Bei Riesling denkt man nicht spontan an die Steiermark, obwohl gerade in den vergangenen Jahren immer wieder bemerkenswerte Weine aus dieser Rebsorte gekeltert wurden. Vinaria hat verkostet und erstaunliche Ergebnisse erzielt.

Gerhard Wohlmuth in seinen steilen, hochgelegenen Rieden im Sausal. © Michael Königshofer

Die Wiege des Königs der Weißweine, wie der Riesling oft genannt wird, dürfte an den deutschen Gestaden des Rheins zwischen Karlsruhe und Worms gestanden sein. In der Steiermark sind weniger als 70 Hektar mit dieser edlen Rebsorte bestockt, wovon etwas mehr als 44 Prozent auf die Südsteiermark entfallen, knapp 21 Hektar auf das Vulkanland Steiermark sowie gut drei Hektar auf die Weststeiermark.

Botschafter des Terroirs, Herkunft definiert

Riesling ist eine jener Rebsorten, die ihr Terroir besonders gut transportieren. Die Bodenbeschaffenheit in den Weinbaugebieten der Grünen Mark ist ausgesprochen abwechslungsreich. Sand und Sandstein finden wir in der Südsteiermark ebenso wie im Vulkanland und in der Weststeiermark. Kristallines Gestein wie Schiefer und Gneis begegnet uns in Teilen der Südsteiermark – insbesondere in den hoch gelegenen Rieden des Sausals im Großraum Kitzeck – sowie im Schilcherland, in Spuren auch in der Südoststeiermark. Weine von kristallinen Böden sind in der Regel filigran strukturiert und wirken eher säurebetont.

Die Steiermark steht im Schatten der für Riesling renommierten Herkünfte wie der Wachau, des Kamptals oder der deutschen Anbaugebiete. Ein Kollege hat für die aktuelle Verkostung zusammenfassend festgehalten, er sei überrascht von der hohen Klasse dieser steirischen Rieslinge. Wie ist das zu erklären?

Bei vielen Weinen bildete sich der Boden, in dem die Reben wurzeln, sensorisch klar erkennbar ab. Es geht dabei weniger um Aromen als vielmehr um die vom jeweiligen Untergrund geprägte Struktur. So präsentierten sich Weine von kristallinen Böden wie Gneis oder Schiefer signifikant anders als solche von Opok, Ergussgestein oder sandigen Böden mit Schotter.

Darüber hinaus bietet die Steiermark dem Riesling meteorologische Bedingungen, die ihm entgegenkommen und seine Rasse fördern. Diese Varietät steht in der Steiermark nicht so sehr im Rampenlicht wie Sauvignon Blanc, Muskateller oder weiße Burgundersorten.

Sausal ist die steirische Riesling-Hochburg

Wenig überraschend kamen viele der Probanden aus dem Sausal, das sich seit einigen Jahren einen guten Ruf für Riesling erarbeitet hat, was nicht zuletzt seinen kristallinen Böden und der Höhenlage geschuldet sein dürfte. Die wenigen Rieslinge aus der Weststeiermark wussten ebenso zu überzeugen wie jene aus dem Vulkanland Steiermark oder von den Opok-, Sand- und Schotterböden der Südsteiermark.

Aufgefallen ist das subtile Spiel mit dem Restzucker. Einige Weine waren legistisch trocken mit Restzuckergehalten zwischen sechs und neun Gramm pro Liter und entsprachen somit dem Ausschreibungserfordernis. Sensorisch fiel diese moderate Restsüße nicht auf, sie pufferte aber die Säure merklich ab. Das ist nichts Verwerfliches, solange ein Wein nicht in die Beliebigkeit abdriftet

Ried Edelschuh von Wohlmuth ganz oben

Obschon bekannt ist, dass es in der Steiermark bemerkenswerte Rieslinge gibt, hat das unerwartet hohe Niveau doch etwas überrascht. Wenig überrascht hingegen haben die Namen der Produzenten, die im Spitzenfeld vertreten sind.

Ganz oben auf dem Siegerpodest steht der 2021er Riesling Ried Edelschuh des für diese Varietät anerkannten Weingutes Wohlmuth aus dem südsteirischen Fresing bei Kitzeck. Dieser Wein vereint Eleganz, Feinheit und einen vom Schieferboden geprägten Charakter. Mit dem Riesling Ried Dr. Wunsch hat dieser Betrieb einen weiteren Wein unter die Top drei gebracht. Auch der gleich alte Riesling Ried Steinriegl Strohbart hat es ins Finale geschafft. Dieser Wein ist legistisch trocken, der Restzucker stellte sich ohne Zutun des Winzers ein, was primär dem extrem kargen Boden dieser Parzelle zuschreiben ist.

Schmölzer holt Silber vor Felberjörgl

Nur ganz knapp hinter dem Siegerwein rangiert der 2020er Riesling Ried Gaisriegl vom Weingut Schmölzer aus St. Andrä-Höch im Sausal. Diese Riede ist für bemerkenswerte Rieslinge ebenso prädestiniert wie für eleganten Sauvignon Blanc oder filigranen Chardonnay. Dieser kühle und feingliedrige Wein, der aromatisch an deutsche Gewächse erinnert, hat es auf 17,5 Punkte und fünf Sterne gebracht.

Das Weingut Felberjörgl aus Kitzeck komplettiert das Siegertrio mit dem Riesling Ried Höchleit’n von 2021, ein sortenaffiner, kräftiger Wein, der förmlich auf dem Gaumen klebt, wie einer der Verkoster anmerkte. Dieser Betrieb brachte drei Weine ins Finale und bestätigte damit seine Kompetenz bei dieser Rebsorte.

Dicht gedrängt innerhalb der Top 10

Nur jeweils 0,1 Punkte dahinter platzierte sich eine Gruppe weiterer Winzer, die dem König der Weißweine große Aufmerksamkeit schenken, nämlich Dreisiebner Stammhaus aus Gamlitz, das Weingut Kodolitsch aus Leibnitz, zweimal Wolfgang Maitz aus Ratsch bei Ehrenhausen sowie Schauer aus Kitzeck. In dieser Gruppe ist Opok-Boden ebenso vertreten wie Sand und Schiefer.

Die Marke von 17 Punkten gleichfalls geknackt haben Stefan Potzingers Riesling Ried Steinriegel 2022, der ein Jahr ältere Ried Kogelberg vom Weingut Kodolitsch, die Ortswein-Reserve Kitzeck-Sausal von Schauer von 2019 sowie Felberjörgls Höchleit’n Reserve von 2018.

Das Weingut Fischer aus St. Anna am Aigen brachte mit dem 2021er Ried Stradenberg einen warm getönten Wein von vulkanischem Untergrund in die Runde der Besten. Gleich viele Punkte erhielt der Riesling Ried Karnerberg 2018 vom Weingut Grill aus Leutschach.

Komplettiert wurde das Finale durch das Weingut Masser aus Leibnitz mit dem Riesling Ried Oberglanz von 2020 und dem Riesling Steinbach Selektion von Söll in Gamlitz, mit 2016 der älteste Wein der Verkostung.

Zur Verkostung:

Für Vinaria blind verkostet haben Martin Tasser, Willi Hirsch und Wolfgang Wachter, Autor dieses Beitrags. Die insgesamt 66 Weine wurden im Zuge einer Basisrunde, eines Finales und mehrerer Runden im Minifinale bewertet.

 

Topliste: Steirische Rieslinge

17,6 Weingut Wohlmuth  2021 Riesling Ried Edelschuh
17,5 Weingut Schmölzer 2020 Riesling Ried Gaisriegl
17,2 Weingut Felberjörgl 2021 Riesling Ried Höchleit’n
17,2 Weingut Wohlmuth 2021 Riesling Ried Dr. Wunsch
17,1 Weingut Dreisiebner 2021 Riesling Ried Zoppelberg
17,1 Weingut Kodolitsch 2021 Riesling Kitzeck-Sausal
17,1 Weingut Maitz 2020 Riesling Ried Hochstermetzberg
17,1 Weingut Maitz 2019 Riesling Ried Hochstermetzberg
17,1 Weingut Schauer 2020 Riesling Ried Gaisriegl
17,0 Weingut Felberjörgl 2018 Riesling Ried Höchleit’n Reserve
17,0 Weingut Kodolitsch 2021 Riesling Ried Kogelberg
17,0 Weingut Potzinger 2022 Riesling Ried Steinriegel
17,0 Weingut Schauer 2019 Riesling Kitzeck-Sausal Ortswein Reserve
16,8 Weingut Felberjörgl 2019 Riesling Ried Höchleit'n Reserve
16,8 Weingut Fischer 2021 Riesling Ried Stradenberg
16,8 Weingut Grill 2018 Riesling Ried Karnerberg
16,8 Weingut Schmölzer 2021 Riesling Ried Gaisriegl
16,8 Weingut Schmölzer 2022 Riesling Ried Gaisriegl
16,7 Weingut Masser 2020 Riesling Ried Oberglanz
16,7 Weingut Söll 2016 Riesling Steinbach Selektion
16,7 Weingut Wohlmuth 2021 Riesling Ried Steinriegl Strohbart


Topliste: Steirische Rieslinge Best Buy bis 12 Euro

16,2 Weingut Leitgeb 2022 Rheinriesling Gleichenberg € 8,90
16,2 Weingut Kieslinger 2020 Riesling Kitzeck-Sausal € 9,50
16,2 Weingut Temmel 2021 Riesling Kitzeck-Sausal € 11,00
16,0 Weingut Platzer 2022 Riesling Vulkanland Steiermark € 9,60
16,0 Weingut Müller 2022 Riesling Vulkanland Steiermark € 9,70
15,9 Weingut Weber 2020 Riesling unfiltriert € 8,50
15,9 Weingut Söll 2020 Riesling unfiltriert € 10,50
15,8 Weingut Strauss 2021 Riesling Kitzeck-Sausal € 9,50
15,8 Weingut Weber 2022 Riesling Stainz € 9,50
15,8 Weingut Strauss 2022 Riesling Kitzeck-Sausal Generation III             € 11,00
15,8 Weingut Temmel 2022 Riesling Kitzeck-Sausal € 11,00
15,7 Weingut Kieslinger 2021 Riesling Kitzeck-Sausal € 9,50
15,7 Weingut Kratzer 2022 Riesling Südsteiermark € 9,50
15,7 Weingut Albert Fam. Cramer 2020 Weißer Riesling Kitzeck-Sausal € 11,90
15,5 Weingut Engel 2022 Riesling Vulkanland Steiermark € 9,20

 

Abo bestellen - Die gesamte Reportage, ausführliche Kostnotizen und alle Interviews finden Sie in der Ausgabe Vinaria 05/2023. Bestellen Sie Vinaria jetzt einfach & bequem zum Erscheinungstermin nach Hause. Das Jahresabo Vinaria mit 8 Ausgaben pro Jahr inklusive dem großen Weinguide Österreich ist um € 69,00 (EU-Ausland € 89,00) erhältlich. Jetzt im Vinaria Abo-Shop bestellen.

Gustav Schneeberger vom Weingut Schmölzer © apresvino.at
Christine und Hans-Peter Temmel © Johannes Sommer
Rudolf und Hannes Dreisiebner aus Gamlitz © Johannes Sommer
Mario Weber vom Weingut Kodolitsch © Werner Krug
Wolfgang Maitz (rechts) mit Sommelier René Kollegger © Michael Koerbler Photography
Stefan und Bernhard Schauer, Kitzeck im Sausal © Michaela Lorber
Stefan Potzinger © Weingut Potzinger
v.l n.r.: Bernhard Fischer, Claudia Fischer-Gangl, Klaus Fischer © Weingut Fischer
Peter jun., Effi und Peter sen. vom Weingut Grill © Weingut Grill / weingutgrill.at
Peter und Florian Masser © Gerald Flor