Die Verkostung der jugendlichen Premium-Rotweine aus Österreich hat das erwartete hohe Niveau erreicht, zumal das Gros der eingereichten Proben aus dem großen Weinjahr 2021 stammte. Die roten Top-Weine von 2022 haben jedoch gezeigt, dass in Zukunft auch mit diesem Jahrgang zu rechnen ist.

Zweifellos besitzen die gelungenen 2021er generell jene Dichte und Substanz, die es rechtfertigen, von einem exzellenten Rotweinjahr zu sprechen, dessen bessere Exemplare sich außerdem offenbar sehr langsam entwickeln. Im Vergleich mit den ebenfalls hochgelobten 2019ern wirken sie bei annähernd gleichem Extraktgehalt aufgrund der höheren Säure etwas härter und rassiger, während die 2019er zur gleichen Zeit vielleicht ein wenig runder, harmonischer und eleganter erschienen. 

Die vielfach unterschätzten 2020er, die voriges Jahr so positiv überrascht hatten, waren auch diesmal mit einigen sehr ordentlichen Repräsentanten vertreten, allen voran der fulminante „G“ von Albert Gesellmann, den sicherlich keiner der Juroren diesem relativ schwierigen Jahrgang zugeordnet hätte. 

Erstaunlicher Jahrgang 2022

Die 2022er Rotweine, die rund ein Drittel des Starterfeldes beanspruchten, haben diesmal für die nächste positive Überraschung gesorgt, auch wenn diese nicht immer die Dichte und Substanz der besten 2021er besitzen, aber mit frühzeitiger Balance und Eleganz glänzen, wozu sich idealerweise ein ausgeprägt dunkelbeeriges Fruchtspiel und delikater Schmelz gesellen.

Ein Musterbeispiel, was in diesem Jahrgang alles zu erreichen ist, liefert gleich unser diesjähriger Siegerwein, der mit suggestiv anmutendem Fruchtreichtum und untadeliger Finesse gesegnete 2022er Hennry von Victoria und Gernot Schreiner aus Rust. Der glockenklare, Cabernet-affine Auftritt wird durch den rassigen Schub vor dem Abgang noch optimal komplettiert, den ihm offenbar der Blaufränkisch-Anteil verliehen hat.

Einen wunderbaren Blaufränkischen aus dem Jahrgang 2022 ergibt der hochberc des Weingutes Gesellmann, der zugegebenermaßen das zuvor entworfene Idealbild des 2022ers eher konterkariert, weil er bei aller Kraft so straff und kernig erscheint, dass man ihn am liebsten noch zwei, drei Jahre im Keller heranreifen lassen möchte. 

Gleiches lässt sich auch zum Krutzler’schen Perwolff sagen, der in seiner Vitalität ebenfalls extrem jugendlich erscheint. Der Nächste im Bunde dieser hochbewerteten „Langsam-Starter“ ist zweifellos der Blaufränkische von der Ried Plachen von Günter und Regina Triebaumer, der die dunkelfruchtige Opulenz dieser sehr speziellen Lage aber schon gut wiedergibt.

Deutlich runder und offenherziger, ohne die feste Struktur und engmaschige Ader zu vernachlässigen, präsentierten sich die beiden eleganten Carnuntiner Gewächse in Gestalt des Rosenberg von Gerhard Markowitsch und des Bärnreiser von Philipp Grassl

So gut wie erhofft – die besten 2021er

Über die Vorzüge dieses Jahrganges hat Vinaria bereits oft und ausführlich berichtet, und so ist es wahrlich keine Überraschung, dass dieses Weinjahr derart viele mit fünf und vier Sternen bedachte Rotweine hervorgebracht hat. 

An der Spitze stand wieder einmal der mit seltener Komplexität und perfektem Fassausbau beeindruckende Werner Achs-Blend, dessen Potenzial in der Magnumflasche bei optimaler Lagerung wohl mit Jahrzehnten zu bemessen ist. Ganz neu war ein mitreißender, supersaftiger Blaufränkischer aus der Riede Bärnreiser von Gerhard Markowitsch, der sogar den wie immer brillanten Top-Wein des Hauses in Form des „M 1“ ein wenig in den Schatten gestellt hat. 

In absoluter Top-Form präsentierte sich auch der Reihburg von Uwe Schiefer, der quasi die Quintessenz eines Blaufränkischen vom Eisenberg verkörpert. Schon eine österreichische Weinlegende in Rot ist der Mariental-Blaufränkische von Altmeister Ernst Triebaumer, dessen Söhne das bezwingende Fruchtspiel nach schwarzen Kirschen und Brombeeren Jahr für Jahr perfekt herausarbeiten. 

Unter den besten Cuvées, die gegenüber den nach wie vor dominierenden Blaufränkischen etwas Boden gutgemacht haben, ragte auch der nur einen Hauch reduktiv anmutende, unverwechselbare Salzberg von Gernot Heinrich hervor, der im Glas von Minute zu Minute punkto Struktur und Aussagekraft zugelegt hat. 

Nur einige wenige Premium-Weine kamen noch von 2019 und aus dem Hitzejahr 2018, aber diese haben sich großteils wacker geschlagen. Klar an der Spitze lagen die 2018er Alten Reben von Silvia Heinrich, die ganze vier Jahre im großen Fass zum nunmehr sehnigen und rotfruchtigen Blaufränkisch-Meisterwerk hatten heranreifen dürfen. 

Was das Ranking der Rebsorten betrifft, war die qualitative Dominanz der Blaufränkischen speziell bei den hoch bewerteten Weinen nach wie vor augenscheinlich, wenn sich auch an der Spitze der Fünf-Sterne-Weine diesmal erfreulicherweise einige Cuvées positionieren konnten. Bei den französischen Globetrottern haben die reinsortigen Cabernets die Merlots wieder einmal klar distanziert. 

Pinot vor Sankt Laurent

In der aus Pinot Noir und St. Laurent zusammengesetzten Gruppe der burgundischen Sorten gab es heuer relativ deutliche Schwerpunkte. Einerseits setzten sich durchaus erwartet die St. Laurents aus dem jüngsten Jahrgang, 2022, deutlich in Szene und zeigten dort eine klare Dominanz gegenüber den Pinots. Die überragende Frucht und Frische dieser Sorte scheint 2022 besonders markant ausgebildet zu sein. Eine gewisse Überraschung gab es hingegen in der Gruppe der Reserve-Weine, denn in dieser brillierten die Pinot Noirs, allen voran die Vertreter aus dem sehr pikanten, energetischen Jahrgang 2021. 

Die Spitzenränge bei den 2022ern wurden fast durchwegs von Spezialisten belegt: Heuer konnte sich wieder einmal Markus Iro aus Gols mit dem St. Laurent Herrschaftswald ganz knapp vor dem Göttlesbrunner Philipp Grassl mit St. Laurent Reserve platzieren, dahinter landete vom Ortskollegen Gerhard Markowitsch die Pinot Noir Reserve. Es folgten vier Vertreter aus der Thermenregion – mit Leo Aumann, Johann Gisperg und der Familie Reinisch trugen sich drei Laurents mit Potenzial ins Ranking ein, der vierte im Bunde war das aus Teesdorf stammende Bio-Weingut Frühwirth mit Pinot Noir Hutweide.

Ganz knapp dahinter beeindruckten Silvia Heinrich aus Deutschkreutz mit ihrem vielleicht besten Pinot Noir bisher von 2019 sowie die Familie Rainisch mit 2021 Sankt Laurent Holzspur. Einen weiteren Zehntelpunkt dahinter kam Gesellmanns Pinot Noir Siglos aus demselben Jahr. Mit Gebeshuber, Auer und Reinisch folgten wieder Winzer aus der Thermenregion vor Bründlmayer, Schwertfüherer 47er und Dankbarkeit.

 

Topliste Gesamt

18,4Bioweingut Schreiner2022 Hennry (CS,BF) BG
18,3Weingut Gesellmann2020 G BG
18,2Werner Achs2021 Werner Achs Reserve (Magnum) BG
18,1Weingut Gesellmann2022 Blaufränkisch hochberc BG
18,1Gerhard Markowitsch 2021 Blaufränkisch Ried Bärnreiser CA
18,0Weingut schiefer.pur2021 Blaufränkisch Ried Reihburg Eisenberg BG
17,9Ernst Triebaumer2021 Blaufränkisch Ried Mariental BG
17,8G+R Triebaumer2022 Blaufränkisch Ried Plachen BG
17,8Weingut Silvia Heinrich2018 Alte Reben Blaufränkisch Silvia Heinrich Edition BG
17,8Weingut Prieler2021 Ried Goldberg Blaufränkisch BG
17,8Gerhard Markowitsch 2021 M 1 NÖ
17,7Weingut Krutzler2022 Perwolff (Blaufränkisch) BG
17,7Weingut Prieler2021 Ried Marienthal Blaufränkisch BG
17,7Weingut Heinrich2019 Salzberg (Ried Golser Salzberg) BG
17,6Paul Achs2021 Ried Altenberg Blaufränkisch BG
17,6Anita und Hans Nittnaus 2021 Blaufränkisch Ried Jungenberg Jois LB
17,6Weingut Philipp Grassl 2021 Bärnreiser Reserve 1ÖTW CA
17,5Weingut Philipp Grassl 2022 Ried Bärnreiser 1ÖTW CA
17,5Gerhard Markowitsch 2022 Rosenberg BG
17,4Weingut Artner2021 massive. A (rot) NÖ
17,4Weinmanufaktur Follner2019 Freude pur Blaufränkisch Ried Ritter BG
17,4Bio-Weingut Frühwirth 2022 Pinot Noir Reserve Ried Hutweide TH
17,4Weingut Kollwentz2020 Point Blaufränkisch Ried Großhöfleiner Point BG
17,4Anita und Hans Nittnaus 2021 Blaufränkisch Ried Gritschenberg Jois LB

 

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Gernot und Vici Schreiner mit Kindern Joachim, Severin, und Vinzenz Schreiner (v.l.) © Philipp Allmaier
Silvia und Albert Gesellmann © Weingut Gesellmann
Beeindruckten mit Blaufränkisch Ruster Ried Plachen: Regina und Günter Triebaumer. © Steve Haider
Melanie und Reinhold Krutzler zählen zu den Stars am heimischen Rotweinhimmel. © Michael Königshofer
Multitalent Philipp Grassl: Mit Cuvée Bärnreiser wie St. Laurent im Spitzenfeld. © Steve Haider
Offensichtlich viele Stärken: Gerhard Markowitsch aus Göttlesbrunn. © Stefan Feichtinger
Heuer wieder Spitze: Werner Achs mit seiner gleichnamigen Cuvée aus 2021. © Weingut Werner Achs
Uwe Schiefer aus Welgersdorf lieferte wieder einen tollen Reihburg ab. © Weingut Schiefer.pur
Familiäre Erfolgsstory in Rust (v.l.): Gerhard, Claudia, Herbert und Stephanie Triebaumer vom Weingut Ernst Triebaumer. © Stefan Mang
Könnerin mit Fingerspitzengefühl: Silvia Heinrich aus Deutschkreutz. © Mili Badic
Bei Georg Prieler ritterten die Riedenweine von Goldberg und Marienthal um die betriebsinterne Vorherrschaft. © Weingut Prieler
Ihr Salzberg war unter den Top-Cuvées: Gernot und Heike Heinrich. © Sophia Schillik
Paul Achs aus Gols begeistert regelmäßig mit seinen Lagen-Blaufränkisch – heuer Ried Altenberg © Roland Unger
Fixgrößen in der Rotweinelite Österreichs: Anita und Hans „John“ Nittnaus aus Gols. © Julia Geiter
Niki Windisch brillierte mit 2021 Blaufränkisch One Step More. © Alexander Seidl
Kellermeister Peter Artner vom Traditioinsweingut Artner in Höflein in Carnuntum. © Weingut Artner
Martina & Alfred Weber vom gleichnamigen Weingut in Deutsch-Schützen. © Fotografie Iris Maria Milisits
Dagnar und Ludwig „Luigi“ Follner landeten mit Blaufränkisch Freude Pur im Spitzenfeld. © Weinmanufaktur Follner
Familie Kollwentz mit viel Frauenpower (v.l.): Eva Maria, Barbara, Andi, Heidi und Christina Kollwentz. © Weingut Kollwentz
Alexander Egermann aus Illmitz trug sich zweifach in die Best-Buy-Listen ein. © Steve Haider
Ein beachtlicher Syrah zumoderatem Preis kam von Gernot Schuhmann. © Birgit Schuhmann
Der Tribun von Karoline Taferner aus Göttlesbrunn war bester reinsortiger Cabernet Sauvignon. © Stefan Mang
Bernhard und Werner Fassold lieferten mit 2022 FASSzination Rot einen Preishit. © Werner Krug, Weinhof Fassold
Starke Familie aus Tattendorf (v.l.): Hannes, Thomas, Sebastian, Christian und Michael Reinisch. © Julius Hirtzberger
Hans Frühwirth aus Teesdorf sorgte mit seinen Pinot Noirs für eine tolle Überraschung. © Weingut Frühwirth