Nur wenige Weingüter können auf eine derartig lange Geschichte zurückblicken wie das Weingut Schloss Gobelsburg des Zisterzienserstifts Zwettl, das unter der Leitung des Visionärs und Pioniers Michael Moosbrugger in den letzten 25 Jahren immer neue Höhenflüge erlebt.

Der Kreuzgang stellt die Grenze zwischen Dies- und Jenseits dat und ist das unterirdische Zentrum von Schloss Gobelsburg. © Michael Moosbrugger

Der Schlossherr feiert das 850-Jahr-Jubiläum mit der Einweihung des neuen wie atemberaubenden Fasskellers. Wobei der schlichte Begriff diesem herausragenden Bauwerk bei Weitem nicht gerecht wird – handelt es sich doch um eine architektonisch wie spirituell beeindruckende Weinherberge, in der die Weine perfekte Reifebedingungen vorfinden. Und gerade diese Weine hatten selbstverständlich Priorität gegenüber jeglicher Symbolik und Ästhetik.

Die ursprüngliche Motivation, einen neuen Fasskeller zu bauen, war aus der Not entstanden, mehr Platz zu schaffen, weil einerseits den aktuellen Lagenweinen längere Reifezeiten gegönnt werden sollten und andererseits seit 2009 jedes Jahr ein bis zwei Fässer für Spätfüllungen (late release) auf die Seite gelegt wurden.

Bauwerk für mindestens 500 Jahre

Statt alles von Beginn an in die Hände eines Architekten zu legen, machte sich Michael Moosbrugger daran, zu eruieren, welche Bedürfnisse bestanden, und nach welchen Parametern diese erfüllt werden sollten. Dafür führte er zahlreiche lange Gespräche auf der einen Seite intern, vor allem mit Kellermeister Franz Karner, auf der anderen Seite mit vielen Spezialisten. Ganz wichtig war die Materialwahl, sollte es sich doch um ein Bauwerk handeln, das der langen Tradition insofern gerecht wurde, als es Bestand hatte – nämlich über mindestens fünf Jahrhunderte.

Der allseits beliebte Stahlbeton mit seiner unter einem Jahrhundert liegenden Beständigkeit fiel damit aus, dafür landete man nach langer Recherche bei den traditionellen Baumaterialien Ziegel und Stein sowie römischem Beton.

Bei der architektonischen Konzeption stand die Übertragung des klösterlichen Charakters nicht nur auf diesen neuen Bestandteil des Weinguts, sondern auf das Weingut insgesamt. Dazu gab es einen regen Informationsaustausch mit den Geistlichen des Stiftes Zwettl, insbesondere Bibliothekar Andreas Gamarith, der in Sachen Symbolik als Spiritus Rector diente.

Bauprinzip der Zisterzienser-Mönche mit Kreuzgang

Schließlich wurde in traditioneller Bauweise ein Keller erschaffen, der im Sinne des Zisterzienser-Bauprinzips entstand: Wie in einem Kloster gliedern sich die Funktionsräume des Weingutes rund um einen Kreuzgang, der den neuen Mittelpunkt des Kellers markiert; alle Räume des Weinguts sind um diesen angeordnet. Symbolik spielt hier eine tragende Rolle: Der per se funktionell nutzlose Kreuzgang mit Innenhof ist quasi ein Sinnbild für das Paradies, die im Boden eingearbeitete Ellipse ein Symbol für das heliozentrische Weltbild, die vier Wandflächen zierenden Zitate aus den vier Evangelien des Neuen Testaments wurden von Stiftsbibliothekar Gamarith mit der Hand geschrieben – jeweils in zweifacher Ausführung mit dem Erdpigment Siena Natur sowie mit Caput Mortuum.

25.000 Arbeitsstunden

Um diesen rund 1.000 Quadratmeter beanspruchenden Kellerbau mit 7 Meter Scheitelhöhe und bis zu 5 Meter Erdaufschüttung fertigzustellen, wurden 25.000 Arbeitsstunden aufgewendet, dabei 650 Tonnen Mörtel und eine halbe Million Ziegel verarbeitet. Nach dreijähriger Bauphase mit zahlreichen Herausforderungen bis hin zum Teileinsturz einer Kellerröhre wurde der neue Fasskeller im laufenden Jahr eingeweiht.

1171 begann die klösterliche Zeitrechnung für das hiesige Weingut, denn in diesem Jahr erhielten Zisterzienser Mönche des Stiftes Zwettl ihre ersten Weinberge rund um die Ried Heiligenstein und kelterten somit damals ihren ersten Wein. Im Lauf der Jahrhunderte entwickelte sich ein Klostergut von hohem Ansehen, das durch die Mönche geleitet wurde, bis sie die Verantwortung in die Hände von Michael und Eva Moosbrugger legten. Dies geschah vor genau 25 Jahren, also im Jahr 1996, womit wir bereits beim 2. Jubiläum wären.

Das dritte und vierte gelten ebenfalls für den Hausherrn: Michael Moosbrugger feierte heuer seinen 55. Geburtstag und lenkt seit 15 Jahren die Geschicke des Vereins Österreichische Traditionsweingüter (ÖTW).

Neue Wein-Edition 850 löst Tradition-Linie ab

Das Jubiläum wurde auch mit besonderen Weinkreationen gefeiert – kaum überraschend in diesem für historische Weinbereitung berühmte Gut. Dieser hat Michael Moosbrugger bereits in der Vergangenheit in Gestalt der „Tradition“-Weine gehuldigt. Neu ab diesem Jahr ist, dass die „Tradition“-Weine in Zukunft in Editionen herausgebracht werden. Als Auftakt in der Edition 850 wird der Jubiläumswein „Tradition Heritage 50 Jahre“ vorgestellt: eine Cuvée von Weinen aus fünf Jahrzehnten. Raritäten bis zurück in die 1970er-Jahre wurden dafür verwendet. Der Jahreszahl entsprechend wurden 1171 Kisten zu je sechs Flaschen sowie 850 Magnums von diesem außergewöhnlichen Wein abgefüllt. Dazu gibt es auch jüngere Weine: 20 und 10 Jahre bis zur regulären Version mit 3 Jahre Reifezeit.

Hausherr Michael Moosbrugger bei der Eröffnung einer der Festivitäten zur 850-Jahr-Feier von Schloss Gobelsburg. © Herbert Lehmann
© Herbert Lehmann
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