Österreich holt fast regelmäßig einen Weltmeistertitel. Nein, die Rede ist nicht von alpinen Skirennen, sondern von der Rebsorte Sauvignon Blanc. Vinaria fühlt der Rebsorte und ihren Eigenschaften auf den Zahn.

„Sauvignon Blanc, auch Blanc Fumé oder Sauvignon Jaune genannt, ist eine Weißweinsorte mit weltweiter Verbreitung. Die Rebsorte gehört zu den 20 am häufigsten angebauten Rebsorten der Weinwelt und ist die zweitwichtigste weiße Qualitätssorte nach Chardonnay. Schon im Jahr 2010 lag die weltweite Anbaufläche bei 111.138 Hektar. Dies entsprach einer Steigerung von 70% in Bezug auf das Jahr 2000“, hält Wikipedia zum Thema Sauvignon Blanc fest.

Herkunft & Verbreitung

Sauvignon Blanc als Rebsorte wurde 1710 im Südwesten Frankreichs erstmals urkundlich erwähnt. Das Loiretal gilt als seine wahrscheinliche Heimat. In der Steiermark hat er eine lange Tradition. Der weitsichtige Landesvater Erzherzog Johann hat ihn bereits im 19. Jahrhundert eingeführt; damals hieß er Muskat-Sylvaner. Diese lange übliche Bezeichnung ist heute untersagt, da nicht zutreffend. Weder ist Sauvignon Blanc mit einer Muskatsorte oder mit dem Sylvaner verwandt, noch besitzt er ein Muskataroma. Vielmehr handelt es sich um eine Kreuzung aus Traminer und Chenin Blanc.

In Frankreich zählt die Sorte zu den „cépages nobles“, also zu den edelsten Rebsorten der Welt. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat sie sich in weißen Bordeaux-Weinen gegen den Ugni Blanc durchgesetzt, in vielen edelsüßen Weinen von Sauternes, Barsac oder Monbazillac ist Sauvignon Blanc ein wichtiger Cuvée-Partner neben Sémillon und Muscadelle. Im edelsüßen Aushängeschild Château d’Yquem beispielsweise ist er zu rund 20 Prozent enthalten.

In Bergerac, Côtes de Duras und Côtes du Marmandais, alle im Südwesten der Grande Nation, fungiert Sauvignon Blanc als Leitsorte in den trockenen Weißweinen. Weltweit die bekanntesten Sauvignons stammen aus den Appellationen Sancerre, Pouilly-Fumé, Menetou-Salon, Quincy und Reuilly in der Weinbauregion Loire. Im Anbaugebiet Pouilly Fumé ist Sauvignon Blanc auch unter dem Synonym Fumé Blanc bekannt. Dort wachsen die Reben auf Böden aus verwittertem Feuerstein, die den Weinen eine leicht rauchige Note verleihen, fumé eben.

Daneben ist diese Varietät mittlerweile in Italien, Deutschland, Slowenien, Spanien, Ungarn oder Bulgarien ebenso heimisch wie in den Überseeländern Neuseeland, Kalifornien, Argentinien, Chile oder Südafrika. In Deutschland ist der Sauvignon Blanc 1999 zum Anbau zugelassen worden, und zwar in Württemberg; in der Pfalz wurde er 2010 zur Rebsorte des Jahres proklamiert.

In der Steiermark hat dieser Globetrotter große Akzeptanz gefunden. Dort bringt er es auf rund 55 Prozent der österreichischen Anbaufläche von knapp 1.700 Hektar für Sauvignon Blanc, gefolgt von Niederösterreich mit rund 24 Prozent und dem Burgenland mit 19 Prozent. Bundesweit hat er damit einen Anteil von 3,8 Prozent an der Gesamtfläche aller Weingärten.

Merkmale

Die meist fünflappigen Blätter sind klein bis mittelgroß, der Rand ist gewellt. In jungem Stadium sind sie schwach behaart. Die Trauben sind in der Regel klein, dichtbeerig, zylindrisch, geschultert, sie tragen runde bis ovale, grüngelbe Beeren mit würzigem, krautig-grasigem Geschmack. Mit voller Reife werden sie goldgelb, die Schale ist dick. Die Rebe gilt als starkwüchsig, sie verlangt viel Laubarbeit.

Sauvignon Blanc benötigt gute, warme Lagen, der Boden sollte aber nicht zu schwer sein. Karge Untergründe fördern die Rasse. Die Blüten sind anfällig für Verrieselung, weshalb von windigen Standorten abzuraten ist. Die Widerstandsfähigkeit gegen Peronospora und Oidium ist schwach, die Reifezeit mittel bis spät.

Aromatik

Mit Reifegrad, Laubarbeit und Vinifikation lässt sich die Aromatik steuern. Je dichter die Laubwand und damit die Beschattung der Beeren in der Reifephase, desto mehr geht sie in Richtung grüner Paprika oder grüner Spargel. Schuld daran sind Methoxypyrazine wie das IBMP (2-Isobutyl-3-Methoxypyrazin) und das IPMP (2-Isopropyl-3-Methoxypyrazin). Methoxypyrazine sind sehr stabile Moleküle, nur Licht lässt sie leicht zerfallen. Deshalb reagiert die Aromatik sensibel auf Laubarbeit, und deshalb altern Sauvignons mit einem hohen Anteil an diesen Aromastoffen sehr gut und behalten in dunklen Kellern ihr jugendliches Aroma über Jahre.

Späte Lese, also reiferes Traubenmaterial, führt zu merklich weniger Paprikatönen. Bei Mostgewichten über 18 °KMW nimmt die klassische Sortenaromatik deutlich ab, eine Maischestandzeit in Form einer Kaltmazeration hingegen fördert sie.

Mercaptane wie MMP (4-Mercapto-4-Methylpentan-2-pentanon) zeichnen für ein Bukett verantwortlich, das an Cassis erinnert. Höhere Konzentrationen von MMP sind wenig charmant, sie wecken Assoziationen mit Katzenpipi. Die Geruchsschwelle liegt sehr niedrig, etwa auf dem Niveau von 2,4,6 Trichloranisol, das den gefürchteten Korkfehler verursacht. 3MH (3-Mercaptohexanol) ist für den Duft nach Grapefruits, Maracuja oder Stachelbeeren verantwortlich. Durch längere Maischestandzeit wird diese Note verstärkt, was auch für die Extraktion der Methoxypyrazine aus der Beerenschale gilt.

Mercaptane, auch Thiole genannt, sind schwefelhaltige Aromastoffe, die in den Beeren nicht nur frei und damit geruchswirksam vorliegen, sondern auch in gebundener Form. Sie werden durch Enzyme im Zuge der Gärung freigesetzt. Ein reduktiver Ausbaustil begünstigt die typischen Aromastoffe wie Paprika, Spargel, Maracuja, Stachelbeere oder Cassis. Ist hingegen ausreichend Sauerstoff vorhanden, oxidieren Thiole sehr leicht und ändern damit Bukett und Geschmack.

Darüber hinaus prägen Boden und Mikroklima Aroma und Charakter des Weines. Es macht einen signifikanten Unterschied, ob die Rebe in verwittertem Feuerstein wie etwa in Pouilly-Fumé wurzelt oder in kalkhaltigem Opok wie in Teilen der Südsteiermark oder auf Basalt wie im Vulkanland Steiermark oder auf Paragneis wie in der Wachau, um nur einige Bodentypen zu nennen. Und selbstverständlich verleiht die Schulung in (fast) neuen Holzgebinden zusätzliche Facetten wie etwa zarte Gewürznoten. Die können allerdings auch aus den Beeren kommen, aber das ist schon aus Platzgründen eine andere Geschichte.

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Reife Trauben kurz vor der Lese © Shutterstock
Der Wein mit grünem Paprika © Shutterstock
Feuerstein, auch Silex, gibt rauchiges Aroma in Sauvignon Blanc © Shutterstock
Für die grünen Noten in Sauvignon Blanc verantwortlich: Methoxypyrazine wie IBMP © Methoxypyrazine wie IBMP
Pouilly Fumé, Herkunft großer, rauchiger Sauvignons © Shutterstock