„Griiiiiechischer Wein…..“ war einer der Superhits von Udo Jürgens. Aus einer Zeit, als Legionen von Griechenland-Urlaubern Hellas nur mit dem weithin ungenießbaren Retsina assoziierten. Das hat sich radikal geändert. Vinaria Verkoster Viktor Siegl hat die weißen Rebsorften unter die Lupe genommen.

Mangels Alternativen hat ein Glas von dem Zeug namens Restsina zum fetten Abendessen bei schwülen Temperaturen sogar geschmeckt. Wer sich dann eine Flasche mit nach Hause nahm, konnte dem pickigen Wein später aber gar nichts mehr abgewinnen. Diese Zeiten sind lange vorbei. Griechenland zählt zu den aufstrebenden Weinländern der Welt. Die Winzer dort haben ihre Keller und Arbeitstechniken radikal modernisiert, die Sorten den Böden und dem Klima angepasst und nicht nur durch Reduktion am Rebstock alle Weichen Richtung Qualität gestellt. Vinaria Autor und Verkoster-Doyen Viktor Siegl hat sich des Weinlandes Griechenland angenommen, konkret der weißen Rebsorten, die in Hellas gedeihen:

„Allen Widrigkeiten zum Trotz ist Griechenland nach wie vor eines der beliebtesten Sommer-Reiseziele der Österreicher. Und wer sich für Wein abseits von Retsina interessiert, wird feststellen, dass die griechische Weinwirtschaft, die etwa über die gleiche Anbaufläche wie Österreich verfügt, speziell in den beiden letzten Jahrzehnten enorme qualitative Fortschritte gemacht hat. Evident wird dies vor allem bei den Weinen aus au-tochthonen weißen Rebsorten.

Da wäre etwa die hoch aromatische und doch elegante Malagousia-Rebe, die erst vor rund fünfzig Jahren wieder entdeckt wurde. Die erste Anpflanzung von Ktima Gerovassiliou ergibt aus 2022 einen intensiven wie schwungvollen Wein, dessen Fruchtspektrum von Clementinen und Yuzu bis zur Kirschpflaume reicht. Eine völlig andere Stilistik verfolgt das thessalische Weingut Kontozisis, das sich der Biodynamie verschrieben hat und ansonsten nur Orange-Weine keltert. Der schlicht Sun getaufte Malagousia ist zwar konventionell ausgebaut, allerdings spontan vergoren und unfiltriert; das von mineralischer Kargheit geprägte Gewächs, das ein wenig an Chablis erinnert, setzt jedenfalls in puncto Eleganz und Rasse neue Maßstäbe.  

Eine exzellente weiße Rebsorte, ja vermutlich die beste hellenische überhaupt, ist der Assyrtiko, der ursprünglich von der Vulkaninsel Santorini stammt. Die Messlatte für den Assyrtiko der Urheimat bildete lange Zeit das Weingut Sigalas, dessen blutjunger 2022er vorerst eher auf nussige Würze setzt, aber mit seiner Feinheit und Dichte bereits sein großes  Potenzial anklingen lässt. Schon balancierter gibt sich im Vergleich zu diesem „ungezähmten Vulkanier“ der Canava Chrissou der Kellerei Tselepos, deren Stammhaus sich am Peloponnes befindet, die aber auch über diese Assyrtiko-Top-Lage in Santorini verfügt und daraus einen hoch eleganten, von jugendlicher Rasse geprägten Vieilles Vignes gewinnt. Der 2021er gleitet mit noblen Aromen von Birne und Bitterorange über den Gaumen und reiht sich mit dieser tollen Performance in der internationalen Spitzenklasse ein.

Aber auch im Verbund mit allochthonen Rebsorten stellt der Assyrtiko seine Rebe, wie etwa der Ovilos des hoch angesehenen, ganz im Osten von Makedonien gelegenen Weingutes Biblia Chora beweist: Blütenhonig wird in dieser chicen Cuvée mit Sémillon von kandierten Zitrusfrüchten abgelöst; ein ebenso eigenständiger wie einprägsamer Tropfen voll Saft und Kraft und unbändigem Temperament.

Damit zu einer absoluten Rarität, den folgerichtig auch als „Rarus K“ bezeichneten Kidonitsa des in Nemea gelegenen Weingutes Bairaktaris, wo Dichtpflanzung und minimale Eingriffe einen unverwechselbaren, glasklaren und animierenden Jungwein ergeben, der mit zarter, muskatig-zimtiger Note und intensiver Kräuterwürze überzeugt. Die allermeisten der zuvor beschriebenen Weine können übrigens bei dem Griechenland-Spezialisten Manfred Huth erworben werden.“