und Kräuter ihres Gartens schmecken. So entstehen Gerichte wie diese gefüllten Selleriescheiben mit Erdäpfeln und Wildkräuterrahm. © Günter Standl
Nikolaihof © Günter Standl
Im traditionsreichen Hotel-Restaurant »Zum Schwarzen Bären« in Emmersdorf werkt Familie Pritz seit Generationen. Am Herd steht Gastgeber Martin Pritz (Bild), an seiner Seite Sohn Georg. Tomaten, Schafkäse und Vinaigrette. So stimmig können die kulinarischen Schätze der Region in Szene gesetzt werden. © Johannes Kernmayer
© Günter Standl
Zum Schwarzen Bär © Johannes Kernmayer
Ein Hauch Fernost in Maria Taferl. Im Hotel Schachner werden weiße Spargelspitzen zu Waldviertler Erdäpfel, Morcheln und japanischen Mispeln kombiniert. Ein himmlischer Teller von zauberhafter Harmonie und unglaublicher Finesse. Im Frühjahr ist diese Kombination an Saisonalität kaum zu überbieten. © Günter Standl
© Günter Standl
Hotel Schachner © Johannes Kernmayer
Ohne Zweifel ist der Gastgarten beim Jamek einer der schönsten des Landes. Inmitten der eindrucksvollen Weingärten der Wachau wird man von Küchenchef Alexander Groß verwöhnt. Mit Gerichten wie diesem: Gefüllte Spitzpaprika mit Couscous, Pimentos de Padrón und Maiscreme. Gewiss nichts Alltägliches. Aber das sollte ein Besuch beim Jamek ohnehin nicht sein. © Günter Standl
© Günter Standl
Jamek © Johannes Kernmayer