Trotz eines Beschlusses des Oberlandesgerichtes Düsseldorf zugunsten der deutschen Lizenznehmer geht der Streit um die Rechte an Gault&Millau in Deutschland weiter. Lizenzgeber Gault&Millau International hat nun angekündigt, den Rechtsstreit in die Schweiz zu verlagern zu wollen. 

Das OLG Düsseldorf hatte die Vorwürfe, die Gault&Millau International gegenüber dem Lizenznehmer in Deutschland, der Henris Edition GmbH, erhoben hat, zurückgewiesen. Die Henris Edition besteht daher drauf, rechtmäßiger Inhaber der Lizenz für Gault&Millau in Deutschland zu sein. 

Gault&Millau International sieht das allerdings anders: In einer Stellungnahme wird erklärt, dass Henris Edition aus Deutschland die Marke Gault&Millau unverändert „ohne jede rechtliche Grundlage – auch in eigenen Pressemitteilungen“ nutze. Damit wird ein neuerlicher Konflikt eröffnet. In der Presseerklärung heißt es weiter: „Die Marke Gault & Millau als international anerkanntes Symbol für höchste Exzellenz wird keinerlei Schädigung ihres guten Rufs tolerieren, sondern diese unnachgiebig verfolgen.“

Gault&Millau International hat in der Schweiz Klage gegen den deutschen Lizenznehmer erhoben. Die Anwälte der Henris Edition haben bereits eine Abmahnung in die Schweiz gesendet und fordern eine Unterlassungserklärung. "Die geäußerten Vorwürfe, die ja durch das OLG nicht bestätigt wurden, müssen unterbleiben. Wird die Unterlassungserklärung nicht unterschrieben, ziehen wir vor Gericht", wird Henris Edition zitiert.

Gault&Millau bleibt dabei, die Lizenzvereinbarung mit dem deutschen Partner bereits zum 16. November 2023 gekündigt zu haben. Henris Edition hat diese Kündigung allerdings nicht akzeptiert. Die Lizenzgeber versuchten, mit einer einstweiligen Anordnung die Untersagung der Nutzung seiner Marke zu erreichen. Das Landgericht Düsseldorf wies den Antrag ab. Dagegen legte Gault&Millau Beschwerde ein, über die am 18. Januar 2024 das Oberlandesgericht entschied.

Gerichte entschieden aus formalen Gründen

Wie die Restaurant-Ranglisten berichten, hätten beide Gerichte den Antrag allerdings nicht inhaltlich geprüft. Lediglich die Kündigungsgründe wären nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Eine außerordentliche fristlose Kündigung wiederum sei verspätet gewesen, da der Antragstellerin (Gault&Millau International) bereits seit Monaten die von ihr behaupteten Vertragsverstöße bekannt gewesen seien.

Henris Edition erklärte, dass man die Tests für die App und den im Herbst 2024 erscheinenden Führer fortsetze. Dabei wurden die Modalitäten der Tests und der unterjährigen Publikation über die neue App offenbar zum Zankapfel zwischen Lizenznehmer und -geber. Künftig soll beim deutschen Gault&Millau ein „Expertenrat“ die Profitester beraten, die Leser sollen die Möglichkeit haben, mittels eigener Tests die Profis zu „kontrollieren“ („test as a tester“), diese Lesertests würden ebenfalls online publiziert.

Neue Modalitäten der Tests umstritten

Die Lizenzkosten seien vertragsgemäß bis einschließlich 2025 vollständig bezahlt und man werde die daraus resultierenden Rechte vollumfänglich wahrnehmen. Henris hat inzwischen eine eigene Webseite online gestellt, auf der das deutsche Gault & Millau-Medienangebot dargestellt wird. Auf der Webseite von Gault&Millau International wurde der Link zur deutschen Ausgabe entfernt, scheint diese nicht mehr auf.

Dass aufgrund des erbitterten Streits eine Verlängerung der deutschen Lizenz über 2025 hinaus möglich ist, kann derzeit ausgeschlossen werden. Dem Restaurantführer stehen daher im wichtigen deutschen Markt weiterhin bewegte Zeiten bevor, nachdem die Lizenznehmer in den vergangenen Jahren nahezu jährlich gewechselt hatten.

Österreich-Ausgabe nicht betroffen

Gault&Millau International ist Inhaber der weltweiten Markenrechte und vergibt die Lizenzen für die Ausgaben des Restaurantführers in den einzelnen Ländern. So auch für Österreich, wo ein Unternehmen im Besitz von Martina und Karl Hohenlohe als Lizenznehmer fungiert. Die Österreich Ausgabe ist von dem Streit in Deutschland in keiner Form betroffen.

 

Gault&Millau Deutschland: Wechselvolle Geschichte

Der Gault-Millau Deutschland wurde seit 1983 und damit 34 Jahre lang vom Münchner Christian Verlag verlegt. 29 Jahre war Manfred Kohnke der Chefredakteur. Im Herbst 2017 übernahm überraschend die Münchner ZS Verlag GmbH die Lizenz, nachdem die Franzosen dem Christian Verlag gekündigt hatten. Ende 2019 gab ZS bekannt, die Zusammenarbeit mit Gault-Millau zu beenden und statt dessen künftig den deutschen Restaurantführer Gusto herauszugeben. Ein Streit mit den Lizenzgebern in Paris über die digitale Umsetzung des Guides wurde dazu ins Treffen geführt.

Nur ein Jahr später, 2020, gab der Medienkonzern Hubert Burda Media bekannt, die Lizenz erworben zu haben. Chefredakteur und Chef-Tester wurde Christoph Wirtz. Schon Anfang 2022 wurde ein erneuter Verlagswechsel von Burda zu Henris Edition bekannt, die von früheren Mitarbeitern an dem Projekt bei Burda mit neuen Partnern gegründet wurde. Im Juli 2023 trat Christoph Wirtz als Chefredakteur ab. Das französische Stammhaus hatte nach jahrzehntelanger Zusammenarbeit mit dem Christian Verlag offenbar kein glückliches Händchen mit den Nachfolgern.

Russen kontrollieren Markenrechte

Seit einigen Jahren befindet sich Gault&Millau International im Besitz russischer Investoren, die damit die weltweiten Markenrechte kontrollieren, nicht jedoch Marke und Geschäfte im Stammland Frankreich. Der Streit in Deutschland wird immer wieder emotional mit den angespannten Beziehungen zwischen Russland und Deutschland infolge des Ukraine-Krieges und der Sanktionen gegen Russland gesehen. Stichhaltige Beweise dafür liegen allerdings nicht vor.