In Italien wurde vor wenigen Tagen für die Nachtlese von Weintrauben ein Standard-Kodex mit den wichtigsten Richtlinien und ein Logo als Zertifikat vorgestellt. Die Initiative geht von einer Winzerin aus. Die Nachtlese wird auch in Mitteleuropa immer häufiger nötig.

In südlichen Weinbauländern hat sich die Nachtlese – die Lese der Trauben in der Nacht oder in den sehr frühen Morgenstunden, bei künstlichem Licht – schon lange als Standard durchgesetzt, zumal der Klimawandel frühere Traubenreife und deutlich höhere Temperaturen bei der Lese mit sich bringt.

1998 war das bekannte Weingut Donnafugata im Westen Siziliens das erste, das mit der Nachtlese von Chardonnay Schlagzeilen und Furore machte. Danach setzte sich diese Lesevariante rasch durch. Dabei kommen die Trauben kühler und im Idealfall ohne künstliche Kühlung rasch in den Keller und werden dort – gekühlt – verarbeitet bis hinein in die Tanks oder Fässer. Der Transport der Trauben oder bei maschineller Lese der Beeren erfolgt bei längeren Strecken im Kühl-LKW.

Donnafugata auf Sizilien hat Nachtlese erfunden

Die Beeren behalten bei einer geschlossenen Kühlkette mehr von ihren Inhaltsstoffen und Aromen und kommen schonend zur Verarbeitung. Hohe Temperaturen zwischen Lese und Keller schaden der späteren Weinqualität. Im laufenden Jahr (2024) waren auch Österreichs Winzer verstärkt zur Nachtlese gezwungen, zumal die Temperaturen Ende August und bis zum Beginn der Septembermitte tropisch hoch waren.

Die Initiative in Italien legt nun die genauen Spezifikationen, Methoden und Zeiten der Nachtlese fest. Den Grundstein dazu legte Sarah Dei Tos, Besitzerin des Weinguts La Vigna di Sarah (21 Hektar, Rebsorte Glera) und eines Agrotourismus im Veneto in der Prosecco Region. Die Winzerin möchte die Erfahrungen von zehn Jahren Nachtlese in Italien katalogisieren und durch ein klares Regelwerk in die önologische Praxis integrieren.

"Die Rebe reagiert auf Temperaturschwankungen, indem sie die Beeren tagsüber aufbläht und im Schutz der Dunkelheit wieder einzieht, wobei sie die natürlichen Inhaltsstoffe sammelt, um die Beeren wiederstandsfähig und kompakt zu halten. In diesem Zustand ist es einfacher, die Trauben zu lesen und zu transportieren. Am Ende gewinnen Qualität und Geschmack der Weine“, erklärt Sarah Dei Tos.

Zertifizierung auch für nicht-italienische Winzer möglich

Ein Zertifizierungsprozess soll allen Winzern offen stehen und von einem unabhängigen Institut abgewickelt werden. Am Ende steht das Recht, als sichtbares Zeichen das neue Logo der Nachtlese auf den Etiketten der Weinflaschen abzudrucken. Damit soll die aufwändige Nachtlese, die für die Weinqualität oft essentiell ist, für die Konsumenten transparent werden. Nachhaltigkeitsaspekte sind Teil des Regulativs.

Bei der Präsentation am 13. September 2024 gaben sich Größen der italienischen Weinbranche die Ehre ebenso wie der Präsident der Region Veneto, Luca Zaia. Zertifizierung und Logo sollen auch interessierten Winzern außerhalb Italien offenstehen.