Zarte Aromatiker - elegant, fruchtbetont, knackig: Gerade im mittelgewichtigen Bereich löst der von nobler wie prägnanter Aromatik geprägte Riesling oft höchstes Trinkvergnügen aus. Vinaria verkostete die besten Sortenvertreter aus 2022, die sich aromentreu und trinkanimierend präsentieren.

Neben dem dominierenden Grünen Veltliner wird auch der Riesling zu den klassischen Weißweinsorten der Donauregion westlich von Wien gezählt. Gilt Ersterer zu Recht als weiße Visitenkarte Österreichs, was eigenständigem Charakter wie auch der sehr großen Verbreitung zu verdanken ist, so liegt es beim rebflächenmäßig moderat vertretenen Riesling wohl an einem höchst einnehmenden Mix an Eigenschaften – allen voran Eleganz, Frucht und Rasse –, die sich gegenseitig nicht nur ergänzen, sondern in ihrer Kombination mehr als die Einzelteile zu ergeben scheinen. Wobei gerade besonders gelungene Beispiele aus der Mittelklasse dank Saftigkeit bei gleichzeitigem Biss große Anziehungskraft besitzen.

Saftigkeit bei gleichzeitigem Biss

Wichtiger Baustein des vinophilen Genusses ist die ebenso ausgeprägte wie bezaubernde Aromatik, die jahrgangsbedingt unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Das hinsichtlich Wetterverlauf insgesamt ungewöhnliche Jahr 2022 war zudem durch regionale und lokale Unterschiede in Sachen Wetterereignisse geprägt; der Wettergott beliebte Pingpong zu spielen. Der Start ins Jahr war verhalten mit überwiegend milden Temperaturen und einem Mangel an Niederschlägen, die ersten Monate insgesamt etwas unwirsch. Trocken ging es weiter bei warmer Witterung, der Rückstand in der Vegetation konnte aufgeholt werden, und so setzte die Rebblüte sogar recht früh ein, allerdings in vielen Gebieten von Niederschlägen begleitet, die Pflanzenschutzmaßnahmen der drohenden Pilzinfektionen wegen erforderlich machten. In der Donauregion herrschte ab Juli vielerorts extreme Trockenheit, dazu Hitze – jedoch nicht so in der Gegend von Langenlois, wo im Juli jede Menge Regen fiel, und wo auch sonst einige klimatische Bocksprünge wie massive herbstliche Regenfälle ausblieben.

Der August war oft staubtrocken, sodass Junganlagen und Reben in seichten, durchlässigen Böden stark litten, bis hin zum Vegetationsstopp. Problematisch war in den betroffenen Gebieten, dass die Gradation und auch physiologische Reife stockten, die Säurewerte allerdings fielen. Im September kam dann endlich der ersehnte Regen, allerdings wieder in vielen Gegenden im Übermaß. Bei der Lese war Wachsamkeit angesagt und viele Winzer zogen diese in Rekordzeit durch – erfolgreich, wie viele schöne Sortenvertreter beweisen.

Verführerische, modellhafte Klassiker

Aufgrund der regional teils recht unterschiedlichen Bedingungen wie auch der vielen wichtigen Entscheidungen, die im Weingarten zu treffen waren – Pflanzenschutz, Laubarbeit, Grünlese, Selektion –, gab es nicht ganz unerwartet eine relativ kleine Spitzengruppe, viele gute und sehr gute Weine und kaum Abstürze. Die besten Rieslinge in dieser Gewichtsklasse kann man durchaus als modellhaft bezeichnen, auch wenn der Jahrgang insgesamt zwar aromatisch präsent, substanzmäßig aber eher auf der zarteren Seite liegt.

Die Gemeinsamkeiten der aus verschiedensten Gebieten und Terroirs stammenden Oberklasse liegen auf der Hand: glockenklare Fruchtnoten gepaart mit pikanter, nicht allzu rassiger, dafür reifer Säure, und diese beiden Komponenten in entsprechend guter Abstimmung zueinander. 16 oder mehr Punkte erreichten diesmal lediglich acht Weine, dazu schrammten ein paar Vertreter knapp an dieser Marke vorbei. Den Sieg holte sich im finalen Vergleich der besten der Domaene Gobelsburg Riesling – ein echter Gebietswein mit Anteilen aus höheren und tieferen Lagen, der mit dezent fruchtigem Bukett, guter Fruchtfülle aus Zitrus und Marillen mit exotischem Touch und knackig-straffem Biss brillierte.

Gobelsburg vor Proidl und Tom Dockner

Einen Deut dahinter war der Riesling mit dem treffenden Namen „Steilheit“ vom Senftenberger Weingut Proidl zu finden, der seinen energetischen Auftritt ebenso straff und pointiert absolvierte und neben Grapefruits auch Pfirsiche im Fruchtfächer zu bieten hatte. Einen ganz anderen Stil verkörperte der eher sanfte, dafür sehr saftige Traisental-Riesling von Tom Dockner aus Theyern.

Dahinter folgte mit dem Kitzeck-Sausal-Riesling vom Weingut Schauer der erste steirische Vertreter, der ex aequo mit dem Ortswein von Johann Topf aus Straß den fünften Platz belegte. Auf über 16 Punkte hievte sich der bildhübsche Urgesteins-Riesling vom Weingut Bannert aus Obermarkersdorf, der punktegleich mit Barbara Öhlzelt aus Zöbing lag – kurz vor dem ersten Wachauer: Riesling Stein am Rain Federspiel vom Weingut Schmelz aus Joching. Im dahinter dicht gedrängten oberen Mittelfeld dominierten Vertreter aus der Donauregion, lediglich das Hagenbrunner Weingut Schwarzböck konnte hier mitspielen.

 

Topliste: Rieslinge 2022 aus Österreich (Auszug)

16,6 Weingut Schloss Gobelsburg 2022 Domäne Gobelsburg RI KA
16,5 Weingut Familie Proidl         2022 RI „Steilheit“ KR
16,4 Weingut Bründlmayer 2022 RI Kamptal Terrassen KA
16,3 Weingut Tom Dockner 2022 RI Parapluiberg TR
16,2 Weingut Schauer 2022 RI Kitzeck-Sausal SST
16,2 Weingut Topf 2022 RI Strass im Strassertal KA
16,1 Weingut Bannert 2022 RI Vom Urgestein Selektion NÖ
16,1 Weingut Barbara Öhlzelt 2022 Zöbinger RI KA
15,9 Weingut Schmelz 2022 RI Stein am Rain Federspiel WA
15,8 Weingut Tom Dockner 2022 RI Inzersdorf TR
15,7 Weingärtnerei Maximilian Aichinger 2022 RI Terrassen KA
15,7 Weingut Braun 2022 RI Ried Simbach WA
15,7 Weingut Schwarzböck 2022 RI Hagenbrunn NÖ
15,7 Weingut Steinschaden Schiltern 2022 RI Langenlois KA
15,6 Weingut Rixinger 2022 RI Ried Kalkofen Federspiel WA
15,6 Weingut Reinhard Topf 2022 RI Ried Gaisberg KA
15,5 Weingut Buchegger 2022 RI Gedersdorf KR
15,5 Weingut Josef Edlinger 2022 RI Mitanaund WA
15,5 Weingut Müller 2022 RI Ried Silberbichl KR
15,5 Weingut Sigl 2022 RI Federspiel WA
15,5 Weingut Steininger 2022 RI Langenlois KA
15,4 Gerhard Deim 2022 RI Schönberg KA
15,4 Domäne Wachau 2022 RI Ried Loibenberg Dürnstein Federspiel WA
15,4 Weingut Roman Gritsch 2022 RI Ried Setzberg Federspiel WA
15,4 Weingut Huber 2022 RI Getzersdorfer Engelsberg TR
15,4 Weingut Schmid 2022 RI Gobelsburg KA
15,4 Weingut Paul Stierschneider 2022 RI Terrassen Ried Loibenberg Federspiel WA

 

Topliste: Rieslinge 2022 aus Österreich, Best Buy bis 9 Euro  (Auszug)

15,7 Weingut Steinschaden Schiltern 2022 RI Langenlois KA € 7,00
15,6 Weingut Reinhard Topf 2022 RI Ried Gaisberg KA € 8,50
15,5 Weingut Josef Edlinger 2022 RI Mitanaund WA € 8,00
15,4 Weingut Schmid  2022 RI Gobelsburg KA € 8,90
15,3 Weinbau Steurer Maier 2022 RI Grafenegg KA      € 6,50
15,1 Weingut Michael Bauer 2022 RI Ruppersthal WG  € 8,50
15,1 Winzerhof Mayer-Hörmann 2022 RI Steinterrassen KA € 7,80
15,1 Godfried Steinschaden           2022 RI KA € 8,20
15,0 Gerhard Deim 2022 RI KA € 9,00
15,0 Weingut Josef Edlinger 2022 RI Furth Terrassen KR € 7,50
15,0 Weingut Familie Schulz 2022 RI Ried Schilling NÖ   € 7,90
15,0 Weingut Zeitlberger 2022 RI Ried Steinberg WG € 8,50

 

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Michael Mossbrugger © Weingut Schloss Gobelsburg
Patrick Proidl © Edwin Dullinger / ART74
Willi und Edwige Bründlmayer © Weingut Bründlmayer, Anna Stöcher
Tom Dockner aus Tehyern im Traisental. © Weingut Tom Dockner
v.l.: Hans, Hans-Peter & Maximilian Topf © Robert Herbst
Manfred Bannert © Carmen Krpnspiess
Barbara Öhlzelt aus Zöbing. © Weingut Barbara Öhlzelt
Florian und Thomas Schmelz aus Joching (v.l.) © Michael Parak
Maximilian Aichinger © Julius Hirtzberger
Veronika und Sebastian Braun © Weingut Braun
Rudolf & Anita Schwarzböck © Steve Haider