Munter weiter gehen die Diskussionen Pro und Kontra Lagenklassifizierung. Obwohl es um die anonymen Gegner auf der Plattform www.gluecklichelage.at mittlerweile ziemlich ruhig geworden ist, wirft Vinaria Weinanwalt Clemens Limberg kritische Fragen auf.

Mit der Weinrecht-Sammelverordnung 2023 wurden etliche weinrechtliche Vorschriften novelliert, ganz besondere Aufmerksamkeit hat aber der neu eingeführte § 1a der Weinbezeichnungsverordnung (WeinBVO) erwirkt. Dieser regelt nämlich die Verwendung der Begriffe „Erste Lage“ und „Große Lage“.

Demnach kann eine Riede unter bestimmten Bedingungen vom Nationalen Weinkomitee (nach Vorschlag des Regionalen Weinkomitees) als „Erste Lage“ oder – wenn sie seit mindestens fünf Jahren als solche bestand – als „Große Lage“ klassifiziert werden.

Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass die Riede (i) eine historische Bedeutung hat, (ii) eine gewisse Homogenität aufweist, (iii) eine gewisse Bedeutung hinsichtlich Weinmenge und Vermarktung hat, (iv) die Größe von 35 Hektar nicht übersteigt und (v) Weine mit einer besonderen Qualität und Typizität hervorbringt.

Mögen so eine Qualifikation und Rieden-Klassifizierung international durchaus üblich sein, in Österreich ist dies eine Neuerung. Und zwar eine Neuerung, die Widerstand hervorgerufen hat: Es hat sich eine anonyme Plattform formiert, die via Website (www.gluecklichelage.at) gegen diese Rieden-Klassifizierung ankämpft (die Website ist auf ein Grazer EDV-Unternehmen registriert).

Diese argumentiert im Wesentlichen damit, dass durch die Rieden-Qualifizierung außer wertmäßigen Folgen (erhebliche Preissteigerungen beziehungsweise -verfall) der Rebfläche nicht viel erreicht ist, und kündigt auch eine Verfassungsgerichtshof- Beschwerde an.

Nun, zunächst ist aus rechtlicher Sicht einmal festzuhalten, dass eine Website mit dem genannten Inhalt jedenfalls ein Impressum bzw. die Angaben nach MedienG enthalten muss (aus meiner Sicht sind sogar die Voraussetzungen für ein erweitertes Impressum nach § 25 MedienG gegeben).

Unabhängig von der rechtlichen Beurteilung wirft dies meines Erachtens auch „moralisch“ ein zweifelhaftes Licht auf die anonymen Initiatoren, die sich auf ein Unrecht berufen und selbst unrechtmäßig handeln.

Was die inhaltliche Argumentation betrifft, bin ich ebenfalls skeptisch: Denn zunächst ist es gar nicht leicht, eine Verordnung vor den VfGH zu bringen, dazu wird gefordert, dass man von der Verordnung rechtlich (also nicht nur wirtschaftlich, monetär) unmittelbar betroffen ist. Das ist derzeit (da ja noch gar keine „Erste Lage“ oder „Große Lage“ qualifiziert ist) wohl noch nicht gegeben.

Auch inhaltlich dürfte es schwierig werden, eine unsachliche Differenzierung (Verstoß gegen den Gleichheitssatz) herauszuarbeiten; zu bedenken ist nämlich, dass Differenzierungen nicht grundsätzlich unzulässig sind (sonst wäre ja fast alles unzulässig), sondern dass nur Differenzierungen immer sachliche Begründungen haben müssen.

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Dr. Clemens Limberg ist Geschäftsführer der Limberg Real Estate Group (limberg.at) und ausgewiesener Weinfreund.